Heihachirō Tōgō

(1848 - 1934)

[Heihachirō Tōgō]

Tabellarischer Lebenslauf
zusammengestellt von
Nikolas Dikigoros

1848
27. Januar: Nakagoro Tōgō wird in Kagoshima als 3. Sohn des Samurai Kichizaemon Tōgō und dessen Ehefrau Masuko, geb. Hōri, geboren.
Sein Vater ist Lehensmann des Daimyō Shimazu (dessen Lehen Satsuma, Ōsumi, Morokata und die Nansei-Inseln - die heutige Präfektur Kagoshima - umfaßt) und Lehensherr von Kajiya-chō.

1854
Die US-Flotte erzwingt gewaltsam die Öffnung Japans, das sich bis dahin weitestgehend* von der Außenwelt abgeschottet hatte - der schwerste außenpolitische Fehler der USA im 19. Jahrhundert.

1861
27. Januar: Tōgō nimmt den Vornamen Heihachirō an.
(Bis ins 20. Jahrhundert war es in den meisten asiatischen Ländern üblich, den Vornamen - der im Gegensatz zu westlichen Vornamen in der Regel eine konkrete Bedeutung hat - mehrmals zu ändern, je nach Lebensumständen.)

1863
August: Die britische Flotte schießt unter nichtigem Vorwand Kagoshima zusammen.
(Ein Chinese mit britischem Paß hatte sich auf einer Landstraße mit einer Gruppe Samurai über die Vorfahrt gestritten und war von letzteren einen Kopf kürzer gemacht worden :-)
Tōgō erlebt seine Feuertaufe als Hilfskanonier einer Küstenbatterie.

1866
Tōgō und seine älteren Brüder treten als Kadetten in die neu gegründete Kriegsmarine von Satsuma ein.

1867-69
Zusammenbruch des Shōgunats, Etablierung des Kaiserreichs unter Mutsuhito, Beginn der Meiji-Ära. Tōgō nimmt auf der richtigen Seite an den Kämpfen teil und wird

1870
als Kadett in die neue kaiserliche Marine übernommen.

1871
Der Ständestaat wird abgeschafft, das Lehenswesen durch einen zentralisierten Beamtenapparat ersetzt.
Tōgō wird als Fähnrich zur Ausbildung bei der britischen Royal Navy abkommandiert.


1875
Tōgō absolviert auf H.M.S. Hampshire (kein Kriegs-, sondern ein Handelsschiff, das hauptsächlich zwischen England und Australien verkehrt) eine "Weltumseglung" durch das britische Empire.**

[Raubstaat England]

1877
Während Tōgō sich noch in England aufhält, bricht mit der "Satsuma-Rebellion" der letzte Aufstand der alten Samurai gegen das neue Kaiserreich aus und zusammen. Seine Brüder - die auf der falschen Seite kämpfen - werden getötet.
Als Gaijin steht es Dikigoros nicht zu, dieses Ereignis zu bewerten. Aber er kennt kannte Japaner, die die Meiji-"Restauration" (die keine war, sondern ein Putsch unter Verdrehung offenkundiger historischer Fakten) als die große Tragödie der modernen japanischen Geschichte ansahen und die überdies der Meinung waren - deshalb erwähnt Dikigoros das hier -, daß Tōgō das im Grunde seines Herzens genauso sah.


1878
Tōgō kehrt nach Japan zurück, wird im
Juli zum Leutnant und im
Dezember zum Oberleutnant zur See befördert.

1879
Dezember: Tōgō wird zum Kapitänleutnant*** befördert und 1. Offizier auf der Korvette Amagi .


1882
Tōgō heiratet Tetsu Kaeda. (Aus der Ehe gehen zwei Söhne hervor.)


1884
Ausbruch des Französisch-chinesischen Kriegs.

1885
Tōgō wird zum Korvettenkapitän*** befördert und Kommandant der Amagi, um den Krieg als "neutraler Beobachter" zu verfolgen. (Die Amagi wurde unter Leitung französischer Ingenieure in Japan gebaut.) Frankreich erobert Tonkin und Annam (Nord- und Mittel-Vietnam) und verleibt sie seinem Kolonialreich "Indochina" ein.


1886
Juli: Tōgō wird zum Kapitän zur See befördert.

1891
November: Tōgō wird Kommandant des Panzerkreuzers Naniwa.


Als solcher bewährt er sich im

1894-95
Chinesisch-japanischen Krieg.
(Dikigoros kann dessen Verlauf hier nicht nachzeichnen - auch nicht die Seeschlachten. Er kann sich nur über die politische und militärische Inkompetenz wundern, mit der die Chinesen ihn führten und den Japanern so den Sieg sehr leicht machten.)


1895
Februar: Tōgō wird zum Konter-Admiral befördert.
April: Im Frieden von Akamagaseki (ab 1902: "Shimonoseki") gewinnt Japan Formosa (Taiwan) und die Pescadores-Inseln; Korea wird "unabhängig" - unter russischem "Protektorat".


Der Gaijin am linken Bildrand ist der amerikanische Sondergesandte John Foster;
die USA mischten sich also damals schon in die chinesischen Angelegenheiten ein.

Japan ist vom Ausgang des Krieges unbefriedigt. (Hauptnutznießer ist Rußland, das keinen Schuß abzufeuern, sondern nur ein wenig mit dem Säbel zu rasseln brauchte.) Es beginnt mit einem massiven Flottenausbau.

1896
Tōgō wird Leiter der Kriegsmarine-Akademie in Tōkyō.

1898
Mai: Tōgō wird zum Vize-Admiral befördert.

1899-1902
"Boxeraufstand".
Tōgō befehligt die japanische Blockade-Patrouillen-Flottille vor der Küste Chinas.

1901
Oktober: Tōgō wird Kommandeur des Kriegsmarinebezirks Maizuru.

1902
Japan verbündet sich mit Großbritannien gegen den russischen Bären Kraken.


1903
Oktober: Tōgō wird zum Oberbefehlshaber der japanischen Flotte ernannt.


1904-05
Russisch-Japanischer Krieg um Korea und die Mandschurei.


Man beachte, wie der deutsche Karikaturist die Verbündeten der Kriegsparteien ein-
schätzt: England hält Japan den Rücken frei; dagegen beschränkt sich Frankreichs
Hilfe darauf, dem russischen Bären ein nutzloses Képi an den Schwanz zu hängen.

1904
08./09. Februar: In einem nächtlichen Überraschungsangriff ohne Kriegserklärung gelingt Tōgō die Vernichtung der russischen Ostasien-Flotte im Hafen von Pt. Arthur.****
Juni: Tōgō wird zum Admiral befördert.


1905
Mai: In der Seeschlacht vor Tsushima vernichtet Tōgō die um die halbe Welt heran geführte russische Ostsee-Flotte. Der - weit überschätzte***** - Sieg macht ihn zum Nationalhelden.


Juni: Rußland verzichtet wohlweislich darauf, auch noch die Schwarzmeer-Flotte zu verheizen heran zu führen, auf deren Flaggschiff, dem Panzerkreuzer Potjomkin, gerade eine Meuterei ausgebrochen ist.
September: Im Frieden von Portsmouth verhindern die USA (unter Präsident Theodore Roosevelt) und das Deutsche Reich - dessen Kaiser Wilhelm II seinem Vetter, dem russischen Tsaren Nikolaj II, etwas Gutes tun will****** -, daß Japan mehr erhält als den Süden der damals so gut wie wertlosen - die Bodenschätze sind noch nicht entdeckt - Halbinsel Sachalin ("Karafuto") und das Protektorat über Korea.
(Dafür hat Japan eine sechsstellige Anzahl von Gefallenen zu beklagen - mehr als in allen seinen bisherigen Kriegen zusammen. Außerdem kann es vom bankrotten Rußland - anders als 10 Jahre zuvor von China - nichtmal Reparationen erlangen, um seine gewaltigen Kriegskosten auszugleichen. Der erste "moderne" Krieg des 20. Jahrhunderts ist zugleich der erste, der keinen echten Sieger, sondern nur Verlierer hat.)


1907
Japan - vom deutschen Verhalten schwer enttäuscht - schließt, ebenso wie sein Verbündter Großbritannien, eine "entente cordiale" mit Rußland; die Fronten für den herauf ziehenden Ersten Weltkrieg zeichnen sich ab.
September: Tōgō wird zum Grafen ernannt.

1910
Japan annektiert Korea.

1911
Tōgō reist nach England und nimmt als Vertreter Japans an den Krönungsfeierlichkeiten für King George V. teil.

1913
Tōgō wird zum Großadmiral ernannt.*******

1914
Tōgō wird zum Haus-Hof-Lehrer des Kronprinzen - des späteren Kaisers Hirohito - bestellt (bis 1924).

1914-18
Im Ersten Weltkrieg gewinnt Japan die deutschen Kolonien in China (Kiautschou) und im Pazifik (Deutsch-Ozeanien).

1934
29. Mai: Tōgō wird auf dem Sterbebett zum Marquis ernannt.
30. Mai: Heihachirō Tōgō stirbt in Tōkyō an Kehlkopfkrebs. Er erhält ein Staatsbegräbnis.

1940
Tōgō wird ein Kami-Schrein in Tōkyō errichtet; er steigt damit in den Rang einer Gottheit auf.


(Dies ist das einzige, leider nicht besonders gut erhaltene Foto des Original-jinja, der 1945 durch alliierte Terror-Bombardements zerstört wurde. Was man heute sieht, ist ein - nicht identischer - Nachbau aus dem Jahre 1969.)


*Ausnahmen waren nur die zwei kleinen künstlichen "Export-Inseln [De-shima]" in der Bucht südlich von Nagasaki für den Außenhandel mit China (linker Bildrand) und den Niederlanden (Bildmitte).

**Der Schriftzug auf dem Bild - "Tōgō" in Kanji - ist keine Signatur. (Sonst hätte Dikigoros sie, wie er das sonst auf seinen biografischen Webseiten zu tun pflegt, oben als 2. Bild eingefügt.) Japaner sind der Meinung, daß sich persönliche Unterschriften allzu leicht fälschen lassen; daher unterschreiben sie nicht, sondern benutzen - auch und gerade im Rechtsverkehr - einen Namensstempel, den sie immer mit sich tragen und den niemand nachmachen kann, da die Stempel amtlich registrierte Unikate sind. Einen Abdruck von Tōgōs Namensstempel hat Dikigoros nicht gefunden; für etwaige Hinweise wäre er dankbar.

***Die Rangliste der japanischen Marine ist kürzer als die der deutschen. Was Dikigoros hier als "Kapitänleutnant" übersetzt hat, könnte man auch als "Korvettenkapitän" übersetzen; und was er als "Korvettenkapitän" übersetzt hat, als "Fregattenkapitän".

****So Jahrzehnte lang die offizielle japanische Geschichtsschreibung. Da dies eine Seite über Admiral Tōgō ist und es der japanischen Propaganda gelang, dieses Märchen bis an dessen Lebensende aufrecht zu erhalten, spart sich Dikigoros die triste Wahrheit für diese Fußnote auf.
Die Geschichte erinnert ihn stark an das "Heldenstück" des deutschen U-Boot-Kommandanten Günther Prien, der im Oktober 1939 in den schottischen Kriegshafen Scapa Flow eindrang, um dort die Royal Navy zu vernichten. Ihm gelang immerhin die Versenkung eines feindlichen Kriegsschiffs, obwohl er nur ein U-Boot zur Verfügung hatte und nur einen Angriff fahren konnte, und obwohl die Briten zu Beginn des Krieges vorsorglich alle lohnenden Ziele anderswo "geparkt" hatten. Dagegen konnte Tōgō Port Arthur mitten im Frieden (die Hälfte der russischen Besatzungen befand sich auf Zechtour in der Stadt, die andere Hälfte schlief nichts ahnend an Bord vor sich hin) in zwei Angriffswellen mit 15 Zerstörern und 20 Torpedo-Booten angreifen; und ihm lagen genaue Pläne der Hafenanlagen vor, die ihm der jüdische Verräter brave britische Spion Schlomo Rosenblum ("Sydney Reilly") besorgt hatte. Dennoch schaffte er es, kein einziges feindliches Schiff zu versenken und selber mehrere Schiffe zu verlieren, die entweder den - inzwischen aufgewachten - Russen ins Abwehrfeuer oder aber auf vor dem Hafen ausgelegte Mienen liefen. Kurzum, es war das größte Versagen der japanischen Kriegsmarine bis zum versaubeutelten Angriff auf Pearl Harbor im Dezember 1941, durch den sie den Pazifikkrieg schon am ersten Tag verlor. (Aber das ist eine andere Geschichte) Wie war das - Dikigoros meint den Propagandaerfolg - möglich? Nun, anderes als im Fall Prien - nach dessen Angriff die Royal Navy ja immer noch verhanden war, was sich schlecht verheimlichen ließ - wurde die russische Flotte von Port Arthur später tatsächlich vernichtet; wann genau konnte in Japan niemand nachprüfen, also konnte das Propaganda-Ministerium den leichtgläubigen Untertanen sein Erfolgsmärchen problemlos unterjubeln.

*****Für den Kriegsausgang war die Schlacht vor Tshushima völlig unerheblich, da Pt. Arthur inzwischen schon gefallen war. Auch militärisch war sie keine besondere Heldentat. Die russischen Seestreitkräfte waren zwar bis zum Kriegsausbruch die zweitgrößten der Welt (nach denen Großbritanniens); die Größe sagte aber nicht viel über die Stärke aus - viele [ver]alt[tet]e Schiffe der Ostseeflotte waren eigentlich schon eingemottet außer Dienst gestellt worden und der Kampfführung eher hinderlich als förderlich.

******Dies geschah gegen den ausdrücklichen Rat des deutschen Generalstabs, der auf einen Präventivkrieg gegen das mit Rußland verbündete Frankreich drängte. Dadurch, daß Wilhelm diesen militärisch und diplomatisch außergewöhnlich günstigen Moment verstreichen ließ, verpaßte er die letzte Gelegenheit, einem Weltkrieg zuvor zu kommen, der für Deutschland 1914 nicht mehr zu gewinnen war.

*******Dikigoros schreibt bewußt "ernannt", nicht "befördert", denn ähnlich wie beim deutschen "Großadmiral" bzw. "Feldmarschall" handelte es sich nicht um einen Rang, sondern um einen Ehrentitel.


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