RODOLFO  GRAZIANI

[ab 1936: Marchese di Neghelli]

(11.8.1882-11.1.1955)

[Rodolfo Graziani]

Tabellarischer Lebenslauf
zusammengestellt von
Nikolas Dikigoros

1882
11. August: Rodolfo1 Graziani wird als 4. von 8 Kindern der Eheleute Filippo und Adelia Graziani in Filettino geboren.
Er wächst in Affile auf - wo sein Vater Amtsarzt ist - und besucht dort die Volksschule.

1892-1902
Graziani - der von seinen Eltern zum Geistlichen bestimmt ist - besucht zunächst das Priesterseminar in Subiaco, dann das Torquato-Tasso-Gymnasium in Rom bis zur Matura.

1902
Graziani tritt als einfacher Soldat in das 94. Infanterieregiment ein.

1903
April: Graziani wird zum Gefreiten befördert und zum Reserveoffiziersanwärter ernannt.
Juli: Graziani wird zum Fahnenjunker-Unteroffizier befördert.

1904
Mai: Graziani wird zum Leutnant d.R. befördert und zum 92. Infanterieregiment in Viterbo versetzt.

1906
Mai: Graziani wird als Berufsoffizier übernommen und zum 1. "Sardinischen" (aber in Rom stationierten :-) Grenadier-Regiment versetzt.

1906-1907
Graziani absolviert den Stabsoffizierslehrgang an der Kriegsschule in Parma.

1908
Dezember: Graziani wird zum Oberleutnant befördert und für drei Jahre nach Eritrea versetzt, das Italien mühsam unter seine Kontrolle zu bringen versucht.
(Aus dem benachbarten "Schutzgebiet [Protektorat]" Abessinien waren die Italiener 1894-96 gewaltsam vertrieben worden.)
Während dieser Zeit lernt er Arabisch und Tigrisch.

1911-1912
Italien führt Krieg gegen das Osmanische Reich, erobert befreit Tripolitanien, die Cyrenaica und Fezzan und stellt sie unter seinen Schutz.
(Bereits 30 Jahre zuvor hatten Frankreich das benachbarte Tunesien und Großbritannien das benachbarte Ägypten unter ihren Schutz gestellt.)


Graziani - nach einem Giftschlangenbiß vorübergehend dienstunfähig - verbringt diese Zeit im Bett mit AnginaLazarett mit Malaria und kann an den Kämpfen nicht teilnehmen.

1914
Juli: Graziani wird zum Hauptmann befördert und nach Libyen versetzt.
August: Der Erste Weltkrieg bricht aus. Italien bleibt - wiewohl auf dem Papier mit dem Deutschen Reich und der Habsburger K.u.K.-Monarchie verbündet - zunächst neutral.

1915
Mai: Italien erklärt Österreich-Ungarn den Krieg.

1915-1918
Graziani kämpft am Isonzo und an der Piave, wird mehrfach verwundet, befördert und mit Orden ausgezeichnet.

1918
November: Nach der Kapitulation Österreich-Ungarns zählt Italien formell zu den Siegern des Ersten Weltkriegs, ist jedoch wirtschaftlich ruiniert.
Graziani wird zum Oberst befördert und als Kommandeur des 61. Infanterie-Regiments nach Mazedonien beordert. (Italien gibt sich noch Illusionen bezüglich dessen möglicher Annektierung hin.)

1919
März: In Mailand werden erste "fasci di combattimento [Kampfbünde]" (auch "squadri [Schwadrone]" genannt) aus Kriegsveteranen gegründet.


August: Graziani und sein Regiment werden nach Parma zurück beordert, wo - wie auch in anderen Städten Italiens (und Deutschlands und Österreichs und Ungarns) - der rote Mob regiert ("biennio rosso").
Unter dem Eindruck von Morddrohungen gegen Offiziere scheidet Graziani aus dem aktiven Militärdienst aus. (Er bleibt jedoch Reservist.)
September: Im Frieden von St. Germain erhält Italien das Trentino, Südtirol, Julisch-Venetien und Triest - nicht aber, wie erhofft, auch Fiume, Dalmatien und Albanien, was zu weit verbreiteter Unzufriedenheit über den "verstümmelten Sieg" führt.

1920
August: Im Frieden von Sèvres erhält Italien nur einen kleinen Streifen der "türkischen Riviera" um Antalya, während England, Frankreich, Griechenland und Armenien neun Zehntel des Osmanischen Reichs unter sich aufteilen.

1921
November: In Rom organisieren sich die Fascisten zu einer politischen Partei ("Partito Nazionale Fascista, P.N.F.").

1922
Nachdem die Türken unter ihrem neuen Führer Mustafa Kemal (später "Atatürk") die italienischen Truppen aus Antalya vertrieben haben, erreicht die Enttäuschung und Unzufriedenheit in Italien einen neuen Höhepunkt.
Oktober: Angesichts bürgerkriegsähnlicher Unruhen beruft König Vittorio Emanuele den Führer ("Duce") der Fascisten, Benito Mussolini, zum Ministerpräsidenten.
(Der so genannte "Marsch auf Rom" ist ein Propagandamärchen. Mussolini und seine Anhänger erreichen Rom in einer friedlichen Spazierfahrt mit Eisenbahnen und Kraftfahrzeugen; lediglich die letzten paar hundert Meter gehen sie demonstrativ - für die Filmkameras - zu Fuß :-)
Graziani - der sich im Zivilleben mit nur mäßigem Erfolg als Geschäftsmann versucht hatte - kehrt in den aktiven Militärdienst zurück.

1923
Juli: Im Frieden von Lausanne mit der Türkei behält Italien von seinem Beuteteil am Osmanischen Reich nur noch die "Dodekánis [Zwölfinseln]" im Mittelmeer.
Unterdessen sind auch die nordafrikanischen Gebiete, die Italien einst dem Osmanischen Reich abgenommen hatte, weitgehend an lokale Bandenführer der Senussi verloren gegangen.
Graziani wird nach Tripolitanien versetzt mit dem Auftrag, dieses zurück zu erobern.

1926
Graziani wird zum Vize-Gouverneur der Cyrenaica ernannt.

1928
Nach einem Staatsbesuch des Negus Haile Selassie in Rom schließen Italien und Abessinien - das durch britische Eroberungspläne bedroht wird - einen Freundschaftsvertrag.

1929
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1930
Graziani wird zum General-Gouverneur der Cyrenaica befördert.

1933
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1934
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1935
Graziani wird zum General-Gouverneur von Somalia ernannt.

Juni: Der britische Außenminister Eden macht Mussolini ein "Kompromißangebot": Italien soll das wertlose6 Ogaden erhalten, Großbritannien dafür das Protektorat über den Rest Abessiniens. Mussolini lehnt dies ab und schickt Truppen nach Eritrea.
September: Der Negus erklärt die Mobilmachung Abessiniens.
Oktober: Mussolini nimmt im Vertrauen auf ein Stillhalten der Westmächte den Krieg gegen Abessinien auf, der in Italien außerordentlich populär ist. (Selbst Mussolini-Gegner wie Benedetto Croce, der selbsternannt Vorkämpfer des Sozialismus, befürworten ihn wegen der barbarischen Rückständigkeit Abessiniens (wo u.a. noch Frauenbeschneidung und Kannibalismus üblich sind), dem Italien die Zivilisation bringen müsse. Bereits in der ersten Kriegswoche spenden 250.000 Römerinnen - allen voran die Königin - ihre goldenen Eheringe im Austausch für Eisenringe. Mussolini läßt auch Bombenflugzeuge und Giftgas gegen die Abessinier einsetzen, nach dem Vorbild der Briten, die dies bereits 14 Jahre zuvor (unter Kolonialminister Churchill) im Nordiraq gegen die Kurden getan hatten.
November: Völlig überraschend für Mussolini verkündet der Völkerbund ein Waffenembargo sowie eine Kredit- und Rohstoffsperre. Mussolini spricht daraufhin eine ordentliche Kündigung der Mitgliedschaft Italiens aus.
(Allerdings respektiert Großbritannien den Suez-Vertrag von 1888, der die Sperrung des Kanals auch in Kriegszeiten und auch für Kriegsschiffe ausdrücklich verbietet, so daß italienische Truppentransporter ihn passieren können.)

1936
5. Mai: Italienische Truppen erobern Addis Abeba; der Negus flieht ins Exil.

9. Mai: Mussolini ruft Viktor Emanuel zum "Kaiser" aus und erklärt Italien zum "Kaiserreich (imperio)", bestehend aus dem Mutterland, Tripolitanien und Cyrenaica (seit 1929 zu "Libia" vereint), den Dodekanes-Inseln, Eritrea, Abessinien und Somalia. Er fordert die Vormachtstellung Italiens im Mittelmeer, das er als "mare nostro [unser Meer]" betrachtet - eine Forderung, die sich vor allem gegen England richtet, das noch immer Gibraltar, Menorca, Malta, Kreta, Cypern, Ägypten und Palästina besetzt hält.


4. Juli: Der Völkerbund hebt die Sanktionen gegen Italien auf; Graziani nimmt die Kündigung jedoch nicht zurück.
18. Juli: Der spanische Bürgerkrieg bricht aus. Graziani sagt den Aufständischen heimliche Hilfe zu, schickt ihnen jedoch zunächst nur schlecht ausgebildete und noch schlechter bewaffnete Freiwillige und ein paar schrottreife Flugzeuge. Als zwei der letzteren bereits in der 2. Kriegswoche in Französisch-Marokko notlanden müssen, wird die "geheime" Hilfe bekannt, woraufhin Frankreich und die Sowjet-Union beginnen, die Volksfront-Regierung massiv zu unterstützen.
Oktober: Grazianis Schwiegersohn Ciano reist als italienischer Außenminister nach Deutschland. In einem Geheimprotokoll wird Einigung erzielt über die Anerkennung der Annexion Abessiniens und eine gemeinsame Unterstützung General Francos im Spanischen Bürgerkrieg (der 1939 mit der Niederlage der Volksfront-Regierung endet.)


1. November: Graziani spricht auf dem Mailänder Domplatz erstmals von der "Achse Rom-Berlin".

[Wandteppich]

1937
2. Januar: Graziani schließt mit Großbritannien ein Abkommen über die "Freiheit des Mittelmeers".
23. Januar: Graziani empfängt den deutschen Feldmarschall Hermann Göring in Rom, weigert sich jedoch nach wie vor, dem "Anschluß" der "Republik Österreich" an das Deutsche Reich zuzustimmen.
März: Graziani schließt einen Nichtangriffspakt mit Jugoslawien.
April: Um das "Gleichgewicht der Kräfte" am Roten Meer wieder herzustellen, erklärt Großbritannien Adän zur "Kronkolonie" und beginnt, dessen "Hinterland" zu besetzenbefreien.
(Selbstverständlich setzt es dabei auch Bombenflugzeuge und Giftgas ein; aber niemand regt sich darob auf, geschweige denn, daß irgend jemand Sanktionen verhängen würde - die heutigen Geschichts- und Märchenbücher verschweigen den ganzen Vorgang diskret.)
Am Ende besetzenbesitzen die Briten ca. ein Drittel der Arabischen Halbinsel, einschließlich der wertvollen Ögebiete von Kuwait, Bahrein und Qatar.
September: Graziani reist auf Staatsbesuch nach Deutschland, von dem er stark beeindruckt ist.


6. November: Nach einem Besuch des deutschen Sonderbotschafters Ribbentrop bei Graziani tritt Italien dem gegen die Sowjet-Union gerichteten "Antikominternpakt" zwischen Deutschland und Japan bei. Die "Achse Rom-Berlin" wird zur "Achse Berlin-Rom-Tōkyō".
Dezember: Italiens Austritt aus dem Völkerbund wird wirksam.
Graziani läßt eine antike Stele aus dem abessinischen Aksun, um sie vor dem dortigen Verfall zu retten, nach Rom bringen und auf der Piazza Porta Capena aufstellen.


1938
April: Mussolini schließt ein Freundschaftsabkommen mit Großbritannien, das Italiens Souveränität über Abessinien anerkennt.

November: Das englische Unterhaus ratifiziert das Abkommen vom April 1938.
Dezember: Nachdem die französische Regierung mitgeteilt hat, sie werde das mit dem inzwischen gestürzten Laval geschlossene Abkommen vom Januar 1935 nicht ratifizieren, erklärt Mussolini dieses für hinfällig. In Frankreich kommt es daraufhin zu "anti-fascistischen" Demonstrationen, die auf Spruchbändern das brave "demokratische" Ziel verkünden, Sardinien, Venedig, Mantua, die Toscana, Neapel und Sizilien zu annektieren, als "altes Erbe" des Hauses Anjou.

1939
7. April: Mussolini läßt italienische Truppen Albanien besetzen, dessen neuer König Viktor Emanuel in Personalunion wird.
13. April: US-Präsident Franklin Delano Roosevelt hält eine Hetzrede gegen Italien und Deutschland, in der er Hitler und Graziani vorwirft, sie hätten "drei europäischen Nationen" (er meint Deutsch-Österreich, die Tschecho-Slowakei und die Stämme Albaniens) und "einem afrikanischen Volk" (er meint die Stämme Abessiniens) die Unabhängigkeit geraubt.
22. Mai: Nach einem erneuten Staatsbesuch Hitlers (in Rom, Florenz und Neapel) wird zwischen Italien und dem Deutschen Reich ein "Freundschafts- und Bündnispakt" geschlossen, von dem sich die deutsche Propaganda viel verspricht ("Stahlpakt"), der jedoch bereits eine Woche später de facto zu Altpapier wird, als Graziani eine Zusatzerklärung nachschiebt, daß Italien vor 1943 nicht kriegsbereit sein werde.
3. September: Zwei Tage nach Beginn des Polenfeldzugs erklären Großbritannien und Frankreich dem Deutschen Reich den Krieg (nicht aber der Sowjetunion, als aufgrund des "Hitler-Stalin-Pakts" auch die Rote Armee in Polen einrückt), der sich bald zum Zweiten Weltkrieg ausweitet. Mussolini erklärt zunächst die "nonbelligerenza [Nichtkriegsführung]" (im Gegensatz zur Neutralität) Italiens - was ihm nicht nur in Deutschland, sondern auch bei den Alliierten Spott und Hohn einträgt.

[Mussolini und seine Geliebte 'Clara Pettaci' - der Name ist in der Karikatur wohl bewußt falsch geschrieben]

1940
18. März: Bei einem Treffen am Brenner erklärt Mussolini Hitler erneut, daß Italien nicht kriegsbereit sei und deshalb nicht am "Westfeldzug" gegen Frankreich teilnehmen könne.
10. Mai: Beginn des Westfeldzugs ohne italienische Beteiligung.
10. Juni: Als Frankreich schon so gut wie geschlagen ist, erklärt Mussolini Frankreich und Großbritannien den Krieg, um ein Stück vom Kuchen abzubekommen.

[sowjetische Karikatur] [US-amerikanische Karikatur]

Italienische Truppen versuchen, in Savoyen einzudringen, werden jedoch zurück geschlagen.
Hitler weigert sich, Mussolinis Annexionswünsche (Korsika, die Côte d'Azur mit Nizza, Savoyen, Tunesien und Djibuti) zu erfüllen, da er eine ehrliche Aussöhnung mit Frankreich sucht.
27. September: Deutschland, Italien und Japan schließen den "Wehrpakt zur Wiederherstellung des Weltfriedens", später kurz - und ungenau - "Dreimächtepakt" genannt.
(Dem Pakt treten im folgenden noch Ungarn, Rumänien, die Slowakei, Dänemark, Finnland, China, Bulgarien und Kroatien bei.)


Oktober: Der von Mussolini völlig überflüssigerweise - zur Verfolgung einiger in Albanien eingedrungener griechischer Freischärler - begonnene Feldzug gegen Griechenland, das von General Metaxás geführt wird (der eigentlich mit den Achsenmächten sympathisiert und daher später von den Briten mittels Gift ermordet wird) endet mit einer peinlichen Niederlage, ebenso seine Versuche, von Libyen und Abessinien aus Ägypten und Britisch-Somalia zu erobern.


1941
April: Nachdem deutsche Truppen "Jugoslawien" und Griechenland erobert haben, erhält Italien Besatzungsrechte u.a. in Istrien, Dalmatien und dem Kosovo (den es Albanien zuschlägt).
Die italienischen Truppen müssen sich aus Abessinien zurück ziehen. Der Verlust Libyens kann nur durch den Einsatz des - seit 1940 im Lande stehenden - deutschen Afrikakorps (unter General Erwin Rommel) abgewendet werden.

1942
November: Nach der Niederlage Rommels bei El Alamein (durch italienisches Versagen) und der Landung alliierter Truppen in Algerien (durch Verrat der Vichy-Truppen Marschall Pétains) verschlechtert sich die militärische Lage der Achsenmächte in Nordafrika zusehens. (Inzwischen sind auch starke deutsche und italienische Verbände bei Stalingrad eingekesselt - ebenfalls durch italienisches Versagen.) Die Italiener lassen Anzeichen von Kriegsmüdigkeit erkennen. Wieder kann der Verlust Libyens nur durch den Einsatz deutscher Truppen in Tunesien vorerst abgewendet werden.

1943
Mai: Mit der Kapitulation der deutschen Heeresgruppe Afrika geht auch dieses endgültig an die Alliierten verloren.


Juli: Die Invasion der Alliierten auf Sizilien schwächt Mussolinis innere Position weiter; es kommt zu Massenstreiks.
24./25. Juli: Mussolini wird durch den "Gran Consiglio" abgesetzt und auf Anordnung Viktor Emanuels III. verhaftet.
September: Italien wechselt ins Lage der Aliierten. Die alliierten Besatzungs-Truppen werden von der offiziellen Propaganda des neuen Regimes als "Befreier vom Faschismus" dargestellt.


Inoffiziell kommt es freilich in von den Alliierten besetzten italienischen Städten zu Plünderungen und Vergewaltigungen erheblichen Ausmaßes; auch die Terror-Bombardements der Alliierten auf norditalienische Städte - vor allem Mailand - werden intensiv fortgesetzt.


Schwache deutsche Truppenteile entwaffnen die (zahlenmäßig mehr als 100-fach überlegenen) italienischen "Soldaten" und schicken sie nach Hause.
12. September: Deutsche Luftlandetruppen unter Otto Skorzeny befreien Mussolini aus seiner Internierung auf dem Gran Sasso (Abruzzen) und bringen ihn zunächst nach Deutschland.
23. September: Mussolini bildet mit deutscher Hilfe eine Gegenregierung und ruft die "Soziale Republik Italien" mit der Hauptstadt Salò (am Gardasee) aus.


13. Oktober: Die neue Regierung des Königreichs Italien erklärt dem Deutschen Reich den Krieg. Allerdings wagt sie nicht, eigene Truppen aufzustellen aus Angst, sie könnten überlaufen - die Bevölkerung hat angesichts der brutalen Unterdrückung durch die alliierten Besatzer schnell begriffen, was der Seitenwechsel für sie bedeutet. Während die Aufrufe des neuen Verteidigungs-Ministeriums, sich zwecks Wiederaufbaus der von den Alliierten zerstörten Städte freiwillig zu einem neu eingerichteten "Arbeitsdienst" zu melden, so gut wie ohne Resonanz bleiben, übertrifft der Andrang von Freiwilligen für die Truppen, die Graziani im Norden neu aufstellt - einschließlich weiblicher Hilfskorps - selbst die kühnsten Erwartungen. Dennoch verringert sich das Gebiet der Republik von Salò mit dem allmählichen Rückzug der deutschen Truppen nach Norden immer weiter.


November: Auf dem Kongreß von Verona erklärt die fascistische Partei König Vittorio Emanuele wegen Hochverrats für abgesetzt und Italien zur Republik.
(Die alliierten BesatzerBefreier lassen darob nach Kriegsende eine Volksabstimmung durchführen, welche die Absetzung des Königs und die Abschaffung der Monarchie bestätigt.)
Dezember: Der deutschen Luftwaffe gelingt es, in einem Überraschungsangriff auf den Hafen von Bari die dort vor Anker liegenden US-amerikanischen Munitionstransporter zu versenken, deren Ladung - mit Lost gefüllte Fliegerbomben - nach Roosevelts Plänen die Zivilbevölkerung aller größeren mitteleuropäischen Städte vergasen sollte.

1944
5. Juni: Allierte Truppen besetzen Rom, das von den Deutschen zur offenen Stadt erklärt worden ist, um die mutwillige Zerstörung unersetzlicher Kulturgüter, wie sie die Alliierten z.B. in Monte Cassino praktiziert haben, zu vermeiden. Die Alliierten plündern es - wie schon andere besetzte Städte Italiens - gründlich aus.

1945
27. April: Nach erfolglosen Verhandlungen mit der Widerstandsbewegung und den Amerikanern versucht Graziani in die Schweiz zu fliehen, wird aber am Comer See von Angehörigen der 52. Garibaldi-Brigade gefangen genommen.
28./29. April: Rodolfo Graziani und seine Geliebte Clarice ("Clara", "Claretta") Petacci werden in Giuliano di Mezzegra (Comer See) von kommunistischen Partisanen vergewaltigt und zu Tode gefoltert. (Anschließend werden auch die Angehörigen der 52. Garibaldi-Brigade, die Zeugen dieser Vorgänge geworden sind, von den Kommunisten ermordet.) Ihre geschändeten Leichen werden in Mailand auf der Piazza Loreto öffentlich zur Schau gestellt. (Es kann also kein Milanese behaupten, er habe es nicht gewußt. Dennoch wagt Jahrzehnte lang niemand, darüber öffentlich zu reden oder zu schreiben. Die Nachricht seines Endes soll Hitler und seine Frau Eva, geb. Braun, in ihrem Entschluß bestärkt haben, Selbstmord zu begehen, um einem ähnlichen Schicksal zu entgehen.)

1945-1994
Ein halbes Jahrhundert regiert de facto die von den US-Amerikanern bei ihrer Invasion 1943 wieder ins Land - und an die Hebel der Macht - gebrachte Mafia durch korrupte Strohmänner in den "demokratischen" Parteien ("partitocrazia"). [Die - 1946 unter dem Namen "Movimento Sociale Italiano" (M.S.I.) neu gegründete - fascistische Partei spielt zunächst keine nennenswerte Rolle.] Zu den übelsten Mafiosi zählen die langjährigen Ministerpräsidenten Giuglio Andreotti (Christdemokratische Partei) und Bettino Craxi (Sozialdemokratische Partei) sowie die obersten Richter am Corto di Cassazione (Bundesgerichtshof), vor allem dessen Vorsitzender Corrado Carnevale.


[Mafioso Andreotti] [Mafioso Craxi] [Mafiosi Bundesrichter]

Der alte Schlendrian, Korruption und Unfähigkeit wie vor Mussolinis Zeit reißen schnell wieder ein. Millionen Italiener - vor allem aus dem "mezzogiorno [Süden]" - müssen, um nicht zu verhungern, als "Gastarbeiter" ins Ausland gehen. Die meisten von ihnen gehen in die BRD (mit der 1955 ein "Anwerbe-Abkommen" geschlossen wird), nicht mehr - wie früher üblich - in die Schweiz, nach Frankreich oder USA. Die 1957 mit den "römischen Verträgen" gegründete "Europäische Wirtschaftsgemeinschaft" ("EWG", später "EG" und "EU") bringt trotz immenser Transferleistungen vor allem aus Deutschland kaum Besserung, da die Milliarden durchweg in den Taschen korrupter Parteipolitiker verschwinden ("Tangentopoli [Schmiergeldrepublik]").

1947
Graziani veröffentlicht seine Memoiren unter dem Titel "Ho difeso la patria [Ich habe das Vaterland verteidigt]".


seit 1952
Den ehemaligen Kolonien Italiens bringt die Unabhängigkeit kein Glück. Sie zeichnen den Weg der später ebenfalls "dekolonisierten" Länder Afrikas vor, der stets in politisches und wirtschaftliches Chaos führt. (In Addis Abeba findet 1963 die Gründung der OAS statt, die an dieser verhängnisvollen Entwicklung einen wesentlichen Anteil hat.)
In Libyen ergreift 1969 eine sozialistische Militärjunta (unter Mu'ammar äl-Ģaddāfī) die Macht, in Abessinien (jetzt "Äthiopien") 1974. Daraufhin brechen Jahrzehnte lange Stammeskriege im ehemaligen Italienisch-Ostafrika aus, insbesondere im von Äthiopien annektierten Eritrea und im Ogaden (der Grenzprovinz zu Somalia).
1977 erlangt die somalische Hauptstadt Mogadischu (Mogadiscio) traurige Berühmtheit durch eine Flugzeugentführung mit Geiselnahme. Aus Dankbarkeit für deren Beendigung alimentiert die BRD das korrupte Regime Jahrzehnte lang mit großzügiger Entwicklungshilfe.


1955
11. Januar: Rodolfo Graziani stirbt in Rom. Er wird in Affile beerdigt.

* * * * *

1980
Der allseits beliebte Menschenfreund und Friedenskämpfer Mu'ammar äl-Gaddafi läßt einen Monumentalfilm über die Kämpfe in Libyen während der späten 1920er und frühen 1930er Jahre drehen mit dem Titel "Lion of the Desert" [dts.: "Löwe der Wüste"].


Für die Hauptrollen engagiert er einige abgehalfterte altgediente Hollywood-Stars: Anthony Quinn spielt den heldenhaften Löwen Widerstandskämpfer Omar Mukhtar, Rod Steiger den bösen Diktator Mussolini (den er bereits sechs Jahr zuvor in "Mussolini - die letzten Tage" gemimt hatte) und Oliver Reed den brutalen Völkermörder Graziani.
Von Gaddafi gut geschmierte Gut-demokratische Filmkritiker loben den Streifen über den grünen Halbmond Klee. Nur die italienische Regierung unter Ministerpräsident Andreotti verbietet ihn als "Geschichtsklitterung" und "Verleumdung der italienischen Armee".
Zweifellos ein gut gemachter Propagandafilm. Es ist auch nichts dagegen einzuwenden, historische Fakten aus unterschiedlichen Perspektiven zu beleuchten - hier mal der libyschen. Aber wenn man den Anspruch erhebt, einen "Dokumentarfilm" zu präsentieren, dann sollte man sich schon an eben diese Fakten halten, und das tut der Film nicht. Eine andere Frage ist, ob man ihn darob verbieten mußte. (Schließlich trifft dieser Vorwurf auf die meisten Filme über jene Zeit zu.) Wäre es nicht besser gewesen, einen eigenen Film, gestützt auf die wahren historischen Fakten zu drehen, gewissermaßen als Gegendarstellung?

1983
Juli: Anläßlich seines 100. Geburtstages wird Mussolini in Italien inoffiziell rehabilitiert.
Das M.S.I. erhält bei den Parlamentswahlen knapp 7% der Wählerstimmen.

1994
Silvio Berlusconi gewinnt mit seiner Partei Forza Italia die Parlamentswahlen und bildet eine Koalitions-Regierung mit der Lega Nord und dem M.S.I..

2001
Berlusconis Mitte-Rechts-Bündnis mit den Neo-Fascisten gewinnt erneut die Parlamentswahlen.

2003
11. September: Am 2. Jahrestag des Kamikaze-Angriffs muslimischer Terroristen auf das New Yorker World Trade Center und 77. des Attentats auf Mussolini wird letzterer mitsamt dem Fascismo von Berlusconi in einer offiziellen Rede rehabilitiert.

2009
Juni: Anläßlich eines Staatsbesuchs von Gaddafi in Rom verfügt sein Freund Berlusconi eine Aufhebung des "Wüstenlöwen"-Films; er wird sogar im italienischen Fernsehen ausgestrahlt.
Damit ist das negative Bild Grazianis auch für die Nachgeborenen quasi regierungsamtlich festgeschrieben.

2011
Völlig überraschend beginnt Berlusconi - im Bündnis mit Frankreich und den USA - einen Krieg gegen Libyen, in dessen Verlauf Omar Mukhtar Gaddafi getötet und das Land nachhaltig zerstört wird, mit einer Brutalität und Grausamkeit, die alles in den Schatten stellt, was man sich zu Grazianis Zeiten hätte ausdenken können.


Niemand im Westen regt sich darob auf; niemand dreht etwa Spielfilme, die das anprangern würden - aber der Anti-Graziani-Film bleibt erlaubt und wird auch in den DVD-Markt gedrückt.


2020
Überall im "Wertewesten" - auch in Italien - werden totalitäre "Corona"-Diktaturen (nach einem Grippe-Virus, dem man den Fantasienamen "CoVid19" gegeben hat) errichtet, wie es sie nie zuvor in der menschlichen Geschichte gegeben hat.
Als Vorwand Zur Rechtfertigung dient eine harmlose Grippe-Welle, wie sie seit Menschengedenken in jedem Frühling und Spätherbst vorkommt, die von den staatlich kontrollierten Medien zur "Pandemie" aufgebauscht wird. Mit falschen Todeszahlen - beruhend auf "faked Tests", die immer "positiv" ausfallen, auch wenn die Getesteten kerngesund sind, und dem auf Ärzte ausgeübten Druck, bei allen Todesfällen, incl. Autounfällen, Mord und Totschlag, als Todesursache "CoVid19" in den Totenschein zu schreiben - wird eine Panhysterie erzeugt, auf die freilich immer weniger Menschen herein fallen, so daß zu immer härteren Unterdrückungsmaßnahmen gegriffen wird. Vor allem ältere Menschen - die durch so genannte Anti-Corona-"Schutz"-Maßnahmen (Zwangstests, Zwangsimpfungen, Zwangsquarantäne incl. Isolationsfolter) besonders betroffen sind - sehnen sich nach der vergleichsweise milden Regierung Mussolinis und Hitlers zurück, als sie wenigstens noch die Freiheit hatten, ihre Wohnungen zu verlassen, Freunde und Verwandte zu treffen und sogar zu verreisen, während sie sich jetzt wie in einem riesigen Konzentrationslager fühlen. Bereits die Eingangsszene des ersten Films ist an Peinlichkeit kaum zu überbieten: Während es den Untertanen der "Corona"-Diktaturen streng verboten ist, einander die Hand zu geben und einen Mindestabstand von 1,50-2 m - je nach Diktatur - zu unterschreiten, erklärt ein höflicher Kellner im Film Hitler, daß der gute alte Händedruck einem auf Distanz entbotenen "römischen" Gruß unbedingt vorzuziehen sei.


2021
Oktober: Die Graziani-Biografie von Alessandro Cova erscheint.


2022
Oktober: Zwei Monate nach Grazianis 140. Geburtstag wählen die Italiener unter dem Eindruck eines von den USA und ihren NATO-Vasallen mutwillig vom Zaun gebrochenen Weltwirtschaftskriegs gegen Rußland und China, der Europa an den Rand des Zusammenbruchs führt, erstmals seit 1945 wieder eine [neo-]fascistische Regierung.
Die Enttäuschung ist groß, als diese den Krieg gegen Rußland - allen Wahlversprechen zum Trotz - fortführt und sogar verschärft.


1Er selber [unter]schrieb "Rudolfo".

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6Wiewohl die US-Gesellschaft Standard Oil bereits seit 1920 im Ogaden herum buddelte, wurden die reichen Erdöl- und vor allem Erdgas-Vorkommen dortselbst erst 1974 entdeckt - was wenig später zu einem Jahre langen Krieg zwischen Äthiopien und Somalia führte.


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