Hjalmar Schacht
(1877 - 1970)
Tabellarischer Lebenslauf
zusammengestellt von
Nikolas Dikigoros
- 1877
- 22. Januar: Horace Greeley Hjalmar Schacht wird als Sohn eines Kaufmanns in Tinglev
(Nordschleswig) geboren.
- 1895-1899
- Schacht studiert Wirtschaftswissenschaften in
Kiel,
München und
Berlin.
- 1900
- Schacht arbeitet für einen Handelsvertragsverein.
- 1903
- Schacht wird Archivar bei der Dresdner Bank.
- 1908
- Schacht wird stellvertretender Direktor der Dresdner Bank.
- 1914-1918
- Im Ersten
Weltkrieg
ist Schacht vom Militärdienst freigestellt.
- 1916
- Schacht wird Direktor der privaten "Nationalbank für Deutschland".
- 1918
- Schacht zählt zu den Gründern der "Deutschen Demokratischen Partei (DDP)".
- 1920
- Schacht wird Inhaber der "Nationalbank für Deutschland".
- 1922
- Die Nationalbank und die Darmstädter Bank für Handel und Industrie fusionieren zur "Danat-Bank", deren Leitung Schacht übernimmt.
- 1923
- November: Schacht wird auf dem Höhepunkt der Inflation zum Reichswährungskommissar berufen. Als solcher setzt er die Einführung der "Rentenmark" durch und erreicht damit die Konsolidierung der deutschen
Währung.
- Dezember: Schacht wird von Reichskanzler
Gustav Stresemann
gegen das einstimmige Votum des Reichsbankdirektoriums zum Reichsbankpräsidenten ernannt.
- 1924
- Schacht nimmt als Zuhörer an den alliierten Verhandlungen über den Dawes-Plan" teil, durch den die deutschen Reparationszahlungen neu festgesetzt werden.
- 1926
- Schacht verläßt die DDP.
- 1929
- Schacht leitet die deutsche Delegation bei den alliierten Verhandlungen über den "Young-Plan", die erneut über die Festsetzung deutscher Reparationszahlungen beraten.
- 1930
- Schacht lehnt den Young-Plan ab und nähert sich den rechten Parteien, die versuchen, dessen Annahme mittels eines Volksbegehrens zu verhindern. Nach Scheitern des Volksbegehrens und Annahme des Young-Plans im Reichstag tritt Schacht vom Amt des Reichsbankpräsidenten zurück. Grund hierfür sind auch Differenzen mit Reichskanzler
Heinrich Brüning,
der die Wirtschaftskrise mit einer konsequenten Deflationspolitik bekämpfen will, während Schacht ein inflationäres "deficit spending" befürwortet, als dessen Erfinder heute der US-Amerikaner Keynes gilt.*
- 1931
- Schacht rät nach Kontaktaufnahme zu
Adolf Hitler und
Hermann Göring
Brüning - der ohne parlamentarische Mehrheit regiert -, die "Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei
(NSDAP)" als stärkste Reichstagsfraktion an der Regierung zu beteiligen, jedoch ohne Erfolg.
- Oktober: Schacht bekennt sich zur "Harzburger Front", einem Bündnis zwischen deutschnationalen Gruppierungen und der NSDAP zur Bekämpfung der Politik des "Hungerkanzlers" Brüning.
- 1932
- Nach dem Sturz Brünings beginnen seine Nachfolger
Franz v. Papen und
Kurt v. Schleicher
mit einer Politik der staatlichen Kreditschöpfung, die Schacht jedoch nicht weit genug geht.
- November: Schacht initiiert daher als Mitglied des "Freundeskreises der Wirtschaft" eine Petition deutscher Industrieller und Bankiers an Reichspräsident
Paul v. Hindenburg,
Hitler als Reichskanzler zu berufen.
- 1933
- 30. Januar: Hindenburg beauftragt Hitler mit der Regierungsbildung. Das neue Kabinett besteht - neben Hitler als Reichskanzler - überwiegend aus
Angehörigen anderer "nationaler" Parteien (u.a. Papen und der Pressezar
Alfred Hugenberg).
- März: Schacht wird erneut Reichsbankpräsident.
- 1934
- August: Schacht wird Reichswirtschaftsminister.
- 1935
- Februar: Schacht setzt das "Kreditermächtigungsgesetz" durch, das die von ihm geplante Geldbeschaffung durch Staatsverschuldung in großem Stil ermöglicht.
- Mai: Schacht wird zusätzlich "Generalbevollmächtigter für die Kriegswirtschaft"; als solcher ist er vor allem für das "Autarkie"-Programm verantwortlich, welche er durch Drosselung der Rohstoffeinfuhr zugunsten von "Ersatzstoffen" und eine strenge Devisenbewirtschaftung nach Vorbild der US-Regierung
Roosevelt
zu verwirklichen versucht.
- Schacht fördert die Gründung der "Metallurgischen Forschungs-GmbH" durch die Konzerne Krupp, Siemens und Rheinmetall. Diese akzeptiert bis 1938 Wechsel des Reichsfinanzministeriums in Höhe von insgesamt 2,37 Mrd. RM ("Mefo"-Wechsel) und kurbelt damit die Wirtschaft an, so daß die Arbeitslosigkeit in kürzester Zeit beseitigt wird.
- Die zugrunde liegende Idee war an sich nicht neu. Schon in den letzten Jahren der "Weimarer Republik" hatten die Regierungen Brüning, Papen und Schleicher auf Anregung des damaligen Reichsbank-Präsidenten Luther ein ähnliches System aufgezogen ("Öffa"-Wechsel, nach der eigens zu diesem Zweck gegründeten "Deutschen Gesellschaft für öffentliche Arbeiten AG", auf die Wechsel gezogen wurden, die dann von der Reichsbank rediskontiert wurden. Der Erfolg war jedoch bescheiden. Es kommt eben nicht darauf an, wie die Staatsverschuldung genannt bzw. wie sie verschleiert wird - durch Anwerfen der Papiergeldpresse, Ausgabe von Bundesschatzbriefen oder Staatsanleihen -, sondern darauf, wie die dadurch "gewonnenen" Gelder verwendet werden, und da hatte die Regierung Hitler offenbr ein glücklicheres Händchen als ihre Vorgänger.)
- 1937
- Mai: Schacht eröffnet den deutschen Pavillon der
Weltausstellung in Paris.
- November: Schacht, der die seiner Meinung nach ausufernde Kreditpolitik des Staates nicht länger verantworten zu können glaubt, tritt von seinen Ämtern als Wirtschaftsminister und Generalbevollmächtigter zurück, bleibt jedoch bis 1943 Minister ohne Geschäftsbereich.
- (Die "Mefo"-Wechsel werden vier Monate später durch so genannte "Lieferungsschatzanweisungen" ersetzt - am System der Geldbeschaffung ändert sich dadurch jedoch nichts.)
- 1939
- Januar: Schacht tritt auch vom Amt des Reichsbankpräsidenten zurück. Unter seinen Nachfolgern wird wird die von ihm initiierte Politik der Kreditschöpfung und Staatsverschuldung weiter betrieben (wie in allen Krieg führenden Staaten), wenngleich nicht annähernd in dem Ausmaß, wie dies später - nicht nur in der BRDDR - mitten im Frieden geschehen sollte.**
- 1944
- Juli: Schachts Kontakte zum Widerstand führen nach dem
verpfuschtengescheiterten Attentat vom 20. Juli 1944 durch Oberst
Schenk von Stauffenberg
zu seiner Verhaftung. Bis Kriegsende ist er in den Konzentrationslagern Ravensbrück und Flossenbürg interniert.
- 1946
- 01. Oktober: Schacht wird vom
Interalliierten Militär-Tribunal [IMT] in Nürnberg überraschend freigesprochen.
- 1947
- 13. Mai: Schacht wird von einer "Entnazifizierungs"-Spruchkammer in Stuttgart ebenso überraschend als "Hauptschuldiger" eingestuft und zu acht Jahren Arbeitslager (die der inzwischen 70-jährige schwerlich überlebt hätte) und zur Einziehung seines Vermögens verurteilt.
- 1948
- September: Schacht wird nach Aufhebung des "Entnazifizierungs"-Urteils durch eine Berufungskammer aus dem Lager entlassen.
- 1949
- Schacht veröffentlicht "Abrechnung mit Hitler".
- 1950-1953
- Schacht arbeitet als "Berater" in diversen Entwicklungsländern.
- 1953
- Schacht gründet in Düsseldorf die Außenhandelsbank Schacht & Co.
- Schacht veröffentlicht seine Memoiren unter dem Titel "76 Jahre meines Lebens".
- 1958
- Schacht warnt nochmals eindringlich vor einer zunehmenden Staatsverschuldung und einer Politik des Konsums auf Pump statt der Investitionen. Ausgerechnet das rote Wochenblatt Der Spiegel bietet "Mefo-stopheles" eine Plattform.
- 1963
- Schacht zieht sich aus dem Bankgeschäft zurück.
- 1970
- 3. Juni: Hjalmar Schacht stirbt in München.
- 1980
- Heinz Pentzlin veröffentlicht "Hjalmar Schacht - Leben und Wirken einer umstrittenen Persönlichkeit". Er vertritt darin die
lächerliche interessante These, daß Hitler ohne Schachts Hilfe nie an die Macht gekommen wäre (schließlich stand ja ansonsten bloß die Mehrheit von ein paar Millionen blöder Wähler hinter ihm :-)
- 1997
- John Weitz veröffentlicht "Hitler's Banker".
- 2006
- Christopher Kopper veröffentlicht "Hjalmar Schacht - Aufstieg und Fall von Hitlers mächtigstem Bankier". (Die beiden Autoren scheinen gar nicht zu wissen, was ein "Bank[i]er" ist - Schacht war nie Hitlers Bankier :-) Das Schlagwort von "des Teufels Finanzier" (analog zu
"des Teufels General",
"des Teufels Admiral",
"des Teufels Architekt"
usw. macht die Runde, von willfährigen
Medien
wie der F.A.Z. fleißig verbreitet."
*Im neuen Jahrtausend spricht man - da das Wort "Defizit" einen zunehmend negativen Beigeschmack bekommen hat - lieber von "quantitative easing [mengenmäßiger Erleichterung]"; nunmehr behauptet ein japanischer BanksterBankier, diese erfunden zu haben. (Den neuen Ausdruck "negatives Eigenkapital" für "Schulden" hat dagegen bisher noch niemand für sich in Anspruch genommen :-)
**Man darf diese Politik nicht allein nach den aufgenommenen Summen beurteilen - diese sind letztlich nur Zahlen auf Papier. Staatsverschuldung ist - genau wie Verschuldung in der Privatwirtschaft - so lange eine gute Sache, wie das Geld in produktive Tätigkeiten investiert wird, aus denen irgendwann eine Rückzahlung der Kredite erfolgen kann. Dies war im "Dritten Reich" bis 1939 durchweg der Fall - allen Behauptungen (vor und noch mehr nach dem Kriege) zum Trotz, daß lediglich unprodukte Aufrüstung finanziert worden sei. Dagegen wurde das Geld, mit dem sich die BRD und die DDR seit den 1970er Jahren - und in noch weit höherem Maße die BRDDR seit den 1990er Jahren - verschuldeten, überwiegend in unproduktive ("soziale") Projekte investiert und um den Konsum auf Pump anzuheizen. Am Ende einer solchen Verschuldungspolitik stehen, wie die Geschichte lehrt, nur zwei Alternativen: Hyperinflation oder Staatsbankrott.
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