FRIEDRICH  EBERT

(4.2.1871-28.2.1925)

[Friedrich Ebert]

Tabellarischer Lebenslauf
zusammegestellt von
Nikolas Dikigoros

[Wappenadler]

1871
4. Februar: Friedrich Ebert wird als siebtes von neun Kindern des Schneidermeisters Karl Ebert und seiner Ehefrau Katharina (geb. Hinkel) in Heidelberg geboren.
(Die Behauptung, er sei das vierte von sechs Kindern, ist unzutreffend; drei seiner Geschwister verstarben allerdings im Kleinkindalter.)

1877-1885
Ebert besucht die Volksschule in Heidelberg.


1885-1888
Ebert macht eine Lehre als Sattelmacher.
(In einer Zeit, da noch nicht das Automobil, sondern das Pferd bevorzugtes Fortbewegungsmittel ist, ist dies ein hoch angesehenes Handwerk, das unter den Leder verarbeitenden Berufen an erster Stelle steht.)

1888
Ebert begibt sich auf "Gesellen-Wanderschaft", obwohl er nie die Gesellenprüfung abgelegt hat. (Es geht also nicht an, ihn als "vaterlandslosen Gesellen" zu bezeichnen :-)

1889
In Mannheim kommt Ebert mit der sozialistischen Bewegung in Kontakt. Er tritt in die SPD ein - die von August Bebel streng marxistisch geführt wird.
August: Ebert wird Schriftführer des Sattlerverbandes in Hannover.

1890
Da Ebert wegen seiner politischen Tätigkeit auf der "schwarzen Liste" der Polizei steht, wechselt er ständig seinen Wohnort.
In Kassel, Braunschweig, Elberfeld-Barmen (heute Wuppertal), Remscheid, Quakenbrück und Bremen gründet und leitet Ebert örtliche Zahlstellen des Sattlerverbandes.


1891
Mai: Ebert läßt sich in Bremen nieder. Er finanziert seinen Lebensunterhalt durch Gelegenheitsarbeiten.
Er wird Vorsitzender der Filiale des Sattlerverbandes und des Gewerkschaftskartells in Bremen (bis 1905).

1893
März: Ebert wird Lokalredakteur der "Bremer-Bürgerzeitung".

1894
März: Ebert pachtet das Lokal "Zur guten Hilfe" und macht es zu einem Zentrum gewerkschaftlicher und politischer Aktivitäten. Er wird Vorsitzender der Bremer SPD (bis 1895).
Mai: Ebert heiratet die Arbeiterin Louise Rump. (Aus der Ehe gehen fünf Kinder hervor.)


1900
Ebert wird in die Bremer Bürgerschaft gewählt und führt deren SPD-Fraktion; daneben übernimmt er die neu eingeführte Funktion eines "Arbeitersekretärs".

1904
Ebert leitet den in Bremen tagenden Reichsparteitag der SPD und wird dadurch einer breiteren Öffentlichkeit bekannt.

[Ebert (Mitte) 1904 auf dem Reichsparteitag der SPD in Bremen]

1905
Ebert geht als Parteisekretär des SPD-Vorstands nach Berlin.

1911
September: Ebert unterliegt auf dem Reichsparteitag der SPD in Jena bei der Wahl zum stellvertretenden Parteivorsitzenden ("Mitvorsitzenden") Hugo Haase.

1912
Ebert wird für den Wahlkreis Elberfeld-Barmen in den Reichstag gewählt, wo die SPD die stärkste Fraktion stellt.

1913
September: Nach Bebels Tod wird Ebert auf dem Reichsparteitag in Jena gemeinsam mit Haase zum neuen SPD-Vorsitzenden gewählt.

1914
Ebert wird im Urlaub von der "Juli-Krise" überrascht. Er flieht zusammen mit dem Parteikassierer Otto Braun nach Zürich, da er seine Verhaftung und ein Verbot der SPD befürchtet.
(Ebert hatte noch kurz vor Kriegsausbruch mehrere Hetzreden gehalten - aus denen Dikigoros an anderer Stelle zitiert -, die die Bereitschaft der Arbeiter, für den Staat der "preußischen Junker" in den Krieg zu ziehen, hätten unterminieren können, und daher ein schlechtes Gewissen. Das Verhalten der SPD-Abgeordneten im Reichstag - vor allem die einstimmige Bewilligung der Kriegskredite - und der Arbeiter - die durchweg begeistert zu den Waffen eilten - zeigte jedoch, daß er damit keinen Erfolg gehabt hatte.)


6. August: Nachdem Kaiser Wilhelm II zu Beginn des Ersten Weltkriegs erklärt hat, daß er keine Parteien mehr kenne, sondern nur Deutsche, und daß selbstverständlich kein Sozialist verhaftet werde, kehrt Ebert nach Berlin zurück und übernimmt wieder gemeinsam mit Haase die Parteiführung. Er wird nicht eingezogen.*

1916
11. Januar: Nach dem Rücktritt Haases wird Ebert neben Philipp Scheidemann Vorsitzender der SPD-Reichstagsfraktion. Aufgrund seines Vorsitzes in Parteivorstand, Parteiausschuß und Reichstagsfraktion gewinnt er maßgeblichen Einfluß in der SPD.

1917
April: Wegen der Differenzen in der Frage weiterer Kriegskredite kommt es zur Abspaltung der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (USPD) und des linksradikalen Spartakusbundes.

1918
Januar: Bei Ausbruch der Berliner Januarstreiks tritt Ebert der Streikleitung bei, bemüht sich aber um eine schnelle Beilegung des Arbeitskampfes. Er wird dafür von links als "Arbeiterverräter" und von rechts als "Landesverräter" beschimpft.
Oktober: Mit den verfassungsändernden Gesetzen ist ein Hauptziel der SPD, die Parlamentarisierung im Reich, erreicht. Ebert spricht sich für den Erhalt der Monarchie aus.
9. November: Prinz Max von Baden verkündet die Abdankung des Kaisers und ruft Ebert ohne Gesetzesgrundlage zum Reichskanzler aus.
10. November: Ein selbst ernannter Rat der Volksbeauftragten aus Führern der SPD und der USPD tritt zusammen, dessen Vorsitz sowohl Ebert (SPD) als auch Haase (inzwischen USPD) für sich beanspruchen.


Nach außen werden die inneren Differenzen vertuscht und dem Wahlvolk eine "Einigung" vorgetäuscht.

[Die so genannten 'Volksbeauftragten', die nie vom Volk beauftragt wurden - v.l.n.r.: Landsberg, Scheidemann, Noske, Ebert, Wissel]

Eberts Bündnis mit der Obersten Heeresleitung (OHL) unter General Wilhelm Groener soll die Revolution eindämmen.
28. November: Nachdem Wilhelm II - der bereits zwei Wochen zuvor in die Niederlande geflohen war - offiziell abgedankt hat, hat Deutschland kein Staatsoberhaupt mehr.


1919
19. Januar: Eine "verfassunggebende Nationalversammlung" wird gewählt.
06. Februar: Die Nationalversammlung flieht vor den Unruhen in Berlin nach Weimar, wo sie im ehemaligen Hoftheater tagt.


(Die feige Flucht und das anhaltend dumme Gewäsch der Abgeordneten tragen ihr den Namen "Kasperle-Theater" ein, der - neben der vor allem von der NS-Propaganda gebrauchten Bezeichnung "Quasselbude" - auch ihren Nachfolge-Parlamenten anhaften bleibt :-)**

['Weimarer Waschweiber' - Spottmedaille von Kurt Goetz auf die Nationalversammlung]

10. Februar: Die Nationalversammlung verabschiedet das "Gesetz über die vorläufige Reichsgewalt", das die "Reichsgewaltigen" u.a. ermächtigt, politische Gegner ohne ordentliches Gerichtsverfahren in "Schutzhaft" zu nehmen.
(Anders als später im "Dritten Reich", wo "Schutzhäftlinge" in der Regel wie Untersuchungsgefangene behandelt wurden, war die "Schutzhaft" in der Weimarer Zeit eine verschärfte Form des Zuchthauses.)
11. Februar: Die Nationalversammlung ernennt Ebert zum "vorläufigen Reichspräsidenten".

[Die Fratze der jungen Republik]

Ebert läßt den "Spartacus"-Aufstand kommunistischer Arbeiter-Bataillone durch Reichswehrminister Gustav Noske nieder schlagen; die Wut der Kommunisten richtet sich danach merkwürdiger Weise nicht gegen ihn, sondern gegen Noske, der sich selber einmal als "Bluthund" bezeichnet hatte und dementsprechend als solcher beschimpft wird.***

[Karikatur aus 'Simplicissimus': Regierungsbildung unter Ebert]

21. August: Ebert wird - unter Verstoß gegen die Verfassung, die eine Wahl durch das Volk vorsieht**** - als Reichspräsident vereidigt; die Regierungsbildung gestaltet sich etwas schwierig, zumal auch diese unter Verstoß gegen die Verfassung erfolgen muß. (Die Mitglieder der Nationalversammlung, die eigentlich nur die Verfassung ausarbeiten sollte, weigern sich, Wahlen zum Reichstag auszuschreiben - wohl wissend, daß die meisten von ihnen dabei chancenlos wären - und maßen sich das Recht an, als Ersatz-Reichstag zu fungieren.)


Bildunterschrift: "Vorwärts, Genossen, laßt uns die Interessen
unserer Wähler vertreten, solange sie noch im Felde steh'n!
Wenn sie erst wieder daheim sind, werden sie sich's vielleicht
nicht mehr gefallen lassen." (Karikatur von Th. Heine)

Bildunterschrift: "Schwarz die Zukunft -
Rot die Gegenwart - Golden die Vergan-
genheit". Der deutsche Michel schaut dem
Treiben der Politiker verständnislos zu.

1920
März: Vor dem durch seine Weigerung, verfassungsmäßige Wahlen zum Reichstag und zum Reichspräsidenten abzuhalten, provozierten "Kapp-Putsch" flieht Ebert mit seinem Flaschen-Kabinett aus Berlin erst nach Dresden, dann nach Stuttgart und ruft von dort aus zum Generalstreik auf. Kommunistische Gruppierungen nehmen dies zum Anlaß für erneute Aufstände, u.a. im Ruhrgebiet.
April: Ebert läßt die kommunistischen Aufstände durch den neuen Reichswehrminister Otto Geßler ebenso blutig nieder schlagen wie die im Vorjahr durch dessen Amtsvorgänger. (Sowohl Noske als auch Geßler waren Drückebergerungedient - sie hatten sich durch willfährige Ärzte "krank" schreiben lassen - und gingen mit der für Schreibtischtäter typischen Rücksichtslosigkeit vor.)


Juni: Die Reichstagswahl geht Ebert am Arsch vorbei läßt Ebert unbekümmert - eine ihn stützende Mehrheit bleibt bestehen.


1922
24. Oktober: Der Reichstag verlängert Eberts Amtszeit unter erneutem Verstoß gegen die Verfassung bis 1925.


1923
Dem politischen und wirtschaftlichen Niedergang Deutschlands (Hyperinflation, Streiks und Putschversuche von links und rechts) steht Ebert völlig hilflos gegenüber, obwohl die Weimarer Verfassung dem Präsidenten theoretisch eine starke Stellung einräumt. Ebert versagt im Amt auf der ganzen Linie und gibt statt dessen den Prozeßhansel in eigener Sache, "um das Ansehen des Reichspräsidenten zu wahren". Er führt insgesamt über 150 Verfahren, darunter so alberne wie das um seine Ablichtung in Badehose mit nacktem Oberkörper - was damals in "besseren" Kreisen auch bei Männern als unzüchtig gilt - im Ostseebad Haffkrug.

[Das nennt man galoppierende Inflation!] [Das Originalbild]

Das Bild ziert zuerst - in einem Ausschnitt, der lediglich Ebert und Noske "oben ohne" zeigt und dadurch den Anschein erweckt, allein diese beiden hätten sich derart "unmoralisch" verhalten - die Titelseite der im jüdischen Ullstein-Verlag erscheinenden "Berliner Illustrirte Zeitung" vom 24.8.1919 - drei Tage nach seiner Vereidigung als Reichspräsident - und wird seitdem immer wieder verwendet. Ebert macht sich dadurch zunehmend selber lächerlich und fordert seine Gegner zu unvorteilhaften Vergleichen mit Friedrich dem Großen, Kaiser Wilhelm und Generalfeldmarschall v. Hindenburg heraus.*****

[Ebert mit Noske in der Ostsee, Titelbild der 'Berliner Illustrirte Zeitung' vom 24.8.1919] [Friedrich der Grobe] [einst und jetzt - v.o.n.u.: Wilhelm II, Noske und Ebert, Hindenburg]
Der Volksmund reimt - auf die Melodie der Kaiserhymne "Heil Dir im Siegerkranz":
"Heil dir am Badestrand, Herrscher im Vaterland, Heil Ebert, dir!
Du hast die Badebüx, sonst hast du weiter nix als deines Leibes Zier, Heil Ebert, dir!"

1924
Um jenem verheerenden Eindruck entgegen zu wirken, läßt sich Ebert von dem Zeichner Emil Stuempper und dem "impressionistischen" Kleckser Schmierfinken Anstreicher Maler Lovis Corinth portraitieren.

[Ebert-Zeichnung des Stümpers Emil Stumpp] [Ebert-Gemälde von Lovis Corinth] [Ebert-Gemälde von Hans Baluschek]

(Ob der damit erzielte Eindruck günstiger war, darf indes bezweifelt werden. Viel origineller findet Dikigoros ein Gemälde von Hans Baluschek, das freilich erst einige Jahre nach Eberts Tod entstand, auf dem er beinahe aussieht, als trüge er eine Hitler-Maske vor dem Gesicht. Baluschek wurde dafür im "Dritten Reich" als "entarteter Künstler" geächtet - ein Vorwurf, der objektiv betrachtet haltlos sein dürfte.)
Dezember: Nachdem Ebert einen Journalisten angezeigt hat, der ihm seine Beteiligung am Berliner Januarstreik von 1918 als "Landesverrat" ausgelegt hat, wird der letztere lediglich wegen Beleidigung verurteilt, nicht aber auch wegen Verleumdung, weil das Amtsgericht Magdeburg den Tatbestand einer Beteiligung Eberts am Januarstreik als erfüllt ansieht.****** Ebert nimmt sich das sehr zu Herzen und spielt mit dem Gedanken an Rücktritt, zumal auch noch seine Beteiligung am "Barmat-Skandal" heraus zu kommen droht - der bereits seinem Parteigenossen, Reichskanzler a.D. Gustav Bauer politisch das Genick gebrochen hat. Sein Freund, der Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer - der Korruption für das gute Recht eines jeden Politikers hält - bringt ihn jedoch von dieser Idee wieder ab.

[Ebert mit Adenauer 1924]

1925
28. Februar: Friedrich Ebert stirbt an einer verschleppten Blinddarm-Entzündung in Berlin.
Er erhält ein Staatsbegräbnis mit militärischen Ehren in seiner Geburtsstadt Heidelberg.


April: Das erleichtertetrauernde Volk - von dem Ebert nie zum Präsidenten gewählt worden war - wählt Hindenburg zu seinem Nachfolger.
(Irgendwie sehen die beiden einander gar nicht so unähnlich. Daher fällt es den neuen Machthabern nach dem Krieg auch nicht schwer, nach und nach alle Denkmäler auf Hindenburg abzureißen und durch durch solche auf Ebert zu ersetzen, ebenso alle Straßen, Plätze, Schulen u.ä., die nach Hindenburg benannt waren, auf Ebert umzutaufen.)


* * * * *

1942
Reichskanzler Adolf Hitler rehabilitiert Ebert ausdrücklich vom Vorwurf des Landesverrats, indem er seine Vorgehensweise beim Streik der Munitionsarbeiter im Januar 1918 für richtig erklärt.
(Die Zeitung Das Schwarze Korps - offizielles "Organ des Reichsführers SS", Heinrich Himmler, schreibt seitdem nicht mehr von der "Ebertschen Republik der Novemberverbrecher", sondern von der "Ebertschen Kegelbrüderrepublik" :-)

1975
Eberts 50. Todestag wird in der BRD regierungsamtlich gefeiert. Während er seinen Zeitgenossen als "Inflations-Präsident" galt, wird er nunmehr mit der - noch - stabilen D-Mark in Verbindung gebracht.

[5 Milliarden Inflationsmark und Griesgram Ebert] [Bildvorlage für 5 DM Ebert 1975] [Gedenkmünze zu 5 DM auf Eberts 50. Todestag]
Friedrich Eberts Bild im Wandel der Zeiten: von 5 Milliarden Inflationsmark in der Realität zu 5 D-Mark in der amtlichen BRD-Geschichtsschreibung*******

1999
Februar: In Heidelberg wird die Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte als Stiftung des öffentlichen Rechts gegründet.



Der Versuch, einen Personenkult um Ebert als "braven [Sozial-]Demokraten" aufzubauen, schlägt jedoch fehl: Für die Rechte bleibt er ein Verräter des Kaiserreichs, für die Linke ein Verräter der Revolution vom November 1918, und die Mitte läßt er indifferent.


*Eberts Söhne werden eingezogen. Zwei von ihnen fallen; der älteste - Friedrich jun. - überlebt, wird ebenfalls SPD-Politiker und später SED-Bonze (1948 Oberbürgermeister von [Ost-]Berlin, 1971 Franktionsvorsitzender und stellvertretender Staatsratsvorsitzender der DDR (die das küchen-lateinische Fremdwort "Präsident" durch die deutsche Entsprechung "Vorsitzender" ersetzte). Wiewohl Walter Ulbricht auch nach seiner Entmachtung 1971 pro forma Staatsratsvorsitzender blieb, wußte doch jeder, daß er nichts mehr zu sagen hatte. Friedrich Ebert jun. hatte also de facto in der "Deutschen Demokratischen Republik" zuletzt das selbe Amt inne wie sein Vater in der "Weimarer Kegelbrüder-Republik".


auch in Zeiten, da andere Menschen Hunger und Not leiden, immer fett und vollgefressen wohl genährt: Genosse Friedrich Ebert jun.

**Knapp 100 Jahre später prägt die Berliner Schnauzeder Berliner Volksmund eine neue, noch weniger schmeichelhafte Bezeichnung für den Reichstag: "Packstation" (nach dem Verbrecher-Pack Politiker-Pack, das sich dort eingenistet versammelt hat).

[Verunglimpfung von Sarah Sauer - vormals IM Erika - als Mutter Terroresia] [Detailansicht] [Berliner haben die Schnauze voll vom Lügenpack]

***Die Weimarer Verfassung war nicht so schlecht, wie man sie im Nachhinein hingestellt hat. Im Gegenteil: Auf dem Papier war sie - verglichen mit anderen Verfassungen jener Zeit, aber auch davor und danach - geradezu Gold. In der Praxis war sie allerdings eher Mostricht, und zwar von Anfang an: Eberts ungewähltes Verbleiben im Amt des Reichspräsidenten stellte den ersten eklatanten Verfassungsbruch dar. Später - nicht erst unter den Nazis - wurde sie weiter ausgehöhlt durch diverse Verordnungen und mehr oder weniger unausgegorene Gesetze. [Formell blieb sie allerdings bis 1945 bestehen, als die alliierten Besatzer Befreier sie abschafften und so die Deutschen vollkommen rechtlos machten.]
Allerdings wurde sie nicht annähernd so ausgehöhlt wie das Bonner Grundgesetz von 1949, das im neuen Jahrtausend von der Politverbrecherin Sarah Sauer unter dem Vorwand einer weltweiten Grippe-Pandemie außer Kraft gesetzt wurde zwecks Errichtung eines Terror-Regimes, wie es die Welt noch nicht gesehen hatte.

****Noske übernahm sein Amt mit den Worten: "Meinetwegen, einer muß ja der Bluthund werden" - also im Sinne von "einer muß ja den Schwarzen Peter bekommen"; 1920 wurde er unter dem Vorwurf, dem "Kapp-Putsch" nicht energisch genug entgegen getreten zu sein, abgesägt abberufen und als RP nach Hannover abgeschoben weggelobt versetzt. Nach der national-sozialistischen Machtergreifung 1933 vorzeitig pensioniert, bewahrte ihn Hermann Göring bis 1944 vor dem Gefängnis. Er starb im Hungerwinter 1946 an Entkräftung; sein lesenswertes Buch "Aufstieg und Niedergang der deutschen Sozialdemokratie" erschien posthum.

*****Die Nachwirkungen dieser an sich läppischen Affäre halten bis heute an. In Deutschland hat sich seitdem kein "Spitzen-"Politiker mehr "oben ohne" ablichten lassen. In anderen Ländern hat dieses Tabu nie gegolten; gerade "starke Männer" der Politik - von Mussolini über Mao bis Putin - haben ihre fysische Fitness stets gerne zur Schau gestellt, um sich von den in ihren Augen körperlich und geistig minderwertigen "demokratischen" Politikern vorteilhaft abzuheben.

Den Rekord von über 150 Verfahren bricht erst im neuen Jahrtausend das Staatsoberhaupt der Türkei, Sultan Erdoğan - dies allerdings deutlich: Er initiiert mehr als 2.000 Verfahren wegen angeblicher Beleidigung - auch in der BRDDR, wo ihm einflußreiche Kompliz[inn]en bereitwillig Beihilfe leisten Unterstützung gewähren.

[Prozesshansel Sultan Erdogan mit seiner Komplizin Sarah Sauer]

******Ebert war nicht der einzige Politiker seiner Zeit, der mit dem Versuch, seine Kritiker vor Gericht mundtot zu machen, an der damals noch gewährleisteten Unabhängigkeit der Justiz scheiterte. 1920 hatte der fette Stinkstiefel Reichsfinanzminister und Vize-Kanzler Matthias Erzberger seinen Vorgänger Karl Helfferich vor Gericht gezerrt, nachdem dieser ihm Korruption vorgeworfen und seine Absetzung verlangt hatte. Helfferich konnte jedoch die meisten seiner Vorwürfe beweisen, so daß Erzberger schließlich nicht nur von allen seinen politischen Ämtern zurück treten mußte, sondern im Volk so verhaßt wurde, daß er im folgenden Jahr auf einem Waldspaziergang erschossen wurde. (Die beiden Attentäter wurden später von Eberts Nachfolger Hindenburg amnestiert und erst nach 1945 von der - dann nicht mehr unabhängigen - Justiz widerrechtlich eingekerkert.) Man kann den Stellenwert dieser damaligen Unabhängigkeit der deutschen Justiz erst richtig ermessen, wenn man sie mit der anderer Staaten jener Zeit vergleicht, z.B. in England, der "Wiege des Rechtsstaats". So zerrte König Georg V - ein ebensolcher Hurenbock wie sein Vater Edward VII und ebenso dünnhäutig wie Ebert - einen Journalisten vor Gericht, der publik gemacht hatte, daß er in morganatischer Ehe mit einer Offizierstochter verheiratet war, bevor er die Prinzessin von Teck geheiratet hatte, und somit mangels Scheidung in Bigamie lebte. Die Anklage vertraten die beiden obersten Kronanwälte persönlich - der Jude Isaacs und der Jude Simon (die selben, die wenig später die Verurteilung des offenbar unschuldigen Frederick Henry Seddon zum Tode erwirkten und noch etwas später den Freispruch des unzweifelhaften Mörders Douglas Malcolm) -, assistiert von zwei weiteren Anwälten auf Steuerzahlerkosten. Der Angeklagte hatte dagegen keinen Verteidiger gefunden (obwohl er theoretisch ein Recht darauf gehabt hätte - aber auf die Anwälte war entsprechender Druck ausgeübt worden, ihn nicht zu vertreten). Alle seine Beweisanträge wurden abgewiesen - insbesondere der auf Vernehmung des Königs und seiner ersten Frau. [Im Falle des Königs hätte man argumentieren können, daß er als Monarch das Recht genoß, nicht vor Gericht aufzutreten; auf die Offizierstochter konnte dieses Privileg jedoch nur ausgedehnt werden, wenn sie tatsächlich mit dem Monarchen verheiratet war - womit die Unschuld des Angeklagten aber festgestanden hätte.] Die Ankläger durfte dagegen beliebig viele Zeuge auffahren, die lediglich negatives Hörensagen bekundeten, d.h. daß sie nichts von jener Eheschließung wüßten - was sowohl nach damaligem als auch nach heutigem Prozeßrecht keine brauchbare Aussage ist. Die Jury wurde vom Vorsitzenden angewiesen, einen Schuldspruch zu fällen; sie durfte sich nicht einmal pro forma zur Beratung zurück ziehen und mußte diesen Schuldspruch sofort offen und einstimmig fällen. So etwas wäre in Deutschland vor 1945 nicht möglich gewesen!

*******Die Vorlage für die Münze stammt aus dem Ebert-Nachruf vom 7.3.1925 in der "Illustrierten Reichsbanner Zeitung", dem offiziellen Nachrichtenorgan des Bundesvorstands des "Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold", der Schlägertruppe der SPD, die Hitler als Vorbild für die SA und SS diente.


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