ENVER HOXHA

(1908 - 1985)

[Enver Hoxha]

Tabellarischer Lebenslauf
zusammengestellt von
Nikolas Dikigoros

1908
16. Oktober: Enver Hodja wird als Sohn eines Kaufmanns in Gjirokastar geboren, das damals zum Osmanischen Reich gehört.
November: Auf einem Kongreß in Monastir einigen sich die wenigen Schriftkundigen der Region auf die Einführung des lateinischen Alfabets und einer neuen, etwas skurrilen* Rechtschreibung. Hodja schreibt sich seitdem "Hoxha", sein Geburtsort "Gjirokastër".

1912
November: Nach den Balkankriegen nimmt der Räuberhauptmann Ismail Kemal den nordwestlichsten Teil des Osmanischen Reichs, der hauptsächlich von gegischen und toskischen Bergstämmen ("Shqipnitaren", seit Carl May auch "Skipetaren") besiedelt ist, unter dem Namen "Albanien" für sich in Anspruch.

1913
Juli: Auf der Londoner Konferenz wird "Albanien" von den Großmächten - gegen den Widerstand Serbiens, Montenegros, Bulgariens und Griechenlands - als unabhängiger Staat anerkannt.

1914-18
Im Ersten Weltkrieg wird "Albanien" von Truppen der Nachbarländer und Italiens abwechselnd besetzt.


Hoxha besucht die Volksschule in Gjirokastër.

1919
Auf der Pariser Friedenskonferenz wird die Unabhängigkeit "Albaniens" bestätigt; es wird auch Mitglied des "Völkerbundes".

1920-25
Nach Abzug der Besatzungstruppen kommt es zu Stammeskriegen zwischen Tosken, Gegen, Mirditen u.a., aus denen der Räuberhauptmann** Amet Zogu (1895-1961) als Sieger hervor geht, der 1925 die "Republik Albanien" ausruft und sich selber zum "Staatspräsidenten" erklärt.
Hoxha besucht die Mittelschule in Gjirokastër und das französische Lyzeum in Korçë.


1926
November: Albanien schließt einen "Freundschafts- und Hilfsvertrag" mit Italien und lebt fortan hauptsächlich von italienischer Entwicklungshilfe Wirtschaftshilfe.
Hoxha besucht die American Technical School in Tiranë.

1928
September: Zogu erklärt sich zum "König von Albanien".

1930
Hoxha erhält vom "Königshaus" ein Stipendium zum Studium in Frankreich. Er schreibt sich zunächst in Montpellier ein - wo er in Kontakt mit Angehörigen der Kommunistischen Partei Frankreichs tritt -, dann in Paris; er betreibt jedoch keine ernsthaften Studien.

1934
Hoxha geht nach Brüssel, angeblich um Rechtswissenschaften zu studieren. Tatsächlich arbeitet er im albanischen Konsulat.

1936
Hoxha - wegen seiner kommunistischen Aktivitäten vom Konsulat gekündigt - kehrt nach Albanien zurück und wird Französisch-Lehrer an seiner alten Schule in Korçë.

1939
Nach der erneuten Besetzung Albaniens durch italienische Truppen wird Hoxha mangels ordentlicher Qualifikation entlassen.
(Hoxha behauptet dagegen später, er sei entlassen worden, weil er sich geweigert habe, der fascistischen Partei beizutreten.)

1939-45
Zweiter Weltkrieg

1941
November: Hoxha wird Mitglied des Zentralkomitees der neu gegründeten "Kommunistischen Partei Albaniens".

1942
September: Hoxha stellt eine "Nationale Befreiungs-Armee" auf, die von den "jugo-slawischen" Partisanen Titos unterstützt wird.

1943
März: Die Kommunistische Partei wählt Hoxha zum Vorsitzenden ("1. Sekretär")
August: Die albanischen Nationalisten schließen sich mit Hoxhas Kommunisten zu einem "anti-fascistischen Komitee zur nationalen Befreiung" zusammen, um die Italiener zu vertreiben, aber auch um das Amselfeld (Kosovo) von den Serben und "Süd-Epiros" von den Griechen zu "befreien".
Nach dem Sturz Mussolinis und dem Überlaufen Italiens ins Lager der Alliierten besetzen deutsche Truppen Albanien.

1944
November: Nach dem Abzug der deutscher Truppen aus Albanien ergreift Hoxha die Macht.
Dezember: Bei Parlaments-"Wahlen" erhält die Kommunistische Partei - andere Parteien sind nicht zugelassen - 90% der Stimmen.

1945
Januar: Hoxha heiratet Nexhmije, geb. Xhuglini. (Aus der Ehe gehen zwei Söhne und eine Tochter hervor.)

1946
Januar: Hoxha ruft die "Volksrepublik Albanien" aus mit sich selber als Premierminister und seinem toskischen Heimatdialekt als Amtssprache "Shqip" (in Deutschland meist "Albanisch" genannt). Er enteignet den gesamten Grundbesitz und alle Wirtschaftsunternehmen.
Er schließt einen "Freundschafts- und Kooperationsvertrag" mit Jugo-Slawien, eine Zoll- und Währungs-Union.
Fortan lebt Albanien hauptsächlich von jugo-slawischer Entwicklungshilfe "gegenseitiger Wirtschaftshilfe".

1948
Nach Titos Bruch mit Stalin stellt sich Hoxha auf die Seite des letzteren.
Die Kommunistische Partei wird in "Arbeiterpartei" umbenannt - obwohl es in Albanien kaum Industrie-Arbeiter gibt.

1949
Albanien wird Mitglied des "Rats für Gegenseitige Wirtschaftshilfe" (RGW, COMECON) und lebt fortan hauptsächlich von sowjetischer Entwicklungshilfe Wirtschaftshilfe.

1950-52
Ex-König Zogu versucht, mit Hilfe der Westmächte nach Albanien zurück zu kehren. Die Invasionsversuche seiner Trüppchen werden jedoch von dem britischen Doppel-Agenten Kim Philby an die Sowjet-Union verraten, welche die Informationen an Hoxha weiter gibt, so daß er sie mühelos vernichten kann.

1954
Hoxha gibt das Amt des Ministerpräsidenten an Mehmet Shehu ab, bestimmt jedoch als "1. Parteisekretär" der KPA weiterhin die Richtlinien der Politik.

1955
Albanien wird Mitglied des Warschauer Pakts.

1956
Februar: Mit der geheimen - aber durch jugo-slawische Spione auch auf dem Balkan bekannt gemachten - Rede Chruschtschows auf dem XX. Parteitei der KPdSU beginnt die "Entstalinisierung". Daraufhin kühlt sich das Verhältnis zwischen Albanien und der Sowjet-Union spürbar ab.
April: Auf dem Parteitag der KPA regt sich Widerstand gegen Hoxha. Er läßt daraufhin seine partei-internen Kritiker liquidieren.
Oktober: Hoxha verurteilt die Niederschlagung des Aufstands in Ungarn durch sowjetische Truppen.
November: Hoxha reist nach Peking und handelt mit Mao Tse-tung eine Erhöhung der chinesischen Entwicklunghilfe aus.***

1957
Die erste "Universtität" Albaniens wird gegründet und nach Hoxha benannt. Hoxha erklärt den Analfabetismus für beseitigt.

1959
Ein Staatsbesuch Chruschtschows in Tiranë kann kaum über die verschlechterten Beziehungen zwischen Albanien und der Sowjet-Union hinweg täuschen.

1960
Chruschtschow spricht sich, um Sympathien in Griechenland zu gewinnen, für ein unabhängiges "Nord-Epirus" in Süd-Albanien aus. Zugleich kürzt er die Lebensmittelhilfe für Albanien, wo daraufhin eine Hungersnot ausbricht.****
Hoxha nimmt dies zum Anlaß, seine Partei von sowjet-freundlichen Mitgliedern zu "säubern".

1961
Nach dem Bruch zwischen der Sowjet-Union und der Volksrepublik China stellt sich Hoxha auf die Seite der letzteren.
November: Die Sowjet-Union und ihre COMECON-Satelliten beenden daraufhin die Wirtschaftshilfe für Albanien vollständig und brechen die diplomatischen Beziehungen ab. Hoxha geriert sich fortan als der einzig wahre Erbe des Marxismus-Leninismus(-Stalinismus :-).


1964
Hoxha empfängt Zhu En-lau zum Staatsbesuch in Tiranë und unterzeichnet ein chinesisch-albanisches Freundschafts-Abkommen. Fortan lebt Albanien fast ausschließlich von chinesischer Entwicklungshilfe Wirtschaftshilfe.*****


Nach rotchinesischem Vorbild werden die Einkommenssteuern und die Ränge in der Armee abgeschafft, kostenloser Schul- und Arztbesuch eingeführt (lediglich die - astronomisch teuren - Schulbücher und Medikamente müssen bezahlt werden :-), auf dem Papier auch die Gleichberechtigung der Frau (die aber in der Praxis nie erreicht wird) und eine groß angelegte Kampagne zur "vollständigen Elektrifizierung" Albaniens eingeleitet. (Ende der 1970er Jahre wird diese für "erfolgreich abgeschlossen" erklärt; auf dem Land gibt es aber noch zu Beginn des 21. Jahrhunderts keine ausreichend funktionierende Stromversorgung.******)

1967
Juli: Nachdem Hoxha eine Wahl ohne Gegenkandidaten gewonnen hat, erklärt er Albanien zum "ersten atheïstischen Staat der Welt". Er läßt alle Moscheen und Kirchen zerstören oder in Schweineställe umwandeln, die Bibel und den Koran sowie alle darin vorkommenden Namen verbieten. Religiöse Feiertage werden offiziell abgeschafft; während des Ramadans werden in den Schulen und Fabriken Speisungen mit Schweinefleisch durchgeführt, denen sich zu verweigern mit Gefängnis bestraft wird. (Dennoch bleiben vor allem die Muslime - ca. 75% der Bevölkerung - ihrem Glauben heimlich treu.)


Hoxha geht sogar so weit, den von Zogu eingeführten Staatskult um den mittelalterlichen Fürsten (!) Skanderbeg - nunmehr als "Vorkämpfer gegen den Islam" interpretiert - wieder zu beleben,


Die elefantösen Gedenkmünzen kamen selbstverständlich nie in den Umlauf, sondern wurden nur für den Verkauf an ausländische Sammler geprägt. (Vor der einseitigen Kündigung des Bretton-Wood-
Abkommen
s durch Richard Nixon anno 1971 waren Gold und Silber noch erschwinglich.) Dikigoros bildet sie nur ab, um seine Leser auf eine - sehr vernünftige - Rechtschreibreform hinzuweisen: "Beğ"
[türkisch für "Herr"] spricht sich ja nicht "beg", sondern "bej" oder "beu"; entsprechend wird "Herr Alexander" auf Albanisch nicht wie im Westen "Skanderbeg" geschrieben, sondern "Skënderbeu".

1968
Nach dem Einmarsch sowjetischer, polnischer und ungarischer Truppen in die ČSSR zwecks Beendigung des "Prager Frühlings" verläßt Albanien den Warschauer Pakt - dem es ohnehin seit November 1961 nur noch pro forma angehörte.

1976
Nach dem Tode Maos kühlt sich auch Hoxhas Verhältnis zu Rotchina ab.

1978
Rotchina beendet die Wirtschaftshilfe für Albanien. Hoxha versucht daraufhin, die Beziehungen zu den Nachbarländern "Jugo-Slawien" und Griechenland zu normalisieren und Kredite und Wirtschaftshilfe aus Westeuropa zu bekommen; außer bei der BRD hat er damit jedoch kaum Erfolg und muß deshalb notgedrungen auf "Autarkie" setzen, was zu immer größerer Mangelwirtschaft führt.

1979
Albanien ist der einzige Staat der Welt, der sich noch auf Stalin als Vorbild beruft und seinen 100. Geburtstag amtlich feiern läßt.


1981
Hoxha läßt Mehmet Shehu er"selbst"morden und dessen Anhänger liquidierenhinrichten.

1985
11. April: Enver Hoxha stirbt in Tiranë und wird auf dem Heldenfriedhof beerdigt. Bei seinem Tode ist Albanien das ärmste und rückständigste Land Europas - was es freilich auch schon vor seiner Machtergreifung war.
Seine Witwe übernimmt die Regierung und hält den Personenkult um ihren verstorbenen Mann aufrecht, u.a. durch die Errichtung eines riesigen, futuristisch angehauchten Mausoleums.


* * * * *


seit 1991
Nach dem Sturz des kommunistischen Regimes und dem Wahlsieg der "Demokratischen Partei" von Sali Berisha wird Hoxhas Leiche wieder ausgebuddelt und anderweitig vergraben.
Albanien schließt ein "Kooperations-Abkommen" mit der EU und lebt fortan hauptsächlich von deutscher Entwicklungshilfe Wirtschaftshilfe.
Nach und nach zerfällt das Land wieder in einander bekriegende Familienclans und Räuberbanden; Hungersnöte treiben hunderttausende Albaner zur Auswanderung nach Italien und Deutschland, wo sie Dank ihrer herausragenden Brutalität kriminellen Energie Tüchtigkeit bald die bedeutenden Wirtschaftszweige Prostitution, Drogen- und Waffenhandel unter ihre Kontrolle bringen. Gleichwohl werden sie von Politiverbrechern weisen Staatsmännern aus "humanitären" Gründen im Lande geduldet.
Außenpolitisch wird der TerrorFreiheitskampf der ins Kosovo (Amselfeld) eingewanderten Albaner gegen die "eingeborenen" Serben unterstützt, der - mit BeiHilfe der NATO - gewonnen wird und schließlich zur Ausrottung der Serben in ihrem einstigen Herzland führt.

2008
An Hoxhas 100. Geburtstag sind im ganzen KosovoKosova Straßen und Plätze nach ihm benannt; in den islamischen Moscheen wird inbrünstig für den alten Atheïsten gebetet. Seine Witwe - nach ihrem Sturz verhaftet, aber längst wieder auf freien Fuß gesetzt - unternimmt Propaganda-Tourneen in alle Welt und beklagt, daß es Albanien inzwischen noch schlechter geht als zu Lebzeiten ihres Mannes.


*Angeblich stand den Konferenzteilnehmern nur eine alte französische Schreibmaschine zur Verfügung, die als einzige Sonderzeichen das "ç" und das "ë" aufwies. Daher werden sowohl das "ä" als auch das "ö" als "ë" geschrieben.

**Dikigoros gebraucht diese Berufsbezeichnung ("Kapedan") nicht abwertend, sondern ganz neutral: A.Z. hatte im Ersten Weltkrieg türkischstämmige "albanische" Freischärler angeführt, die auf Seiten der Mittelmächte kämpften. Nach deren Niederlage blieb ihm und seinen Leuten gar nichts anderes übrig, als das edle Räuberhandwerk zu ergreifen.

***Der Anteil rotchinesischer Leistungen am Staatshaushalt Albaniens stieg von knapp 5% auf über 20%.

****Offiziell wurde als Grund für die Hungersnot eine "Mißernte infolge schlechten Wetters" angegeben. (Aber in Albanien war - und ist - jedes Jahr Mißernte, auch bei gutem Wetter :-)

*****Offiziell gewährten die Rotchinesen den Albanern unverzinsliche Kredite ohne Rückzahlungsverpflichtung, mit denen ca. 90% des albanischen Staatshaushalts finanziert wurde; allerdings mußte Albanien dafür seine gesamte Chrom- und Kupfererz-Förderung weit unter Weltmarktpreis an die Volksrepublik China abgeben; aus den Erlösen resultierten die restlichen 10% des Staatshaushalts.

******Inzwischen haben ausländische Stromkonzerne begonnen, die Versorgung auf- bzw. auszubauen.


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