ALFRED  TIRPITZ

[seit 1900: Alfred von Tirpitz]

(1849 - 1930)

[Alfred Tirpitz]

Tabellarischer Lebenslauf
zusammengestellt von
Nikolas Dikigoros

1679
Friedrich Wilhelm von Brandenburg (1620-1688), der "Große Churfürst", läßt durch holländische Baumeister und Handwerker den Hafen von Pillau bei Königsberg zu einem Marinestützpunkt ausbauen. Die dort stationierte erste brandenburgische Flotte - die zunächst aus sechs, auf ihrem Höhepunkt aus 33 Schiffen besteht - soll vornehmlich dem Schutz des Ostsee-Handels dienen.

1680
Brandenburgische Schiffe laufen nach Ostindien aus, wobei sie unterwegs auch die westafrikanische Küste im Hinblick auf mögliche Niederlassungen erforschen; zu diesem Zweck wird eine "Africanische Compagnie" gegründet.

1682
Eine Expedition unter Major v. d. Groeben gründet an der Goldküste (heute 'Ghana') das erste deutsche Schutzgebiet mit der Hauptstadt "Großfriedrichsburg."


1683
In Emden wird ein weiterer brandenburgischer Flottenstützpunkt eingerichtet, der Pillau bald den Rang abläuft.

1688-1717
Nach dem Tode des "großen Kurfürsten" werden die Schiffe allmählich eingemottet; Großfriedrichsburg wird an die Holländer verkauft.
Damit endet der erste nicht-niederländische Versuch, eine deutsche Flotte und ein deutsches Kolonialreich aufzubauen.


* * * * *

1849
19. März: Alfred Tirpitz wird zu Cüstrin in eine bürgerliche Familie (Vater: Jurist, Mutter: Arzttochter) geboren.


Im selben Jahr wird angesichts des Freiheitskrieges der Schleswig-Holsteiner gegen die Seemacht Dänemark die "Reichsflotte" des Deutschen Bundes (bestehend aus drei kleinen Segelschiffen) gegründet. Die Briten als weltweit stärkste Seemacht fühlen sich davon so bedroht, daß sie - ein halbes Jahrhundert vor dem angeblich durch Deutschland ausgelösten "Wettrüsten zur See" - die deutschen Matrosen zu "Kriegsverbrechern" erklären. Der Jude und frühe Zionist Lord Palmerston[e] (damals Außen-, später auch Premierminister ihrer Majestät, der Königin Victoria) erteilt der britischen Flotte Befehl, jedes deutsche Kriegsschiff als "Piratenschiff" zu behandeln, d.h. anzugreifen, zu versenken und die Besatzung ausnahmslos zu ermorden"hinzurichten".
(An diesem britischen Standpunkt wird sich bis zur Auflösung des Deutschen Bundes 1866 nichts - und auch danach nur wenig - ändern.)

1852
März: Die "Reichsflotte" des Deutschen Bundes wird aufgelöst, die Besatzungen ohne Abfindung entlassen, die Schiffe als Brennholz verkauft.


1853
Das Königreich Preußen erwirbt vom Großherzogtum Oldenburg ein Stückchen Land am Jadebusen, wo in den nächsten Jahren sein erster Nordsee-Hafen eingerichtet wird.

1864
Die Erfolge des österreichischen Admirals Wilhelm v. Tegetthoff im deutsch-dänischen Krieg (Seeschlacht vor Helgoland) und seine anschließende Heroïsierung wecken in Tirpitz den Wunsch, Marine-Officier zu werden.

1865
April: Tirpitz tritt als Cadett in die königlich preußische Kriegsmarine ein.

1869
Die preußische Hafensiedlung am Jadebusen wird zur Stadt "Wilhelmshaven" befördert.
September: Tirpitz wird zum Seconde-Lieutenant zur See befördert und auf SMS König Wilhelm abcommandiert.

1871
Januar: Das Deutsche Reich wird gegründet. Anders als bei den Landstreitkräften, wo sich die größeren Bundesstaaten eigene Truppen vorbehalten, wird die königlich preußische Kriegsmarine in Ermangelung von Seestreitkräften anderer Staaten zur kaiserlich deutschen Marine.


1872
Mai: Tirpitz wird zum Premier-Lieutenant zur See befördert.

1875
November: Tirpitz wird zum Capitain-Lieutenant befördert.


1877
Tirpitz besucht das k.u.k. (österreichische) Torpedo-Centrum in Fiume. Danach wirkt er als 1. Officier der Torpedo-Corvette Blücher maßgeblich am Aufbau einer deutschen Torpedoboot-Flotille mit.

1881
September: Tirpitz wird zum Corvetten-Capitain befördert und Commandeur der Blücher.

1884
November: Tirpitz heiratet Maria Augusta, geb. Lipke (1860-1941).
Aus der Ehe gehen ein Sohn und zwei Töchter hervor.

1885
Tirpitz wird Chef der Torpedoboot-Flotille und Decernent für Torpedo-Angelegenheiten bei der Admiralität.

1886
Tirpitz wird zum Premier-Inspecteur des Torpedo-Wesens ernannt.

1888
November: Tirpitz wird zum Capitain zur See befördert und Commandeur des Panzer-Kreuzers Preußen.

1889
Tirpitz wird Commandeur des Panzer-Kreuzers Württemberg.

1890
Tirpitz wird Stabschef des Ostsee-Geschwaders.

1892
Tirpitz wird Stabschef des Obercommandos der Marine.

1896
Tirpitz verfaßt eine Denkschrift über die Notwendigkeit des Aufbaus von zwei Geschwadern mit je acht schweren Schlachtschiffen statt einer Flotte von schnellen Kreuzern, wie sie Kaiser Wilhelm II ursprünglich bauen lassen wollte.
Tirpitz wird zum Contre-Admiral befördert und Chef des (bis dahin in der britischen Colonie Hongkong stationierten) deutschen Kreuzergeschwaders Fernost.


Tirpitz bereitet den Pachtvertrag über Kiautschou vor, mit Tsingtao als Marinestützpunkt auf der Halbinsel Shaoling in China. Er kehrt über den Pazifik, die USA und den Atlantik nach Deutschland zurück, hat also die Welt einmal umrundet.

1897
Tirpitz wird Staatssekretär des Reichsmarineamtes (Reichsmarineminister). Zu diesem Zeitpunkt besitzt die deutsche Kriegsmarine 12 gepanzerte Schiffe über 5.000 Tonnen, die russische 18, die französische 36, und die englische 62 (20 weitere sind im Bau).

1898-1912
Tirpitz betreibt eine moderate Nachrüstung Deutschlands zur See.

1898
Tirpitz wird Preußischer Staatsminister. Er bringt das 1. Flottengesetz (Neubau von sieben Schlachtschiffen) durch den Reichstag.
(Der Reichstag war im Kaiserreich - anders als z.B. der Bundestag in der BRD - eine von der Regierung unabhängige Volksvertretung zur Wahrung der Interessen des Steuerzahlers. Es gab noch eine echte - nicht bloß auf dem Papier bestehende - rechtsstaatliche Gewaltenteilung. Das später zu Unrecht verteufelte "Dreiklassen-Wahlrecht" bezog sich auf die Steuerklassen und besagte, daß diejenigen, die am meisten Steuern zahlten, auch die meisten Mitbestimmungsrechte bei deren Verschwendung haben sollten. [Von den heutigen Unternehmern, die ihr Geld auf der Flucht vor dem Fiskus bevorzugt im Ausland "anlegen", wäre keiner über die niedrigste Wählerklasse hinaus gekommen.] Die verhängnisvolle Entwicklung zur ["Parteien-Demokratie" genannten] Parteien-Diktatur, die einer [oder mehreren] politischen Partei[en] alle drei Gewalten ausliefert, zeichnete sich erst in Ansätzen ab. Es war also durchaus eine Leistung, die Abgeordneten - die durchweg sparsamer mit Steuergeldern umzugehen pflegten als ihre heutigen Kollegen - von der Notwendigkeit kostspieliger Rüstungsmaßnahmen zu überzeugen.
Billiger - und entsprechend problemloser - war die gleichzeitig beschlossene Ersetzung der alten französischen Rangbezeichnungen zugunsten deutscher Äquivalente. So wurde Tirpitz Ende 1898 zum "Konter-Admiral".)

1898
Dezember: Tirpitz wird zum Vize-Admiral befördert.

1900
Während des Burenkrieges kapern englische Schlachtschiffe in Piratenmanier unbewaffnete deutsche Postboote vor der Küste Natals. Tirpitz bringt daraufhin das 2. Flottengesetz (u.a. Neubau von 19 Schlachtschiffen) durch den Reichstag, wofür er von Kaiser Wilhelm geadelt wird (v. Tirpitz).
(Das Gesetz bleibt weitgehend ein Papiertiger. Bis zum Kriegsausbruch 1914 sind 8 jener Schlachtschiffe immer noch nicht gebaut, ebenso wenig wie 13 der zusätzlich vorgesehenen Kreuzer.)


1903
v. Tirpitz wird zum Admiral befördert. Großbritannien beginnt mit einer ungeheuren Aufrüstung zur See. Gemeinsam mit amerikanischen Firmen konstruiert es turbinengetriebene* Großkampfschiffe vom Typ "Dreadnought" - deren erstes der Hilfskreuzer Lusitania ist. Das Deutsche Reich zieht zunächst nicht nach.

1904
Großbritannien schließt ein gegen Deutschland und Österreich-Ungarn gerichtetes Bündnis ("Entente cordiale") mit Frankreich. Die französische Flotte übernimmt den "Schutz" des Mittelmeers, die britische (die in ihren Stützpunkten Gibraltar, Malta und Cypern genügend "Schutz" hat) den der Nordsee.

1905
Mai: In der Seeschlacht von Tsushima - in der erstmals schwere, gepanzerte Schlachtschiffe aufeinander treffen - vernichtet die japanische Flotte die russische Ostseeflotte. Entgegen dem Rat des Generalstabs verzichtet das Deutsche Reich auf einen Präventivkrieg gegen Frankreich.
(Vielmehr hatte Deutschland Frankreichs Verbündetem Rußland seine Überseehäfen zur Verfügung gestellt für die Versorung der Ostsee-Flotte bei ihrem Anmarsch nach Fernost - was nicht einmal Frankreich selber wagte angesichts des Säbelrasselns durch Japans Verbündeten England. Der britische Admiral John ("Jackie") Fisher hatte daraufhin seiner Regierung einen Überfall auf die deutsche Flotte nach dem Muster "Kopenhagen 1801" empfohlen, wovon diese jedoch nach reiflicher Überlegung Abstand nahm - noch schien ihr ein Krieg gegen Deutschland keinen Erfolg zu versprechen.)

1907
August: Großbritannien schließt eine "Entente cordiale" mit Rußland (Aufteilung Persiens, Neutralisierung Afģānistāns). Danach zieht Admiral Fisher das beruhigende Fazit: "Die Royal Navy war niemals stärker als heute: Insgesamt zehn Großkampfschiffe fertig oder im Bau, während Deutschland nicht mal ein einziges begonnen hat." Die britische Flotte ist größer als die zweitgrößte (die deutsche) und die drittgrößte (die U.S.-amerikanische) zusammen.**


Auf der Haager Konferenz lehnt v. Tirpitz angesichts der drückenden Überlegenheit der Briten zur See ein von diesen vorgeschlagenes Übereinkommen, die Flotten auf dem derzeitigen Stand einzufrieren, ab; ihm wird der Schwarze Adlerorden verliehen.


1908
v. Tirpitz bringt das 3. Flottengesetz durch den Reichstag. Es besagt lediglich, daß die deutschen Kriegsschiffe künftig statt nach 25 schon nach 20 Jahren außer Dienst gestellt werden, so daß die Ersatzbauten etwas schneller vorgenommen werden müssen. In England wird dies jedoch zu einem "Wettrüsten" der "Hunnen" aufgebauscht und zum Anlaß für den Bau noch größerer Schlachtschiffe mit noch schwereren Geschützen genommen.


1911
v. Tirpitz wird zum Großadmiral befördert.
In der so genannten "Marokkokrise" versagt die deutsche Diplomatie auf der ganzen Linie: Bei einem (vermutlich von Frankreich geschürten) Berber-Aufstand gegen den Sultan hatte das Reich ein (!) kleines Kanonenboot namens "Panther" nach Agadir geschickt, um deutsche Flüchtlinge aufzunehmen. Das Ausland macht daraus einen kriegerischen Akt ("Panthersprung von Agadir"). In Großbritannien wird Befehl zum Präventivkrieg gegen Deutschland gegeben; allerdings stellt sich heraus, daß die Flotte keinen brauchbaren Einsatzplan hat, so daß der Krieg wieder abgeblasen werden muß. [Damit so etwas nicht wieder vorkommt, wird Winston Churchill zum Ersten Lord der Admiralität ernannt, der zielstrebig auf einen Krieg hin arbeitet.] Die Deutschen, denen dies verborgen bleibt, geben kleinlaut nach und lassen Marokko (wo unvorsichtige deutsche Kaufleute erhebliches Kapital investiert haben) an Frankreich fallen, da sie sich für zu schwach halten, um sich alleine gegen die Entente-Mächte England, Frankreich und Rußland durchzusetzen.

1912
Zur Behebung dieser vermeintlichen Schwäche bringt v. Tirpitz das 4. Flottengesetz durch den Reichstag: Weitere Schlachtschiffe sollen gebaut werden. Dies ist umso unverständlicher, als jemand, der wie v. Tirpitz von der Torpedowaffe kommt, wissen müßte, daß die großen, teuren Schlachtschiffe überholt sind, weil sie von kleinen, billigen "S[chnell]-Booten" vernichtet werden können, deren Torpedos selbst die stärkste Panzerung durchschlagen, seit einiger Zeit auch von fast ebenso billigen Tauchbooten ("U[ntersee]-Booten") und sogar von spottbilligen Treibminen. (Dies hatte schon v. Tirpitz' Vor-Vorgänger v. Caprivi in den 1880er Jahren richtig erkannt, ohne seinen Standpunkt durchsetzen zu können.) Der Bau dieser "hochbeweglichen Torpedoträger" wird jedoch sträflich vernachlässigt.

1914
August: Großbritannien erklärt dem Deutschen Reich den Krieg, der sich zum Ersten Weltkrieg ausweitet.
Gleich im ersten Kriegsjahr verliert England mehrere Schlachtschiffe durch Minen und Torpedotreffer. Dagegen kommt die deutsche Hochsee-Flotte mit ihren teuren Schlachtschiffen kaum zum Einsatz. (Als sie im
Dezember durch Zufall auf Teile der englischen Grand Fleet trifft, bricht Admiral v. Ingenohl das Gefecht ab und zieht sich zurück.) Zu Helden des Seekrieges avancieren neben dem U-Boot-Kapitän Otto Weddigen die Kommandanten der wenigen kleinen Kreuzer, die Kaperfahrten auf allen Weltmeeren durchführen, wie Kapitänleutnant v. Mücke, der mit einem einzigen Schiff, der Emden, Monate lang den gesamten Handelsverkehr der Entente im Indischen Ozean lahm legt, und später Graf Luckner, der sogar Segelboote dafür einsetzt.
Die Weichenstellung "Schlachtschiffe statt schneller Kreuzer" erweist sich nun als verhängnisvoller Fehler, denn den ersteren gelingt es nicht, die von den Briten betriebene Hungerblockade gegen Deutschland zu durchbrechen.

1915
Januar: In der Seeschlacht bei der Doggerbank kommt es zu keiner Entscheidung.
18. Februar: Nachdem die englische Regierung die Meere um die britischen Inseln zur Sperrzone erklärt hat, in der jedes neutrale Schiff, das Waren befördert, die den Mittelmächten von Nutzen sein könnten, gekapert oder versenkt wird, prägt v. Tirpitz den Satz "Gott Strafe England" und erklärt für die selben Gebiete den uneingeschränkten U-Boot-Krieg, d.h. die Versenkung aller gegnerischen oder "neutralen" Schiffe, die England beliefern, ohne Vorwarnung. Es bleibt jedoch bei der ausdrücklichen Anweisung, Matrosen u.a. Passagiere der versenkten Feindschiffe vor dem Ertrinken zu bewahren. ("Schiffe versenken - Menschen retten!")

[Gott strafe England!] [Parole: Schiffe versenken - Menschen retten!]

7. Mai: Der als Passagierschiff getarnte (und mit 128 US-Bürgern besetzte) U.S.-Hilfskreuzer und Waffentransporter "Lusitania" wird durch U-Boot-Torpedos versenkt.


Juni: Den U-Booten wird die Versenkung "neutraler" Schiffe verboten.

[Helgoland - das Bollwerk in der Nordsee]

10. August: Tirpitz wird zum 25. Jahrestag des "Helgoland-Sansibar-Vertrags" (mit dem er überhaupt nichts zu tun hatte) der preußische Militärverdienst-Orden "Pour le Mérite" verliehen.


19. August: U 27 stoppt den als US-amerikanisches Handelsschiff getarnten britischen Hilfskreuzer Baralong und taucht zu diesem Zweck auf, woraufhin sie von den Briten versenkt wird. Alle wehrlos im Wasser treibenden deutschen Matrosen werden durch gezielte Schüsse ermordet, obwohl die Baralong reichlich Platz hätte, sie gefangen und aufzunehmen. Die Täter werden befördert und von König Georg V persönlich mit hohen britischen Orden ausgezeichnet.


Am selben Tag wird der als Passagierschiff getarnte englische Hilfskreuzer Arabic (wiederum mit US-Bürgern an Bord) durch ein nicht zuvor aufgetauchtes deutsches U-Boot versenkt. Die US-Regierung protestiert vehement gegen den zweiten Vorfall (nicht dagegen gegen den ersten). Die Reichsleitung verbietet daraufhin den deutschen U-Booten generell die Versenkung von "Passagierschiffen". [Dieser Befehl bezieht sich ausdrücklich auch auf Schiffe, die unter feindlicher Flagge fahren.]
Damit hat Deutschland nicht nur den uneingeschränkten U-Boot-Krieg, sondern den U-Boot-Krieg überhaupt de facto eingestellt (obwohl England die Hunger-Blockade uneingeschränkt aufrecht erhält) und sich damit entscheidend geschwächt. Die Gründe für diesen Entschluß sind rätselhaft.***

1916
16. März: Wegen zunehmender Meinungsverschiedenheiten mit Wilhelm II - die spätere Historiker damit begründen, daß der Kaiser den Einsatz der Schlachtflotte gescheut habe - tritt v. Tirpitz vom Amt des Marineministers zurück.****
Ende Mai/Anfang Juni kommt es zwischen der deutschen und der englischen Schlachtschiff-Flotte im Skågerrak zur bis dahin größten Seeschlacht der Weltgeschichte, die ergebnislos endet, d.h. den deutschen Seestreitkräften gelingt es nicht, die englische Blockade der Nordsee zu brechen.*****
6. Oktober: Der eingeschränkte U-Boot-Krieg (nach "Prisenrecht") wird wieder aufgenommen, bringt jedoch mehr Verluste als Erfolge, da die brav aufgetauchten U-Boote eine leichte Beute für die Geschütze der längst bewaffneten "neutralen" und feindlichen "Handelsschiffe" werden.


1917
06. April: Die USA nehmen die Wiederaufnahme des eingeschränkten U-Boot-Kriegs zum Vorwand, dem Deutschen Reich nunmehr auch offiziell den Krieg zu erklären; Deutschland nimmt daraufhin den uneingeschränkten U-Boot-Krieg wieder auf und erzielt zunächst spektakuläre Erfolge. (Im ersten Halbjahr 1917 übertreffen die Versenkungen die alliierten Neubauten um 400%.)


Juni: Ein groß angelegter Aufruf zur "U-Boot-Spende" bleibt weitgehend erfolglos.
August: Nachdem die englische Blockade (und eine unfähige Innenpolitik - Stichwort "Schweinemord") in Deutschland eine Hungersnot hervor gerufen hat, kommt es zu Streiks der Munitionsarbeiter in den Rüstungsfabriken und zu ersten Meutereien der Matrosen auf dem Schlachtschiff "Prinzregent Luitpold", die jedoch noch unterdrückt werden können.
September: Nach der realitätsfremden "Friedensresolution" der Mehrheitsparteien im Reichstag gründet v. Tirpitz gemeinsam mit Wolfgang Kapp die "Deutsche Vaterlandspartei" als Sammelbecken für die nationale Opposition.

1918
Oktober-November: Nachdem Pläne für eine Offensive der Hochseeflotte gegen England bekannt geworden sind, kommt es in der Kriegsmarine zu Meutereien, die nicht mehr unterdrückt werden können ("Matrosenaufstände" in Kiel, Hamburg und Wilhelmshaven), zum Sturz Kaiser Wilhelms II (der in die Niederlande flieht) und zum Ende des Kaiserreichs. Deutschland wird Republik. Die Regierung der "November-Verbrecher" bittet die Alliierten im Vertrauen auf die "14 Punkte" des US-Präsidenten Wilson um Waffenstillstand, was einer Kapitulation gleich kommt.

1919
7. Mai: Die Alliierten präsentieren das Friedensdiktat von Versailles, das Deutschland u.a. den Besitz von Schiffen (auch Handelsschiffen) über 1.600 Tonnen verbietet und die Marine auf 15.000 Mann beschränkt.
21. Juni: Die im schottischen Scapa Flow internierte deutsche Kriegsflotte wird von den eigenen Besatzungen versenkt.******
28. Juni: Die deutsche Delegation unterzeichnet den "Schmach-Vertrag" von Versailles.


Tirpitz veröffentlicht seine "Erinnerungen".

1924
v. Tirpitz wird als Abgeordneter der "Deutschnationalen Volkspartei (DNVP)", die - wie alle anderen Parteien der "Weimarer Republik" auch - eine Revision des Diktatfriedens von Versailles anstrebt, Mitglied des Reichstags (bis 1928; nach ihm übernimmt das Mandat der Generalmajor a.D. v. Lettow-Vorbeck.)

[Wahlplakat der DNVP]

1925
v. Tirpitz bestärkt Generalfeldmarschall a.D. Paul von Hindenburg, die Kandidatur zur Reichspräsidentenwahl anzunehmen, welche er gewinnt.

1930
6. März: Alfred v. Tirpitz stirbt in Ebenhausen und wird auf dem Münchner Waldfriedhof beerdigt.


* * * * *

1933
Adolf v. Trotha veröffentlicht "Großadmiral v. Tirpitz, Flottenbau und Reichsgedanke".

1934
Albert Scheibe veröffentlicht "Tirpitz". Die kurz und bündig geschriebene Biografie wird zum Bestseller (und 1945 verboten).


1939
Juli: Das größte je in Deutschland gebaute Schlachtschiff läuft in Wilhelmshaven vom Stapel; es wird auf den Namen "Tirpitz" getauft.
September: Großbritannien und Frankreich nehmen den Beginn des Polenfeldzugs zum Vorwand, dem Deutschen Reich den Krieg zu erklären (nicht aber der Sowjet-Union, obwohl infolge des "Hitler-Stalin-Pakts" auch die Rote Armee in Polen einmarschiert), der sich nach dem Kriegseintritt der USA und Japans 1941 zum Zweiten Weltkrieg ausweitet.

1941
Februar: Das Schlachtschiff "Tirpitz" wird in Dienst gestellt.


Wie schon im Ersten Weltkrieg bewähren sich die deutschen Überwasserstreitkräfte nicht. Insbesondere die einst von Tirpitz begründete Torpedo-Waffe versagt auf der ganzen Linie. Auch die infolge verfehlter Rüstungspolitik sträflich vernachlässigte U-Boot-Waffe bleibt trotz spektakulärer Anfangserfolge gegen die überlegenen alliierten See- und Luftstreitkräfte letztlich chancenlos.

1944
Die "Tirpitz" wird von der britischen Luftwaffe versenkt.

1994
Während der alte Admiral in der BRDDR längst verdrängt und vergessen ist, wird in England der alte Haß auf Deutschland, das Dritte Reich, die Kriegsmarine, v. Tirpitz und andere deutsche Soldaten weiterhin von Staats wegen gepflegt. So wird auch der 50. Jahrestag der Versenkung der "Tirpitz" groß gefeiert.
(Das Datum auf dem Bild ist falsch; der Angriff im April führte nicht zur Versenkung; diese gelang erst bei einem neuerlichen Luftangriff im November.)


1996
Die Tirpitz-Biografie von General a. D. Franz Uhle-Wettler erscheint. Da sie politisch nicht korrekt ist, wird sie von so genannten "Fach-Historikern" geflissentlich ignoriert.


2022
26. September: Die Briten stellen schlagend unter Beweis, daß ihr Krieg gegen Deutschland noch nicht beendet ist, und daß sie nicht nur deutsche Untersee-Boote, sondern auch deutsche Untersee-Pipelines als "Bedrohung" empfinden: Sie sprengen die Erdgas-Leitungen "Nord Stream" und "Nord Stream 2", die Deutschland über die Ostsee mit billigem russischen Erdgas versorgten, um es wirtschaftlich zu vernichten.


(Die verantwortliche Premierminister*in Premierministernde - die sich durch eine unvorsichtliche E-mail, die leicht zu hacken war, verraten hat - muß zwar wenige Tage später zurück treten; aber Dikigoros ist überzeugt, daß sowohl ihr Vorgänger als auch ihr Nachfolger - der ein Dreivierteljahr später den Dnepr-Staudamm bei Nowa Kachowka sprengen läßt und damit eine weitere Umweltkatastrofe ersten Ranges auslöst - ebenso gehandelt hätten.)


Da fällt Dikigoros nicht viel mehr ein als der alte Spruch von Tirpitz' - und die neue russische Unterwasser-Drohne - die der Westen nach dem altgriechischen Gott der Seebeben "Poseidon" nennt und die das britische Reich des Bösen auf einen Schlag auslöschen könnte. Nur mühsam verkneift er sich das Stoßgebet: "Lieber heil'ger Florian Wladimir (aber nur, weil die korrekte Betonung dieses Namens - auf der 2. Silbe - sein Gefühl für Rhythmus verletzen würde :-) [...] und erlöse uns von dem Übel, Amen!"


*Der Antrieb mit Dampfturbinen statt mit Dampfkolben erhöhte die Geschwindigkeit der Schiffe beträchtlich. Bis dahin waren Dampfschiffe, wenn nicht gerade Flaute herrschte, langsamer als schnelle Segler. Dem hätte man durch einen Doppelantrieb mit zwei seitlichen Schaufelrädern abhelfen können. Raddampfer galten jedoch für zu anfällig gegen seitlichen Beschuß, so daß die Kriegsmarinen den Heckantrieb bevorzugten. Die Turbine war bereits 1884 von Charles Parson erfunden worden, und das erste damit ausgerüstete Schiff, die "Turbinia", wurde 1900 auf der Pariser Weltausstellung vorgeführt. Aber es dauerte noch einige Jahre, bis die Admiralität die Vorzüge der Turbine begriff und der Bau von damit ausgerüsteten Großkampfschiffen begann.

**Bis zum Verlust seiner Flotten im Krieg gegen Japan stand Rußland quantitativ auf dem zweiten Platz. Die Größe sagte nicht unbedingt etwas über die Stärke aus; die britische, deutsche, amerikanische und japanische Flotte waren den anderen aber auch qualitativ überlegen.

***Wenig überzeugend ist die offizielle BRD-Geschichtsschreibung, wonach es Proteste der USA - sowohl gegen die Hunger-Blockade als auch gegen den uneingeschränkten U-Boot-Krieg - gewesen seien. Wer Augen im Kopf hatte, konnte schon damals unschwer sehen, daß die USA ohnehin nicht "neutral", sondern vielmehr der Hauptlieferant der Entente-Mächte mit Waffen, Munition und Verpflegung waren und nur deshalb noch nicht offen in den Krieg eingegriffen hatten, weil ihre Rüstungen noch nicht abgeschlossen waren.

****Auf einer von der BRDDR-Regierung finanzierten, halb-amtlichen Webseite wird dazu folgendes kolportiert: "Tirpitz' Forderung nach uneingeschränktem U-Boot-Krieg trifft auf die ablehnende Haltung Wilhelms II. und des Reichskanzlers Theobald von Bethmann Hollweg. Beide fürchten den Kriegseintritt der USA."
Daran ist so viel richtig, daß es bei Hof und in der Reichleitung tatsächlich ein paar blinde Hühner gab, die noch immer nicht erkannt hatten, daß der offene Kriegseintritt der USA auf Seiten der Entente-Mächte längst beschlossene Sache war. Allerdings mußte Präsident Wilson dies bis November 1916 geheim halten, weil er sonst nicht wieder gewählt worden wäre - die überwältigende Mehrheit der US-Amerikaner waren gegen eine Kriegsbeteiligung und wählten ihn nur, weil er versprochen hatte, die USA heraus zu halten. Bis dahin - mehr als zwei Jahre lang - hätte Deutschland also unbesorgt einen echten unbeschränkten U-Boot-Krieg führen können, was aller Voraussicht nach zum Ende des Krieges geführt hätte, bevor die USA eingreifen konnten. Die damals zur Debatte stehende "Wiederaufnahme" des "uneingeschränkten" U-Boot-Krieges betraf jedoch gar keinen solchen mehr, sondern nur noch die Erlaubnis an deutsche U-Boot-Kommandanten, bewaffnete "Handelsschiffe" der Kriegsgegner und "Neutralen", welche Kriegsmaterial für die letzteren transportierten, anzugreifen, ohne vorher aufzutauchen und sich damit der Gefahr auszusetzen, von jenen "Handelsschiffen" versenkt zu werden. (Die Engländer verfuhren übrigens in der Blockadezone selbst mit unbewaffneten neutralen Schiffen ebenso, ohne daß ihnen die USA darob mit Krieg gedroht hätten - deren Schiffe waren freilich auch nicht betroffen, da sie ja von Anfang an nicht neutral waren.) Der Streit hinter den Kulissen verlief dabei genau umgekehrt: Entgegen seinen offiziellen Verlautbarungen wandte sich v. Tirpitz intern hartnäckig gegen den "uneingeschränkten" U-Boot-Krieg - den vor allem Admiral Scheer befürwortete -, und zwar nicht aus politischen Rücksichten gegenüber den USA, sondern weil er persönlich erpreßbar war: Die Engländer hatten bei einem Seegefecht vor Helgoland vier Wochen nach Kriegsausbruch seinen Sohn - der Kommandant des kleinen Kreuzers Mainz gewesen war - gefangen genommen und drohten, diesen zu ermordenhinzurichten als Sohn eines "Kriegsverbrechers" - der v. Tirpitz in ihren Augen gewesen wäre, wenn die Deutschen den "uneingeschränkten" U-Boot-Krieg wieder aufgenommen hätten. (Es galt das Prinzip der Sippenhaft.) Dabei scheuten sie sich nicht, diese Morddrohung ganz offen in ihrer Presse (z.B. der Daily Mail) zu verlautbaren. Tirpitz war aus diesem Grunde als Marineminister nicht länger tragbar. Er hatte auch bereits wiederholt seinen Rücktritt eingereicht, der ihm jedoch bis dahin von Wilhelm II stets verweigert worden war.
Die BRD-Regierung - blind für die Lehren der Weimarer Republik - fühlt sich allerdings nach wie vor an die Bestimmungen des Versailler Friedensdiktats von 1919 gebunden, einschließlich der Kriegsschuldlüge und der Lüge, daß Kriegsverbrechen stets nur von den bösen Deutschen begangen wurden, nie aber von den edlen Alliierten. Deshalb kann auch die noch lange nach dem Waffenstillstand aufrecht erhaltene, völkerrechtswidrige Hunger-Blockade der Entente gegen Deutschland, der mehr als eine Million Frauen, Kinder und sonstige Zivilisten zum Opfer fielen, kein Kriegsverbrechen gewesen sein, sondern nur der in erster Linie gegen diese gerichtete U-Boot-Krieg. Folglich muß die BRD-Regierung Sorge tragen, daß die wahren Hintergründe v. Tirpitz' Rücktritt bis heute tot geschwiegen werden; auf diese Linie hat sie alle ihre Söldner der Lüge, pardon, alle "Historiker", die von ihr besoldet werden, bei Strafe fristloser Entlassung im Falle der Zuwiderhandlung festgelegt.

*****Dabei wäre dies ohne weiteres möglich gewesen. Die britische Flotte war der deutschen zwar zahlenmäßig, an Panzerung der Schiffe und Reichweite der Geschütze weit überlegen; die Matrosen waren jedoch schlechter ausgebildet. Insbesondere die Schiffsartillerie - lediglich auf Schußgeschwindkeit, nicht auf Treffgenauigkeit trainiert - versagte auf der ganzen Linie, ließ überdies aus Bequemlichkeit die Munition in unmittelbarer Nähe der Geschütztürme herum liegen, so daß in eingen Fällen ein einziger Treffer ausreichte, um ein ganzes Schlachtschiff in die Luft fliegen zu lassen. Der deutsche Admiral Scheer war jedoch zu feige, die Schlacht bis zur Vernichtung der britischen Flotte fortzusetzen, brach sie nach 12 Stunden ab und fuhr nach Hause. Daß diese Schlacht nur 6 Wochen nach v. Tirpitz' Rücktritt statt fand, spricht im übrigen gegen die These, daß Wilhelm II die Schlachtschiffe entgegen dessen Drängen nicht einsetzen wollte; vielmehr deutet einiges (u.a. das Fehlen - also wohl die Vernichtung - jeglicher Quellen) darauf hin, daß es - genau wie beim "uneingeschränkten" U-Boot-Krieg - genau umgekehrt war: Tirpitz war wohl intern ebenso gegen den Einsatz der Schlachtflotte wie gegen den uneingeschränkten U-Boot-Krieg.

******Die Versenkung erfolgte, nachdem die Vorräte an Bord aufgebraucht waren und die Briten sich weigerten, die Besatzungen mit Lebensmitteln zu versorgen. Nach der Versenkung begaben sich die Besatzungen unbewaffnet in die Rettungsboote, die mit weißen Fahnen gekennzeichnet waren, und wurden von den Briten zusammen geschossen. Der perfide Mord an den deutschen Kriegsgefangenen wurde damals im Reich mit Empörung aufgenommen; nach 1945 wurde verboten, ihn zu erwähnen; alle Bücher, die das taten, wurden verbrannt "ausgesondert" und vernichtet. Allerdings waren die paar tausend ermordeten Kriegsgefangenen von 1919 nur "peanuts", verglichen mit den Millionen deutschen Kriegsgefangenen, die nach 1945 in alliierten Lagern ermordet wurden - und die ebenfalls bis heute nicht erwähnt werden dürfen. (Dikigoros kann daher nur einen französischsprachigen Artikel verlinken.)


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