Josip Broz 'Tito'

(1892 - 1980)

[Tito]

Tabellarischer Lebenslauf
zusammengestellt von
Nikolas Dikigoros

1892
7. (18.? 25.?) Mai: Franjo Josip [Franz-Josef] Broz* wird als siebtes Kind des kroatischen Kleinbauern Franjo Broz und dessen slowenischer Frau Marija (geb. Javersek oder Javorsek) in Kumrovec (damals Königreich Ungarn, jetzt Kroatien) geboren. Da seine Eltern Analfabeten und Alkoholiker sind, wächst er bei seinen Großeltern mütterlicherseits auf.
Nach einer anderen Version wird er als Sohn eines österreichisch-italienischen Juden namens Ambrossi (oder Weiss) in Medjumurje (nördlich Agram, jetzt Zagreb) geboren. Dafür sprechen u.a. die Memoiren des jüdischen Ösi-Kanzlers Bruno Kreisky, der berichtet, daß er mit seinem Herzensfreund Tito viele Nächte durchzecht und sich dabei mit ihm auf "Deutsch" - also wohl Jiddisch - unterhalten habe.

ab 1899 (oder 1900)
Broz besucht die Dorfschule (bis 1904 oder 1905), danach arbeitet er auf dem Bauernhof eines Onkels.

1907
Broz geht nach Sisak, wo er eine Mechanikerlehre beginnt.

1910
Broz tritt der Metallarbeiter-Gewerkschaft bei (was ihn automatisch zum Mitglied der Sozialistischen Partei macht).
In den folgenden Jahren zieht er rastlos durch Kroatien, Slowenien, Böhmen, Bayern, die Pfalz und das Ruhrgebiet, wo er jeweils nur für kurze Zeit arbeitet.
[Bis hierher beruht seine Biografie überwiegend auf eigenen Angaben, die kaum nachprüfbar sind. Tatsache ist, daß er schon damals fließend Deutsch spricht, was er weder in einer kroatisch-slowenischen Familie noch auf einer Dorfschule erlernt haben kann.]

1913
1. Januar: Broz wird in die Armee einberufen, absolviert die Unteroffiziersschule und zeichnet sich bei den Armee-Meisterschaften als Fechter und Scharfschütze aus. [Dies spricht gegen die These vom Sohn einfacher Bauern ohne Volksschulabschluß; für die These einer jüdischen Abstammung sprechen seine damaligen - unstreitigen - Beziehungen zu Jüdinnen "höherer" Kreise, wie Elizabeth Spuner und Theresa Stachner (und später Herta Haase).]

1914
Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs ist Broz Unteroffizier im 25. Heimwehr-Regiment in Agram.

1915
Januar: Broz wird als Feldwebel an die Karpatenfront versetzt.
März: Broz wird schwer verwundet und gerät in russische Kriegsgefangenschaft. Mit anderen Gefangenen muß er Zwangsarbeit an der Sibirischen Eisenbahn verrichten.

1917
Nach Ausbruch der Februar-Revolution entkommt Broz nach Petrograd (heute: Sankt Peterburg) und schließt sich der Roten Garde an.

1918
November: Nach Beendigung des Ersten Weltkriegs wird die Doppelmonarchie Österreich-Ungarn zerschlagen.
1. Dezember: Aus den Trümmern ihrer Balkan-Provinzen wird das süd-slawische [jugo-slavische] "Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen" gebildet, mit Aleksandar Karadjordjevic als König Aleksandar I. Von Anfang an dominieren die Serben, die "ihre" nationalen Minderheiten brutal unterdrücken und ausbeuten, vor allem die ihnen kulturell und wirtschaftlich überlegenen Kroaten und Slowenen; aber auch alle anderen slawischen "Brudervölker" haben im neuen Staat weit weniger Rechte als zu k.u.k. Zeiten.

1919
19. Juni (oder 7. September): Broz heiratet in Bogoljubojsko (bei Omsk) die Russin Pelagija ("Polka") Bjelousowa. (Die Ehe - aus der fünf Kinder hervorgehen, von denen jedoch nur ein Sohn überlebt - wird 1928 getrennt und 1936 geschieden.)


1920
September: Broz kehrt nach Agram zurück. Da die Sozialdemokratische Partei bereits im Juni in der neu gegründeten Kommunistischen Partei Jugoslawiens (KPJ) aufgegangen ist, wird Broz automatisch deren Mitglied.
November: Bei den Parlamentswahlen erringt die KPJ als drittstärkste Partei 59 Mandate. Broz wird Abgeordneter.
29. Dezember: Die KPJ wird per Verordnung des Innenministers verboten; sie geht in den Untergrund und ermordet den Innenminister.

1921
28. Juni (Veitstag): Mit einer - in Abwesenheit der Kommunisten und der Abgeordneten der kroatischen Bauernpartei verabschiedeten - Verfassungsänderung werden die Länder gleichgeschaltet.
Broz wird Heizungsmchaniker in einer Mühle in Veliko Trojstvo (bei Agram) und arbeitet dort friedlich vier Jahre lang vor sich hin. [Nach anderen Quellen lebt er 1923-25 unter dem Decknamen "Walter" in der UdSSR. Auch diese Jahre liegen weitgehend im Dunkel.]

1925
September: Broz beginnt eine neue Arbeit auf der Werft von Kraljevica (Kroatien).

1926
Juni: Broz wird Mitglied der neu gegründeten KPJ.
Oktober: Nachdem Broz als Gewerkschaftsagitator Streiks, Demonstrationen und Schlägereien angezettelt hat, wird er auf der Werft gekündigt.

1927
Broz kehrt nach Agram zurück und wird Bezirkssekretär der Metallarbeiter-Gewerkschaft.
Er ist von nun an ausschließlich als politischer Funktionär tätig.
Broz wird wegen Verbreitung kommunistischer Schriften zu einer Gefängnisstrafe von sieben Monaten verurteilt, aber gegen Kaution bis zur Berufungsverhandlung auf freien Fuß gesetzt, was er nutzt, um unterzutauchen.


1928
20. Juni: Stefan Radic, der Führer der Bauernpartei, wird während einer Parlamentssitzung in Belgrad von einem montenegrinischen Serben erschossen. Daraufhin verlassen die kroatischen Abgeordneten Belgrad und gründen sechs Wochen später ein eigenes Parlament in Agram.
4. August: Broz wird verhaftet.
6. November: Broz wird zu fünf Jahren (zzgl. sieben Monaten) Zuchthaus verurteilt.


1928-1934
Broz verbringt seine Haftzeit in den Gefängnissen von Lepoglava, Maribor und Ogulin.

1929
5. Januar: König Aleksandar löst das Parlament auf, suspendiert die Verfassung und macht sich selbst zum Diktator.
3. Oktober: Das Königreich wird umbenannt in "Jugoslawien" (auf serbisch) bzw. "Jugoslavien" (auf kroatisch) und zu einem Einheitsstaat ohne Rücksicht auf ethnische Grenzen gemacht. Die kroatische Bauernpartei geht als "Ustaša" in den Untergrund.

1934
12. März: Nach seiner Entlassung geht Broz in den Untergrund und wird in das Zentralkomitee (ZK) der Exil-KPJ in Wien aufgenommen. Mit der Berufung in das Politbüro nimmt er den Decknamen 'Tito' an.
9. Oktober: König Aleksandar wird bei einem Staatsbesuch in Frankreich von einem kroatischen Exilanten in Marseille erschossen. Sein Bruder Pavl wird Prinzregent für Aleksandars minderjährigen Sohn Petar.

1935
Tito nimmt am VII. Weltkongreß der Kommunistischen Internationale (Komintern) in Moskau teil und reist danach durch die Sowjetunion (bis Oktober 1936). Anders als anderen ausländischen KP-Funktionären kommen ihm angesichts des stalinistischen Terror-Regimes keine Bedenken.

1936
Tito wird zum Organisationssekretär der KPJ gewählt. Nachdem der Spanische Bürgerkrieg ausgebrochen ist, geht er nach Paris, wo er die Aufstellung der jugoslawischen Freiwilligen für die "Internationalen [roten] Brigaden" organisiert.

1937
Im Rahmen der nationalen Gliederparteien der KPJ bildet Tito eine provisorische Parteiführung für die KP Kroatiens.

1938
In Moskau wird Tito auf Betreiben Stalins Generalsekretär der KPJ.

1939
1.-5. Juni: Prinzregent Pavl und seine Frau Olga reisen zum Staatsbesuch nach Berlin.
26. August: Mit Ministerpräsident Cvetkovic kommt ein Mann guten Willens an die Macht, der föderative Reformen und Autonomie für Kroatien verspricht. In seiner Regierung sitzen fünf kroatische Minister.
Unterdessen reorganisiert Tito die Kommunistische Partei und baut in Agram das Zentrum der Parteiführung auf; er bekämpft potentielle Rivalen und Gegner innerhalb der KPJ mit stalinistischen Methoden.
3. September: Zwei Tage nach Beginn des Polenfeldzugs erklären Großbritannien und Frankreich dem Deutschen Reich den Krieg (nicht aber der Sowjetunion, als infolge des deutsch-sowjetischen Grenz- und Freundschaftsvertrags vom 23. August 1939 ["Ribbentrop-Molotow-Pakt", später "Hitler-Stalin-Pakt" genannt] auch die Rote Armee in Polen einrückt), der sich in den folgenden Jahren zum Zweiten Weltkrieg ausweitet.

1940
23. Oktober: Auf der Parteikonferenz der KPJ verteidigt Tito Stalins Bündnis mit "Nazi-Deutschland", die Annektierung Ostpolens, der drei baltischen Staaten und den Angriff auf Finnland als "Maßnahmen zur Verteidigung des Friedens". Er erklärt ferner, der Krieg zwischen den kapitalistischen Alliierten und den Achsenmächten gehe sie als Kommunisten nichts an.
November: Britische Truppen besetzen Kreta.
Dezember: Hitler erläßt Weisung, einen Krieg gegen Griechenland vorzubereiten für den Fall, daß britische Truppen auch das Festland besetzen; er rechnet mit einer wohlwollenden Neutralität Jugoslawiens (Gewährung von Durchmarschrechten).

1941
4. März: Britische Invasionstruppen unter General Wilson landen in Piräus und beginnen, Griechenland zu besetzen (bis 2. April 58.000 Mann).
5. März: Prinzregent Pavl besucht in Berchtesgaden Hitler, der ihm im Falle eines Krieges gegen Griechenland den Hafen Saloniki verspricht.
25. März: Jugoslawien tritt in Wien dem Dreimächtepakt (Deutschland-Italien-Japan) bei.
27. März: Auf britisches und amerikanisches Betreiben wird die Regierung Cvetkovic durch einen Staatsstreich des Generals Dušan Simovic gestürzt, der zwei Tage später Pavls Neffen Petar [II] als Marionetten-König einsetzt. Cvetkovic wird verhaftet, Prinzregent Pavl geht ins Exil. In den Straßen von Belgrad, Laibach [heute Ljubljana] und Split rufen aufgehetzte Demonstranten lautstark nach Krieg gegen die Achsenmächte ("bolje rat nego pakt [lieber Krieg als Bündnis]").
6.-29. April: Im rasch improvisierten Balkanfeldzug werden Jugoslawien (das bereits am 17. April kapituliert) und Griechenland von deutschen, italienischen und bulgarischen Truppen besetzt. [Später bezeichnen die Alliierten den deutschen Luftangriff auf den Militärflughafen von Belgrad am 6. April als "Terrorangriff auf die serbische Zivilbevölkerung", der ihre eigenen Luftkriegsverbrechen moralisch rechtfertigen soll.]
Juni: Nach Bruch des deutsch-sowjetischen Bündnisses und Beginn des Rußlandfeldzugs gründet Tito - der sich bis dahin als Anhänger Stalins brav zurück gehalten hatte - die "Nationale Befreiungs-Bewegung".
8. Juli: Mit der Auflösung des Zwangsstaates "Jugoslawien" erhalten die unterdrückte Völker ihre Unabhängigkeit zurück; Deutschland entläßt alle nicht-serbischen Kriegsgefangenen.
19. September: Bei einem Treffen mit dem Führer der königstreuen serbischen "Tschetniks", Oberst Draža Mihailović, versucht Tito vergeblich, die beiden Widerstandsgruppen unter seinem Oberbefehl zu vereinen. (Mihailović stört vor allem, daß Tito nicht akzentfrei Serbisch spricht.)
15. November: Die "jugoslawische" Exilregierung in London ernennt Mihailović zum Kriegsminister und Oberbefehlshaber ihrer Untergrundarmee in Serbien, die von England materiell unterstützt wird und ebenso gegen Titos Partisanen kämpft wie die aus Ustaša-Verbänden gebildeten regulären kroatischen Truppen der Regierung Pavelić und später die bosniakischen Waffen-SS-Verbände.

1942
Juni: Tito - der bei der Bevölkerung nach mehreren Terroranschlägen keine Sympathien mehr hat und um seinen Kopf (auf den 100.000 Reichsmark ausgesetzt sind) fürchten muß - flieht mit seiner neuen Lebensgefährtin, der "Österreicherin" Herta Haas (mit der er angeblich seit 1940 verheiratet ist) und anderen Partisanen ins westbosnische Gebirge.

1943
Juni: Tito wird bei einem Gefecht leicht verwundet.
September: Die Briten setzen eine Militärmission unter Churchills Sohn Randolph bei Tito ab.
November: Auf der zweiten Tagung des AVNOJ in Jajce wird Tito zum Präsidenten gewählt; er legt sich den Fantasie-Titel eines "Marschalls von Jugoslawien" zu; der Personenkult um ihn beginnt.

[Tito]

Dezember: Auf der Konferenz von Teheran beschließen die Alliierten, neben Mihailović ab sofort auch Tito zu unterstützen.


1944
Der jüdische Roman- und Drehbuchautor (Citizen Kane, Spartacus) Howard Fast veröffentlicht "Tito und sein Volk", um in den USA Propaganda für das angebliche Volk der "Jugoslawen" und seinen kommunistischen Führer zu machen.**
Mai: Deutsche Luftlandetruppen werden beim Hauptquartier der Partisanen in den bosnischen Bergen abgesetzt. Randolph Churchill wird gefaßt; Tito kann dagegen in einem britischen Flugzeug nach Italien fliehen.
Juni: Die Alliierten stellen die Unterstützung für Mihailović ein und zwingen auch die "jugoslawische" Exilregierung, die sie inzwischen von London nach Alexandria (Ägypten) abgeschoben haben, Tito anzuerkennen. Mihailović, der - zu spät - erkennt, daß die Alliierten sein Land nicht "befreien", sondern den Sowjets ausliefern wollen, stellt sich und seine Truppen den Deutschen zur Verfügung - ebenso wie die früheren Partisanenführer Nedić und Ljotić.
August: Tito fliegt nach Neapel zu einem Treffen mit Winston Churchill.
September: Tito fliegt nach Moskau zu einem Treffen mit Stalin.
20. Oktober: Belgrad wird von sowjetischen Truppen besetzt. In der Folge werde ca. 1 Million Volksdeutsche ermordet oder vertrieben; damit wird der "jugoslawischen" Wirtschaft das Rückgrat gebrochen.


1945
8. März: Tito stellt die "jugoslawische" Regierung wieder her. Er läßt die Königsschlösser in ganz Jugoslawien zu seinen Gunsten enteignen und zieht selber in Dedinje ein; die Insel Brioni macht er zu seiner hermetisch abgeschotteten Privatresidenz. Tito übernimmt auch die übrigen Güter und Funktionen des einstigen Königshaus (Eisenbahnen, Paraden usw.) und führt zusätzliche Privilegien für die Nomenklatura ein, vor allem Einkauf von Mangelgütern in speziellen Läden zu Niedrigstpreisen.
Hilfslieferungen der von der USA gegründeten UNO in Höhe von 420 Mio US-$ (nach heutigem Wert ca. 17 Mrd. Us-$) retten die "Jugoslawen" vor dem Verhungern. Da die USA jedoch darauf bestehen, die Hilfsmittel selber zu verteilen, kommt es bald zum Streit.
April: Tito fliegt nach Moskau, wo er einen sowjetisch-jugoslawischen Freundschaftsvertrag unterzeichnet.
29. September: Nachdem Tito "Wahlen" ohne echte Opposition gewonnen hat, wird die "Föderative Republik Jogoslawien" gegründet mit Tito als Ministerpräsident.

1946
Mai: 300.000 "Jugoslawen", die nach "Österreich" geflohen sind - überwiegend Frauen und Kinder sowie mehrere hundert katholische Priester und Nonnen - werden bei Bleiburg*** von den britischen Besatzern an die Partisanen-Banden Titos ausgeliefert, der sie allesamt ermorden läßt.
Mai: Tito erneuert den Gedenkstein für Gavrilo Princip, den "Helden von Sarajevo", der durch seine Ermordung des österreichischen Thronfolgers Franz-Ferdinand den 1. Weltkrieg auslöste und seither als Nationalheiliger "Jugo-Slawiens" gilt.
9./19. August: Titos Truppen schießen zwei unbewaffnete amerikanische Transportflugzeuge mit Hilfslieferungen ab, die daraufhin von den USA eingestellt werden. In Jugoslawien bricht eine Hungersnot aus, die Tito mit den gleichen Mitteln zu bekämpfen sucht wie 20 Jahre zuvor Stalin in der Ukraine: Zwangsablieferungen zu nominellen Preisen, Zwangskollektivierung ("Gesetz über das Genossenschaftswesen"), Liquidierung der Widerstand leistenden.
19. September: Alois Stepinac (1898-1960), der Erzbischof von Agram, der sich gegen die Kollektivierungen ausgesprochen hat, wird unter dem Vorwand verhaftet, ein "Nazi-Kollaborateur" zu sein. Ein Sondergericht verurteilt ihn zu 16 Jahren Zuchthaus.

1947
Wegen Streits mit den Westalliierten um Fiume sucht Tito verstärkt die Nähe zur Sowjetunion. Er beteiligt sich an der von Stalin angeregten Gründung des "Informationsbüros der Kommunistischen und Arbeiterparteien" (Informbüro) mit Sitz in Belgrad.
17. Juli: Der bereits im März 1946 durch Verrat gefangene Royalist Mihailović wird nach einem Schauprozeß als "Kriegsverbrecher" erschossen. (Sein Verteidiger Joksimović wird wegen "mangelnder Kooperation mit dem Gericht" ins Zuchthaus geworfen und dort ermordet.) Durch Titos rücksichtsloses Durchgreifen gegen alle Oppositionsgruppen bleibt "Jugoslawien" - vorläufig - ein Bürgerkrieg wie im benachbarten Griechenland (den Tito durch Hilfeleistungen für die Kommunisten massiv angeheizt hat) erspart.

1948
Tito gerät in Gegensatz zu Stalin, der die "Abweichungen" der KPJ kritisiert.
Juni: Jugoslawien wird aus dem Kominformbüro ausgeschlossen.
Juli: Auf dem Parteikongreß der KPJ wird Titos Abgrenzungskurs gegenüber Stalin einhellig unterstützt.

1950
Zur Behebung der Wirtschaftskrise erläßt Tito ein Gesetz zur Arbeiter-Selbstverwaltung, das einen "dritten Weg" zwischen Kapitalismus und sozialistischer Planwirtschaft darstellen soll. Damit will er sich auch ideologisch vom Stalinismus absetzen.
Zur Wiederannäherung an den Westen besucht Tito in London seinen alten Freund und Gönner, den britischen Ex-PremierChurchill.


1951
Tito schickt seinen Vertrauten Milovan Djilas nach London und New York, um Waffen und technische Ausrüstung zu erhalten; der Versuch scheitert, obwohl Tito jetzt auch in anti-kommunistischen US-Kreisen hoch gejubelt wird als "der Mann, der Stalin herausforderte".


1952
2.-7. November: Auf dem 6. Parteikongreß der KPJ in Agram (nunmehr Zagreb) wird diese in "Bund der Kommunisten" umbenannt. Tito kritisiert die Abkommen von Jalta und Potsdam, die Polen, Rumänien und die Tschecho-Slowakei zu "Kolonien" der Sowjetunion gemacht haben.

1953
Juni: Drei Monate nach dem Tode Stalins führt Tito in Jugoslawien selber stalinistische Strukturen ein: Ausschaltung der "negativen Einflüsse des Westens", "Wiederherstellung" (und Rückbenennung) der führenden Rolle der Kommunistischen Partei, Zementierung der "ideologischen Einheit".
Juli: Tito empfängt in Belgrad Eleonor, die Witwe seines alten Freundes und Verbündeten Franklin Delano Roosevelt. Er ist nunmehr der einzige aus der anti-deutschen Kriegs-Koalition, der noch an der Macht ist.


September: Tito droht Italien mit Krieg wegen Triest.
November: Nach gewonnenen Scheinwahlen ändert Tito erneut die Verfassung: Die "Arbeiter-Selbstverwaltung" erhält Verfassungsrang, und er selber wird Präsident der Republik und des "Bundesexekutivrats".

1954
Tito gründet zusammen mit dem ägyptischen "Rais [Führer]" Nasser und dem indischen Regierungschef Nehrū den Block der "Blockfreien" und propagiert die "friedliche Koexistenz" zwischen den Blöcken.


1955
Mit dem Besuch von Stalins Nachfolger Nikita Chruschtschow in Jugoslawien bessern sich die Beziehungen zur Sowjetunion.

1956
7.-9. Mai: Tito reist nach Paris, um an den Gedenkfeiern zum Sieg über die verhaßten Nazi-Deutschen (deren Repräsentanten man damals zu solchen Anlässen noch nicht einzuladen pflegte) teilzunehmen. Zur Belohnung erhält er ein halbes Dutzend Orden, u.a. das "Großkreuz der Ehren-Legion", den höchsten - von Kaiser Napoléon Bonaparte persönlich gestifteten - Orden der Republik Frankreich.


1957
Oktober: Nachdem Tito die "DDR" anerkannt hat, bricht die BRD gemäß der "Hallstein-Doktrin" die diplomatischen Beziehungen zu "Jugoslawien" ab.
(Daran verwundert nur, daß die BRD solche überhaupt unterhalten hatte, solange an der Spitze des Regimes ein blutrünstiger Massenmörder wie Tito stand, dessen Killer-Kommandos noch immer Jagd auf unliebsame Personen in Deutschland machtend.)

1959
April: Tito heiratet seine langjährige (seit 1952) Maitresse Jovanka, die durch ihre Geldgier und Korruptheit bald zur bestgehaßten Frau Jugoslawiens wird und dem Ansehen des Regimes im In- und Ausland erheblichen Schaden zufügt.

[Josip und Jovanka Broz]

1960
Dezember: Tito nimmt an einer Generalversammlung der Vereinten Nationen teil und trifft am Rande derselben den designierten US-Präsidenten John Fitzgerald Kennedy.

[Tito mit John F. Kennedy]

1961
In Belgrad findet die Konferenz der "blockfreien" Staaten statt. In den Jahren zuvor hat Tito durch zahlreiche Reisen vor allem in Entwicklungsländer versucht, die Idee der Blockfreiheit zu einem politischen Faktor zu machen. Letztlich schließen sich ihr jedoch nur zwielichtige sozialistische und kommunistische Regimes an, die nicht offiziell zum Warschauer Pakt gehören wollen, wie Indonesien, Kuba, Ägypten und - nach der Dekolonisierung - einige schwarzafrikanische Länder. Da all diese Staaten auch wirtschaftlich kaum Gewicht haben, bleibt ihr Ansehen gering.

[Tito mit Haile Selassie] [Tito in Sambia]

1963
Mit einer neuen Verfassung wird Tito zum Staatspräsidenten auf Lebenszeit bestellt. Der "dritte Weg" erweist sich als Sackgasse. Jugoslawien kann sich wirtschaftlich nur durch die Valuta-Überweisungen von Gastarbeitern aus dem westlichen Ausland (Serben: vorzugsweise Frankreich und Schweiz, Kroaten und Slowenen: vorzugsweise Österreich) über Wasser halten. Die innenpolitischen Spannungen zwischen den verschiedenen süd-slawischen Volksgruppen können nur mit Gewalt unterdrückt werden.

1965
Tito wird für seine Verbrechen an den Volksdeutschen in "Jugo-Slawien" der höchste Orden der RÖ, der seltene**** "Groß-Stern des Ehrenzeichens für Verdienste um die Republik Österreich" verliehen.


1966
In der BRD wird Herbert Frahm alias 'Willi Brandt' Außenminister, der die "Hallstein-Doktrin" über Bord wirft und wieder diplomatische Beziehungen zu "Jugoslavien" und anderen Schurkenstaaten aufnimmt.

1968
Nun schließt die BRD auch ein "Gastarbeiterabkommen" mit "Jugoslavien", obwohl ihre Wirtschaft seit Jahr und Tag in der Rezession steckt und zusätzliche Arbeitskräfte eigentlich gar nicht mehr benötigt. (Es gibt bereits eine steigende Zahl von Arbeitslosen.)
Die BRD hatte zuvor bereits "Gastarbeiterabkommen" mit Spanien, Griechenland, der Türkei, Marokko, Portugal und Tunesien geschlossen, zu einem Zeitpunkt, als ihre Wirtschaft noch expandierte und Arbeitskräftemangel herrschte. Das war für beide Seiten vorteilhaft: Die Heimatländer erhielten die Lohnsteuer (die BRD verzichtete auf eine Doppelbesteuerung) und zusätzlich meist noch freiwillige Überweisungen der Gastarbeiter von ihrem Nettoeinkommen an die Familien zuhause. Im Gegenzug verpflichteten sich die Heimatländer, ihre Staatsangehörigen nach Ablauf der Vertragslaufzeit wieder zurück zu nehmen. (Viele blieben trotzdem, aber das waren durchweg gut integrierte Fachkräfte, die Deutsch gelernt und z.T. Deutsche geheiratet hatten, keine kriminellen Nichtstuer, die von deutschen Steuergeldern schmarotzten und "Parallelgesellschaften" errichteten, wie die meisten "Migranten" in der heutigen BRDDR.)
Tito kritisiert die Niederschlagung des "Prager Frühlings" durch Truppen des Warschauer Pakts, was angesichts der Verhältnisse in Jugoslawien selbst von den Tschechen als pure Heuchelei empfunden wird.

1971
Tito wird in Indien der Nehru-Preis für Völkerverständigung verliehen.*****
Tito wird von US-Präsident Nixon zum Staatsbesuch in Washington empfangen.


Oktober: Tito nimmt an der 2.500-Jahrfeier des Kaiserreichs Iran in Persepolis teil.

1972
Oktober: Tito empfängt die englische Königin Elizabeth II zum Staatsbesuch in Belgrad. Die Queen ist very amused und verleiht ihm zur Belohnung den Bath-Orden.


1974
Juni: Tito reist zum Staatsbesuch in die provisorische Hauptstadt der BRD, Bonn. Die sozial-liberale Regierung - die nicht hinter der RÖ-Regierung zurück stehen will - verleiht ihm für seine besonderen Verbrechen an den Verdienste um die Deutschen die seltene****** "Sonderstufe des Großkreuzes des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland".


(Sie kommt damit der DDR-Regierung - die Tito erst im November den "Karl-Marx-Orden" verleiht - um fast ein halbes Jahr zuvor.)
Der Personenkult um Tito erreicht - etwa zur gleichen Zeit wie der um die kommunistischen Staatschefs in den Nachbarländern Rumänien und Albanien - seinen Höhpunkt: Per Verfassungsänderung wird Titos Rolle für die Entstehung und Entwicklung der Republik Jugoslawien in die Verfassung aufgenommen; er wird als Staatspräsident auf Lebenszeit bestätigt.


1977-79
In Belgrad wird mit elefantösem Aufwand die Fortsetzung ("Folgekonferenz") der so genannten "Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa [KSZE]" veranstaltet.
Entgegen den vollmundigen Behauptungen gewisser Politiker und Politologen ist das Resultat - wie schon bei der 1. KSZE in Helsinki und allen weiteren Folgekonferenzen - äußerst bescheiden.


entscheidend ist, was hinten 'rauskommt

Böse Zungen fassen die Ergebnisse - es wird über drei Töpfe "Körbe" verhandelt - wie folgt zusammen:
  1. Die Unversehrtheit der bestehenden Staatsgrenzen der Unterzeichnerstaaten geht über alles, insbesondere über das "Selbstbestimmungsrecht der Völker". (Darauf legen vor allem solche Völkerkerker Staaten Wert, in deren Grenzen unterdrückte Minderheiten leben, die gerne unabhängig wären, wie die Sowjet-Union, Jugoslavien, Großbritannien, Frankreich und das kürzlich "demokratisierte" Spanien.)
  2. Für andere Staaten gilt das nicht - dort darf nach herzenslust militärisch interveniert werden, um "Freiheit und Menschenrechte" zu fördern.
  3. Wenn einer der Unterzeichnerstaaten letzteres tun will, soll er zuvor die anderen Unterzeichnerstaaten informieren, damit man einander nicht in die Quere kommt.
(Dikigoros braucht das nicht weiter zu kommentieren, da sich eh niemand an jene Unverbindlichkeiten hält. Lediglich colorandi causa erwähnt er, daß, als die SU im Dezember 1979 Truppen an den Hindukusch schickt, um dort "Freiheit und Menschenrechte" zu fördern, ihr viele westliche Staaten "Verletzung der KSZE-Schlußakte" vorwerfen - schließlich liegt der Hindukusch, zumindest moralisch, in Europa :-)


1980
Januar: Tito muß sich ein Raucherbein amputieren lassen und bleibt danach im Krankenhaus.
4. Mai: Josip Broz 'Tito' wird in Ljubljana für tot erklärt.
8. Mai: Zur Beerdigungsfeier erscheint die crème de la crème des internationalen Politverbrechertums, u.a. Jimmy Carter, Saddam Hussein, Yāsir Arafāt und die frisch gebackene britische Premierministerin Margaret Thatcher, für die das ein besonderer Festtag ist, da man - wohl bewußt - den 35. Jahrestag der Kapitulation der deutschen Wehrmacht ausgesucht hat. Da darf natürlich auch der kettenrauchende Gutmensch und Bundeskanzler Helmut Schmidt nicht fehlen.


Tito hinterläßt ein politisch und wirtschaftlich zerrüttetes Land hinter einer friedlichen Fassade (und seiner Witwe ein Privatvermögen von mehreren Milliarden, wie sich das bei guten Sozialisten gehört).
Juni: Jovanka Broz wird enteignet und unter Hausarrest gestellt.

1983
Die vernichtende Tito-Biografie seines einstigen Kampfgenossen und späteren Regime-Kritikers Milovan Djilas erscheint.


seit 1991
Mit dem Auseinanderbrechen anderer künstlicher Staatenprodukte des Ersten und Zweiten Weltkriegs, allen voran der Sowjetunion, begehren auch die von den Serben unterdrückten Minderheiten Jugoslawiens auf: Slowenen, Kroaten, Bosniaken, Albaner und Makedonier erklären ihre Unabhängigkeit, um die ein Jahre langer blutiger Bürgerkrieg entbrennt. Zehn Jahre nach Titos Tod zahlen die südslawischen Völker den Preis für dreieinhalb Jahrzehnte Friedhofsruhe. Am Ende rücken ausländische Besatzungstruppen ein und verhindern, daß die Probleme ausgefochten und damit einer dauerhaften Lösung zugeführt werden - die wohl nur so aussehen könnte, daß die im Juli 1941 von den Deutschen gezogenen Grenzen wieder hergestellt werden.

1992
Stevan Pavlowitch veröffentlicht "Tito - eine Neubewertung".


Von einer echten Neubewertung Titos kann jedoch nicht die Rede sein. Vielmehr scheiden sich an ihm nach wie vor die Geister: Seine Anhänger pilgern alljährlich an seinem Geburtstag zu seinem Geburtshaus, um vor dem dortigen Denkmal Blumenkränze nieder zu legen; seine Gegner pilgern dagegen zur Wiederauferstehungskirche in Podgorica, die ein Fresko zeigt, auf dem er - zusammen mit Marx und Engels - in der Hölle schmort. (Dies ist heute der meist besuchte Wallfahrtsort Montenegros.)


2001
Roland Kaltenegger veröffentlicht "Titos Kriegsgefangene. Folterlager, Hungermärsche und Schauprozesse".


Das Buch reißt freilich kaum noch jemanden vom Hocker, angesichts des zwei Jahre zuvor begonnenen Angriffskriegs der NATO gegen Rest-Jugoslavien, des Völkermords an den Serben im "Kosovo" durch von den USA unterstützte Albaner und der Schauprozesse vor dem Tribunal von Den Haag, wo - wie einst in Nürnberg und Tōkyō - Verbrecher über ihre Opfer zu "Gericht" sitzen, wenn sie nicht schon vorher in Untersuchungshaft zu Tode gefoltert werden. (Bekanntestes Beispiel wird - freilich erst fünf Jahre später - der Serbe Slobodan Milošević.) Es gibt Bücher, die einfach zur falschen Zeit erscheinen.

2011
Die vernichtende Tito-Biografie von Jože Pirjevec erscheint. Nach fünfjährigen KämpfenVerhandlungen mit den Zensurbehörden der BRDDR darf


2016
auch eine deutsche Übersetzung veröffentlicht werden - freilich nur mit einem "schöneren" Titelbild.


*slawisches "z", d.h. auch im Auslaut gesprochen wie ein weiches deutsches "s".

**Howard Fast wird dafür nach dem Krieg von der Sowjet-Union mit dem Stalin-Preis ausgezeichnet, von den USA wegen "anti-amerikanischer Umtriebe" verurteilt.

***Während die Erinnerung an die 1945 von den britischen Besatzern an Stalin ausgelieferten "Lienzer Kosaken" von ukraïnischen Emigranten wach gehalten wird und auch in Mitteleuropa zumindest in Fußnoten noch erwähnt werden darf - wenngleich nicht mit der tatsächlichen Opferzahl 70.000, sondern "nur" mit knapp 32.000 -, wird das ungleich größere Massaker von Bleiburg von den staatlich besoldeten "Historikern" der BRDDR und der RÖ bis heute hartnäckig tot geschwiegen. Aus deutschen Lexika und Schul-Atlanten ist selbst der Ortsname getilgt. BRDDR-Historiker werfen Tito heute hauptsächlich vor, daß er nach seinem Bruch mit Moskau die braven "jugoslawischen" Stalinisten "verfolgt" habe, unter denen sich überdurchschnittlich viele Juden befanden.

****Der GSdEfVudRÖ ist bis heute nur an vier Personen verliehen worden, nämlich neben Tito an die englische Königin Elizabeth II, die niederländische Königin Beatrix und den französischen HanswurstPolitiker Jacques Chirac.

*****Der 1965 gestiftete "Jawaharlal Nehru Award for International Understanding" wurde Tito als 7. Preisträger verliehen - nach u.a. Martin Luther King, Mutter Teresa und Kenneth Kaunda.

******Die SSdGKdBVK wurde 1953 geschaffen und bis 1957 vor allem an prunksüchtige Diktatoren aus Lateinamerika verliehen, danach sporadisch an alternde Königinnen nebst Anhang. Drei Jahre vor und nach Tito wurde sie überhaupt nicht verliehen, danach nur noch an acht Personen, u.a. Mikhail Gorbatschow.


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