NICOLAE  CEAUŞESCU

"Genie der Karpaten"

"Auch das Genie ist ohnmächtig gegenüber der
Macht des Schicksals." {Giselher Wirsing}

(1918 - 1989)

[Nicolae Ceaucescu]

Tabellarischer Lebenslauf
zusammengestellt von
Nikolas Dikigoros

1918
23. (26.?) Januar: Nicolae Andrutza Ceauşescu wird als eines von zehn Kindern des Bauern Andrutza Ceauşescu in Scorniceşti (Walachei) geboren.

1924-28
Ceauşescu besucht die Volksschule.

1929
Ceauşescu beginnt eine Schusterlehre in Bukarest. Durch seinen Meister bekommt er Kontakt mit der Kommunistischen Partei Rumäniens.

1932
Ceauşescu wird Mitglied der KPR.

1933-38
Ceauşescu wird mehrmals wegen kommunistischer Aktivitäten festgenommen.


Im Gefängnis lernt er den Führer der KPR, Gheorghe Gheorghiu-Dej, kennen.

1939
Ceauşescu wird Funktionär der KPR.

1940
Ceauşescu wird erneut verhaftet.

1944
August: Nach der Besetzung Rumäniens durch die Rote Armee kommt Ceauşescu frei.

1945
Oktober: Ceauşescu wird Mitglied der ZK der KPR.

1946
Ceauşescu heiratet Elena Petrescu. Aus der Ehe gehen zwei Söhne und eine Tochter hervor.
November: Ceauşescu wird Abgeordneter der rumänischen Nationalversammlung.

1947
November: Kommunisten und Sozialisten werden zur "Rumänischen Arbeiterpartei" zwangsvereinigt.
Dezember: König Michael dankt ab; Rumänien wird "Volksrepublik".

1948
März: Ceauşescu wird stellvertretender Landwirtschaftsminister. Er führt eine "Bodenreform" nach sowjetischem Muster durch, die Rumänien in eine Hungersnot stürzt. [Bereits im März 1945 waren alle Deutschen, Ungarn und "Großgrundbesitzer", d.h. solche mit mehr als 50 ha Land, enteignet worden.]

1950
Januar: Ceauşescu wird General und stellvertretender Verteidigungsminister.

1952
Mai: Bei innerparteilichen Machtkämpfen hilft Ceauşescu bei der Beseitigung der stalinistischen "Moskauer Fraktion" um Anna Pauker.

1955
Dezember: Ceauşescu wird Mitglied des 11-köpfigen Politbüros.

1965
März: Nach dem Tode Ghiorghiu-Dejs wird Ceauşescu dessen Nachfolger als Erster Sekretär des ZK der Rumänischen Arbeiterpartei, die in "Kommunistische Partei Rumäniens" umbenannt wird.


1966
Ceauşescu legt ein umfangreiches Programm zur Vermehrung seiner Untertanen auf: Abtreibungsverbot für Frauen unter 42 mit weniger als 4 Kindern; Einführung von Mutterkreuzen und Steuererleichterungen ab 5 Kinder; Strafsteuern für Kinderlose. (Der Bevölkerungszuwachs hält sich gleichwohl in Grenzen; das Goldene Mutterkreuz - ab 10 Kinder - wird an Rumäninnen so gut wie nie vergeben; lediglich einige Zigeunerinnen erfüllen diese "Norm".)

1967
Dezember: Ceauşescu wird zusätzlich Staatsratsvorsitzender.

1968
Februar: Ceauşescu verweigert eine Verlängerung des nach 20 Jahren ausgelaufenen Freundschaftsvertrags zwischen der UdSSR und Rumänien.
August: Ceauşescu verweigert - wie der jugoslawische Diktator Tito und der albanische Diktator Hoxha - dem Ostblock rumänische Truppen zum Einmarsch in die CSSR zwecks Beendigung des "Prager Frühlings". Dies leitet den Bruch mit Moskau ein. Dafür nähert sich Rumänien - wie Albanien - außenpolitisch Maos Rotchina an, das ebenfalls mit der Sowjet-Union gebrochen hat.


1969
August: Ceauşescu empfängt den neuen (seit Januar) US-Präsidenten Richard Nixon zum Staatsbesuch in Bukarest und bereitet ihm einen gut inszenierten Empfang von hunderttausenden "Jubel-Persern", was ihm auf Jahre hinaus die Sympathien der US-Regierung sichert.*


1970
Juni: Ceauşescu erkennt - wiederum im Fahrwasser Titos - die Volksrepublik China an.
Juli: Ceauşescu schließt einen neuen 20-jährigen Freundschaftsvertrag mit der Sowjet-Union.

1971
Februar: Auf der Außenministerkonferenz der WP-Staaten in Bukarest kommt es erneut zu Streitigkeiten über den Führungsanspruch der Sowjet-Union.
Mai: Ceauşescu reist auf Staatsbesuch in die BRD. Die Regierung Brandt nimmt ihm zu Ehren die 1957 unterbrochene Tradition der Verleihung der "Sonderstufe des Großkreuzes des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland" (von dem großen Humoristen Rolf Kauka treffend als "Bonhalla-Kriech-Kreuz" bezeichnet) an ausländische Regierungschefs wieder auf.**


Juli: Ceauşescu schließt in Peking ein geheimes Bündnis mit Rotchina, das Rumänien umfangreiche finanzielle Hilfe leistet. Die Sowjet-Union betrachtet dies als Bruch des Freundschaftsvertrags, der damit praktisch hinfällig ist.
Nach rotchinesischem Vorbild leitet Ceauşescu eine "kleine Kulturrevolution" ein.
August: Nach einer Konferenz der KP-Führer in Jalta wird Rumänien - wie Jugoslawien - de facto als Feindstaat des Warschauer Pakts behandelt.
Dafür biedern sich immer mehr westliche Politiker bei Ceauşescu an.

1972
Ceauşescu beginnt ein umfangreiches "Sanierungs"-Programm: Alte Dörfer und Stadtteile werden komplett abgerissen und durch Neubauten ersetzt; die Bevölkerung wird umgesiedelt.
April: Ceauşescu empfängt seinen Freund Kwame Nkrumah, den exilierten Diktator von Ghana, zum Staatsbesuch in Bukarest, wo dieser unversehens stirbt.
Mai: Ceauşescu empfängt die Premierministerin Israels, Golda Meir, zum Staatsbesuch in Bukarest.

1973
Mai: Ceauşescu wird als besonders frommer Mensch von Papst Paulus VI zur persönlichen Audienz im Vatikan empfangen.


1974
März: Ceauşescu legt seine bisherigen Ämter zusammen und nennt sich fortan "Staatspräsident". Er baut einen Personenkult als "Conducator [Führer]" und "Geniul Carpatilor [Genie der Karpaten]" um sich auf.


1976
Die BRD nimmt volle diplomatische Beziehungen zu Rumänien auf.


1978
Januar: Ceauşescu empfängt seinen Genossen, den BRD-Kanzler Helmut Schmidt, zum Staatsbesuch in Bukarest.


Nachdem der stellvertretende Geheimdienschef Rumäniens Ion Pacepa in die USA übergelaufen ist und seine Memoiren unter dem Titel "Red Horizons [Rote Horizonte]" veröffentlicht hat, sinkt Ceauşescus Ansehen dort erheblich. In Europa wird er dagegen nach wie vor mit Ehrungen und Krediten überhäuft - ohne die letzteren könnte sich sein marodes Regime wirtschaftlich nicht mehr über Wasser halten.

1979
Dezember: Ceauşescu verurteilt - als einziger Staats- oder Regierungschef des "Ostblocks" - den Einmarsch sowjetischer Truppen in Afģānistān.


1982
Ceauşescu forciert den Export von Lebensmitteln und nimmt dafür eine Hungersnot in Rumänien in Kauf.
Ceauşescu beginnt mit dem Verkauf von Auswanderungswilligen gegen harte Devisen ("Kopfgeld"); vor allem in dem neuen BRD-Kanzler Kohl findet er einen dankbaren Abnehmer, der ihn vor dem Staatsbankrott rettet.***


1984
Ceauşescu läßt Rumänien als einziges osteuropäisches Land an den Olympischen Spielen von Los Angeles teilnehmen.

1988
Ceauşescu wird in der DDR der Karl-Marx-Orden verliehen.

1989
November: Angesichts der Auflösungserscheinungen im Ostblock flieht Ceauşescu nach Moskau, wo ihm jedoch politisches Asyl verweigert wird.
25. Dezember: Nach Aufständen in Siebenbürgen wird Ceauşescu von putschendem Militär in Târgovişte festgenommen, zum Tode verurteilt und mitsamt seiner Frau kurzerhand erschossen.
Er ist damit der einzige osteuropäische "Spitzen-Politiker", den die "Wende" das Leben kostet.

* * * * *

2005
Joachim Siegerist veröffentlicht "Ceausescu - Der Rote Vampir". Das Buch wird in der BRDDR weitgehend tot geschwiegen, da es die unrühmlichen Rollen der Brandt, Scheel, Genscher, Kohl pp. als Beihelfer zur Aufrechterhaltung des Ceauşescu-Regimes gebührend anprangert.


In Rumänien sehnen sich zu diesem Zeitpunkt bereits viele, vor allem ältere Menschen wieder nach ihrem "Führer" zurück - obwohl sie unter dessen Nachfolgern allesamt zu Millionären geworden sind. (Undank ist der Welt Lohn :-)


2006
Das rumänische Fernsehen veranstaltet eine Umfrage nach "den größten Rumänen aller Zeiten". Ceauşescu landet auf Platz 11 (hinter der Turnerin Nadia Comâneci und vor Dracula)****.

2007
Die EU nimmt Rumänien eingedenk der Verdienste Ceauşescus - andere Gründe sind nicht ersichtlich, insbesondere erfüllt Rumänien kein einziges der offiziellen Aufnahmekriterien - als Vollmitglied auf; die hauptsächlich mit deutschen Steuergeldern finanzierten Transferzahlungen aus Brüssel landen überwiegend in den Taschen korrupter"demokratischer" Politiker, gegen die Ceauşescu ein Waisenknabe war.


*Dikigoros glaubte früher, daß dieser Staatsbesuch im Zusammenhang mit der von Nixon geplanten politischen Öffnung nach Rot-China stand, weil dies die einzige logische Erklärung gewesen wäre. (Nixon besuchte auf seiner Sommerreise 1969 sonst kein einziges osteuropäisches Land.) Diese Annahme hält jedoch den Quellen nicht stand: Die USA hatten unter Eisenhower, Kennedy und Johnson informelle Kontakte mit der VRC über Polen gepflegt; Peking hatte diese "Warschauer Gespräche" im Mai 1968 abgebrochen; für die Anbahnung der neuen Geheim-Verhandlungen zwischen Tschu En-lai und Nixons "Sicherheitsberater" Kissinger, die im Juli 1969 aufgenommen wurden, bedienten sich die USA ausschließlich der Vermittlung Pakistans. Dikigoros hatte sich auch durch die Zeitgleichheit dieser Verhandlungen mit dem Abschluß des rumänisch-chinesischen Freundschafts-Vertrags von 1969 täuschen lassen, der wohl nur eine Koïnzidenz darstellt. Kissingers Memoiren legen den Verdacht nahe, daß sich Nixon bei seiner Politik gegenüber Rumänien allein von persönlichen Sympathien für Ceauşescu leiten ließ, dessen Zuvorkommenheit - die in eklatantem Gegensatz zu dem stand, was er in anderen, auch "verbündeten" Staaten erlebt hatte - seiner Eitelkeit geschmeichelt hatte. (Dafür spricht auch, daß Nixon bereits im März 1967, als er seine Rückkehr auf die politische Bühne vorbereitete, eine "private" Reise durch diverse europäische Länder unternommen hatte, wo er sich zumeist "wie der letzte Dreck" behandelt fühlte - einige Länder des Ostblocks verweigerten ihm gar ein Einreise-Visum; allein Ceauşescu empfing ihn "wie einen Freund".) Aus dem gleichen Grund - persönliche Eitelkeit und Empfänglichkeit für "große Bahnhöfe" - dürfte auch Jimmy Carter die rumänienfreundliche Politik fortgesetzt zu haben; dies, obwohl er sonst stets demonstrativ für die "Menschenrechte" eintrat, die der rumänische Diktator unzweifelhaft mit Füßen trat.

[Jimmy 'Peanuts' Carter kriecht dem rumänischen Diktator tief in den Arsch]

**Die SSdGKdBVK wurde 1953 geschaffen und bis 1957 vor allem an prunksüchtige Diktatoren aus Lateinamerika verliehen. Vor Ceauşescu erhielten es dann nur noch die Königinnen von England (1958) und den Niederlanden [nebst Prinzgemahl] (1969), nach ihm - außer "gekrönten Häuptern" - nur noch der "Jugoslawe" Tito (1974), der Ex-"Sowjetmensch" Gorbatschow (1999), eine Finnin (2001) und ein Negerhäuptling aus Madagaskar (2006). 2012 forderte die aus Rumänien stammende Literatur-Nobelpreisträgerin Herta Müller die Verantwortlichen des BRDDR-Regimes über das Boulevard-Blatt BILD öffentlich auf, Ceauşescu den Orden wieder zu entziehen - ohne Erfolg. (Die Entziehung hätte einen gefährlichen Präzedenzfall dargestellt, da die meisten Ordensträger kaum besser waren als der rumänische Diktator - was freilich für die Orden anderer Staaten gleichmaßen galt und gilt.)

***Ein rumänischer Anhänger Ceauşescus - der Wert auf die Feststellung legte, kein Cyniker zu sein - sagte Dikigoros einmal: "Was wollen Sie eigentlich? C. war doch damals der einzige ehrliche Politiker! Alle anderen Staaten in Ost- und Südeuropa haben Milliarden Schulden im Ausland gemacht - vor allem in Deutschland -, die sie später nie zurück gezahlt haben, um Konsumgüter zu importieren und ihren Völkern einen nicht vorhandenen Wohlstand vorzugaukeln. Dagegen hat C. Rumäniens Auslandsschulden korrekt beglichen, auch wenn das Volk dafür den Gürtel enger schnallen mußte. Und die Ausbildung von Ärzten u.a. Akademikern kostet nun mal Geld, im Westen doch auch. Wie käme also das arme Rumänien dazu, sie dem reichen Deutschland ohne Entschädigung zu finanzieren?

****Bei einer wenig später durchgeführten Abstimmung über die "schlechtesten Rumänen aller Zeiten" belegt Platz 1 Ion Iliescu, der "demokratische" Politiker, der Ceauşescu gestürzt hatte und sein Nachfolger wurde. Es unterliegt kaum einem Zweifel, daß Ceauşescu, hätte er überlebt, bei "demokratischen" Wahlen wieder an die Macht gekommen wäre, wie so viele "ehemalige" kommunistische Funktionäre in anderen osteuropäischen Ländern - aber auch in der BRDDR.


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