*Offizielle Begründung ist, daß Heydrich eine angebliche - "geheime" - Verlobung mit der Tochter eines mit Raeder befreundeten Waffenschiebers nicht eingelöst und sich statt dessen offiziell mit Lina v. Osten verlobt hat. Der wahre Grund ist jedoch, daß Heydrichs jüdische Abstammung bekannt geworden ist, weshalb er als Offizier der Reichsmarine nicht länger tragbar scheint. (Heydrich - der seine jüdische Abstammung vehement bestreitet und sich selber als 150%iger Anti-Semit geriert - tritt noch im selben Jahr Himmlers SS bei und macht dort - wie viele andere getaufte Juden auch - schnell Karriere.) Dies widerlegt zugleich die Behauptung von Raeders Apologeten, er sei "kein Antisemit" gewesen. Geradezu lächerlich die Einlassung von Raeders Nach-Nachfolger Ruge, in der Reichsmarine seien die "Nürnberger Gesetze" nie angewendet worden; Dank Raeder seien die Juden "bis zuletzt im Dienst geblieben." Richtig ist vielmehr, daß Juden in keiner anderen Waffengattung derart diskriminiert wurden wie in der Reichsmarine, wo sie unter Raeder keinen einzigen Stabsoffizier stellten, während es z.B. Erich v. Lewinski genannt v. Manstein im Heer und Erhard Milch in der Luftwaffe bis zum Feldmarschall brachten.
**Großadmiral v. Tirpitz war bereits 1930 gestorben, Feldmarschall v. Hindenburg 1934; Feldmarschall v. Mackensen lebte zwar noch, war aber längst nicht mehr aktiv. Der 1937 verstorbene General Ludendorff hatte sich die ihm von Hitler angebotene Beförderung zum Feldmarschall h.c. ausdrücklich verbeten. Erst ab 1940 - nach dem Frankreichfeldzug - setzte eine Inflation der Feldmarschälle ein.
***Erika, geb. Hindermann, war Raeders zweite Frau. In erster Ehe war er mit Augusta, geb. Schultz, verheiratet; Näheres über sein Familienleben ist nicht mit hinreichender Sicherheit in Erfahrung zu bringen.
****Raeder hatte im Mai 1945 seinen massiv-goldenen Großadmiralsstab durch eine Ordonnanz auf dem Gebiet des späteren amerikanischen Sektors von Berlin vergraben lassen. Die Ordonnanz geriet in sowjet-russische Gefangenschaft und wurde mit vorgehaltener Waffe gezwungen, den Stab wieder auszugraben und an die Sowjets zu übergeben, die ihn als Beutegut mitgehen ließenals Nazirelikt in sichere Verwahrung nahmen, aus der er nie wieder auftauchte. Wäre der Stab im sowjetischen Sektor Berlins vergraben gewesen, wäre er "legitime Kriegsbeute" gewesen, ebenso, wenn die US-Amerikaner ihn erbeutet"befreit" hätten. Hier lag aber ein Eingriff der Sowjets in das Hoheitsgebiet der US-Amerikaner vor, also zivilrechtlich gesehen eine unerlaubte Handlung, zu der die Ordonnanz Beihilfe geleistet hatte. Dönitz' Anwalt kam nun auf die Idee, die - inzwischen als Kaufmann zu Geld gekommene - Ordonnanz auf Schadensersatz in Höhe von 20.000.- DM (damals mit einer Kaufkraft wie ca. 200.000.- Euro nach der Währungsreform von 2003) zu verklagen - mit Erfolg. Die korrupten Rechtsbeugergut-demokratischen Richter versäumten nicht, in die Urteilsbegründung zu schreiben, daß die Entscheidung selbstverständlich ganz anders ausgegangen wäre, wenn sich die Ordonnanz in einer "außergewöhnlichen Notlage" befunden hätte - die Aussicht, von den Sowjets erschossen oder auf unabsehbare Zeit in Gefangenschaft gehalten zu werden, galt offenbar nicht als solche. (Dies muß nicht bedeuten, daß das Gericht daran zweifelte, daß diese Gefahr bestand; man könnte das Urteil jedoch cynisch damit "rechtfertigen", daß es 1945 durchaus nicht außergewöhnlich war, wenn Deutsche von alliierten Besatzern unter Drohungen für Leib und Leben gezwungen wurden, Verstecke von potentiellem Beutegut preis zu geben; es war vielmehr 1945 ganz "normal" - bei den Westmächten noch mehr als bei den Sowjets, wie man z.B. bei
Ernest Hemingway
nachlesen kann -, daß Deutsche, auch wenn sie sich nicht weigerten, in derartigen Fällen zu kollaborieren"kooperieren", willkürlich erschossen oder eingekerkert wurden.)
*****Wer dieses "Hickhack" um akademische und sonstige "Ehren" für lächerlich hält, sei daran erinnert, daß dieses heute in noch weit lächerlicherem Maße [fort]geführt wird. Zu Raeders Lebzeiten hatte die Frage, ob eine Ehrenbürgerschaft besteht oder nicht oder doch noch einen juristischen Sinn - und sei es nur, weil Ehrenbürger kostenlos die städtische Straßenbahn benutzen und städtische Museen besuchen durften. Heutzutage werden selbst Personen, deren Ehrenbürgerschaft sowohl de iure als auch de facto längst erloschen ist, weil sie verstorben sind, noch nachträglich demonstrativ die Ehrenbürgerschaften entzogen. (Z.T. werden sie ihnen sogar erst posthum "verliehen", um sie ihnen dann mit großem Medienrummel wieder "entziehen" zu können - wiewohl weder das Eine noch das Andere rechtlich möglich ist :-) Ob man jemandem, der nicht einmal seinen eigenen Dienstgrad richtig schreiben konnte ("Großadmiral" schreibt sich selbst nach der jüngsten Rechtschreibreform nicht "Grossadmiral" :-) nicht tunlichst den Doktorgrad entziehen sollte, ist eine andere Frage, sie sich aber offenbar nie jemand gestellt hat - weder zu Raeders Lebzeiten noch posthum. Raeder war nur einer von drei höchsten Wehrmachts-Offizieren (die beiden anderen waren Feldmarschall Erich v. Manstein und Generaloberst Heinz Guderian), die ihren militärischen Dienstgrad nach dem Krieg bis zu ihrem Tode ungeniert weiter führten, und zwar - wie Manstein, anders als Guderian - ohne den Zusatz "a.D." Auch nach Gründung der Bundeswehr konnte ihnen dies nicht untersagt werden, da letztere nicht als Rechtsnachfolgerin der Wehrmacht galt, und da es in ihr weder einen Großadmiral noch einen Feldmarschall noch einen Generaloberst gab, so daß mangels Rang auch keine Verwechslungsgefahr bestand.
******Es herrscht weitgehend Einigkeit, daß Raeders Memoiren nicht von ihm selber verfaßt wurden, sondern von einer Gruppe seiner ehemaligen Untergebenen um Admiral a.D. Erich Förste.
******* Salewski - damals noch Dozent für Neuere Geschichte in Bonn - erhielt bald darauf einen Lehrstuhl für Neuere Geschichte in Kiel, an dessen Universität die Frage, ob man Raeder den Grad eines Dr. h.c. entziehen sollte wie die Ehrenbürgerschaft seitens der Stadt, nie ernsthaft gestellt wurde.
weiter zu Wilhelm Canaris
zurück zu Alfred v. Tirpitz
heim zu Von der Wiege bis zur Bahre