Konstantínos Karamanlís
(8.3.1907 - 23.4.1998)
Tabellarischer Lebenslauf
zusammengestellt von
Nikolas Dikigoros
- 1907
- 08. März: Konstantínos Karamanlís wird als ältestes von 7 Kindern des Lehrers Georgios Karamanlís in Küpköy geboren.
- (Ost-Makedonien gehört noch zum
Osmanischen Reich.
Dennoch erhalten alle Geschwister klangvolle Namen aus Geschichte und/oder Mythologie, wie "Achilleus", "Antigone" und "Athene" :-)
- 1912-13
- In den Balkankriegen nimmt Griechenland dem Osmanischen Reich Ost-Makedonien ab; Küpköy wird in "Próti" umbenannt.
- (Dagegen verzichten die K. darauf, ihren Familiennamen etwa in "Mavrosmanolis" zu ändern.)
- 1914-1918
- Im
Ersten Weltkrieg
gewinnt Griechenland West- und Ost-Thrakien sowie Smyrna (mit Hinterland).
- 1919-1922
- Griechische Truppen versuchen erfolglos, auch den Rest Kleinasiens von den Türken zurück zu erobern. Die Niederlage führt nicht nur zum Verlust aller Kriegsgewinne (mit Ausnahme des zuvor bulgarischen West-Thrakiens), sondern auch zur Vertreibung von Millionen Griechen aus der Türkei, die
- 1923
- im Vertrag von Lausanne sanktioniert wird. Damit endet eine fast dreitausendjährige Siedlungsgeschichte.
- Nach Besuch der Volksschule in Próti und der Mittelschule in Sérres wechelt Karamanlís an die Oberschule in Athen.
- 1924
- März: In Griechenland wird erstmals die "Republik" ausgerufen.
- 1925-29
- Karamanlís studiert in Athen Rechtswissenschaften.
- 1930-1935
- Karamanlís praktiziert in einer Anwaltskanzlei in Sérres.*
- Unterdessen versinkt das durch den Krieg gegen die Türkei und die anschließenden Revolutionswirren völlig ruinierte Griechenland im politischen, sozialen und wirtschaftlichen Chaos. In rascher Folge wechseln Monarchie und Republik, danken Könige und Premierminister ab und kehren zurück, liefern sich Royalisten und Republikaner bürgerkriegsähnliche Auseinandersetzungen.
- Karamanlís beschließt, Politiker zu werden; er tritt der "Laïkó Kómma [Völkischen Partei]" bei.
- 1936
- Januar: Karamanlís gewinnt den Wahlkreis Sérres - einer der wenigen Lichtblicke für die LK, die 183 ihrer bis dahin 255 Abgeordnetenmandate verliert.
- April: General a.D.
Ioánnis Metaxás (1871-1941)
wird Premierminister.
- 1936-1941
- Griechenland beginnt sich langsam zu stabilisieren. Karamanlís praktiziert weiter als Anwalt.
- 1941-1944
- Großbritannien überfällt Griechenland ohne Kriegserklärung. Metaxás wird von einem britischen Agenten ermordet; alle wichtigen Häfen und Flugplätze werden von britischen Truppen besetzt.
- Vorübergehend gelingt es der Wehrmacht, die britischen Besatzer zu vertreiben. Dabei kommt es praktisch zu keinerlei Zerstörungen - außer durch die britischen Truppen, die bei ihrem Abzug nach dem Prinzip "Scorched Earth [Verbrannte Erde]" verfahren, und durch einige Partisanen, die Terroranschläge begehen. Griechenland erlebt eine Zeit relativer Ruhe und Beschaulichkeit. Es wird von Deutschland mit Devisen und Lebensmittel-Lieferungen unterstützt. [Die später von gewissen Geschichtsklitterern behauptete "Ausplünderung" durch die Deutschen findet nicht statt - schon weil es in Griechenland nichts zu plündern gibt.]
- 1944-49
- Nachdem die Wehrmacht Griechenland geräumt hat, kommt es zum Bürgerkrieg zwischen Royalisten und Kommunisten, die von Großbritannien bzw. der Sowjet-Union mit Waffen und Munition versorgt werden. Die (sechsstellige) Zahl der Todesopfer ist höher als in beiden Balkankriegen und beiden Weltkriegen zusammen; Griechenland wird weitgehend zerstört.
- 1946
- März: Karamanlís geht erneut in die Politik und wird für die "Völkische Partei" ins Parlament gewählt.
- 1947
- Karamanlís wird Arbeitsminister im Kabinett Tsaldáris.
- 1948
- Karamanlís wird erst Verkehrsminister, dann Minister für soziale Angelegenheiten.
- 1950
- Karamanlís wird Verteidigungsminister.
- (Wie in vielen anderen Partei-"Demokratien" auch, werden Kabinettsposten in Griechenland ausschließlich nach "Pöstchenschieberei" vergeben, nicht etwa nach Fachkompetenz. So wird Karamanlís nie Justizminister. Als Verteidigungsminister eignet sich ein Ungedienter besonders gut :-)
- 1951
- Karamanlís wechselt von der "Völkischen Partei" zum neu gegründeten "Ellinikós Synagermós" [Griechischen Sammelruf - letzteres fälschlich oft nur als "Sammlung" übersetzt; aber "Synagermós ist ursprünglich der Alarmruf, der die Leute bei Bränden o.a. Unglücksfällen zusammen ruft] von Feldmarschall a.D. Aléxandros Papágos, dem ehemaligen Kriegsminister unter Metaxás und Sieger im Bürgerkrieg.
- Karamanlís heiratet die 22-jährige Amalía Kanellopoulou. (Die Ehe bleibt kinderlos und wird 1972 geschieden.)
- 1952
- November: Nach dem Wahlsieg der ES wird Karamanlís Bauminister.
- 1955
- Oktober: Nach dem Tode von Papágos wird Karamanlís Premierminister. (Er bleibt dies - mit zwei kurzen Unterbrechungen von wenigen Wochen 1958 und 1961 - bis 1963.) Er benennt den "Griechischen Sammelruf" um in "Ethniki Risospastiki Enosis [Völkische Radikale Vereinigung - ungenau auch als 'Nationalradikale Union' übersetzt]".
- 1959
- Karamanlís betreibt - entgegen dem Willen der Bevölkerung - eine Verzichtspolitik in Bezug auf die britische Kolonie Cypern.
- Februar: Im Vertrag von Zürich wird die Insel für "unabhängig" erklärt. (Die britischen Besatzungstruppen bleiben jedoch, wenngleich in reduziertem Umfang.)
- Dezember: Zum Staatspräsidenten wird Erzbischof
Makários gewählt.
- 1960
- September: Das jüdische Wochenblatt Der
Lügel Spiegel startet - gestützt auf Unterlagen des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR (MfS, im Volksmund auch "Stasi" genannt) - eine Schmierenkampagne gegen Karamanlís, der bezichtigt wird, 1941-44 mit den deutschen Besatzungsbehörden kollaboriert und sich dabei an jüdischem Eigentum bereichert zu haben.**
- 1961
- Oktober: Dennoch gewinnt die ERE die Parlamentswahlen mit absoluter Mehrheit.
- November: Der Sozialistenführer Georgios Papandreou will das Wahlergebnis wegen "Auszählungsbetrugs" nicht anerkennen und kündet öffentlich "fortgesetzten Widerstand" gegen und "Verfolgung" von Karamanlís an. Statt Papandreou wegen Antiftung zum Landfriedensbruch hinter Gitter zu bringen, versteigt sich Karamanlís zu der Behauptung, nicht auf seine Veranlassung seien die Wahlergebnisse gefälscht worden, sondern auf die des Königshauses; dies, obwohl er bis dahin als persönlicher Freund von König Paul und Königin Frederika - beide
Träger Tragende der Sonderstufe des
Großkreuzes des Bundesverdienstkreuzes - gegolten hatte.
- 1962
- November: Griechenland wird der "Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG)" assoziiert.
- 1963
- Juli: Nach schwerwiegenden Differenzen mit dem Königshaus tritt Karamanlís als Premierminister zurück und wartet die Neuwahlen vorsichtshalber im Ausland ab.
- November: Die ERE erleidet eine vernichtende Niederlage gegen Kommunisten und Sozialisten; sein Intimfeind Papandreou wird neuer Premierminister.
- Karamanlís erhält auf Fürsprache des Finanzministers
Valéry Giscard-d'Estaing
politisches Asyl in Frankreich. Er verbringt die nächsten 11 Jahre in Paris und spielt den
Martyrer.
- Unterdessen versucht Papandreou, in Griechenand eine Erbdemokratur zu errichten, indem er seinen Sohn Andréas zu seinem Stellvertreter macht und das Verteidigungsministerium - unter Entlassung führender Generäle - selber mit übernimmt.
- 1967
- April: Nachdem die politischen Zustände in Griechenland immer chaotischer geworden sind - auf den Straßen herrscht Mord und Totschlag - putschen sich einige Stabsoffiziere der Streitkräfte an die Macht, schicken die Politiker nach Hause (was wörtlich zu nehmen ist - sie erhalten Hauserrest :-) und im
- Dezember - nach einem
stümperhaften gescheiterten Gegenputsch des neuen (seit 1964) Königs Konstantínos*** - die Königsfamilie ins Exil. Danach stellen sie mit harter Hand die Ordnung im Lande wieder her.
Symbolisch: Phoenix aus der Asche - Knüppel aus dem Sack!
- 1968
- Griechenland erhält eine neue Verfassung und - nachdem die Putschoffiziere ihre Uniformen gegen Anzüge vertauscht haben - eine Zivilregierung. (Gleichwohl wird in den westlichen
Medien
und auch in deren späterer Geschichtsschreibung weiterhin von "Obristen" und "Militär-Junta" geschrieben. Vor allem Andréas Papandreou hetzt aus seinem sicheren Exil - erst in Skandinavien, dann in Nordamerika - massiv gegen die Regierung.)
- In den folgenden Jahren beginnt sich Griechenland allmählich zu stabilisieren. Nun, da das Land als sicher gilt, können griechische Gastarbeiter unbesorgt Geld nach Hause schicken; und die Zahl der ausländischen Touristen, die Devisen mitbringen und ausgeben, steigt langsam, aber stetig an.
- 1973
- Juni/Juli: Die Monarchie [Wasileion] wird abgeschafft und Griechenland - nach einer Volksabstimmung - zur Republik [Dämokratia] erklärt.
- Dagegen gerichtete Aufstände von links - durch Athener "Studenten", die eine kommunistische "Volksrepublik" anstreben - und rechts - durch königstreue "Meuterer" in der Marine - werden nieder geschlagen.
- 1974
- Juli: In einem Anfall von Größenwahn läßt die Regierung Makários durch die Nationalgarde stürzen, um Cypern Griechenland anzuschließen; die Türken reagieren mit einer Invasion der Insel.
- Als die Regierung im Hinblick auf einen allgemeinen Krieg gegen die Türkei die Generalmobilmachung befiehlt, verweigern ihr große Teile der Streitkräfte den Gehorsam.
- So wankelmütig ist "das Volk"! Zwar sind die Griechen in ihrer überwältigenden Mehrheit für die "Wieder"-Vereinigung [énosis] Cyperns mit Hellas (Dikigoros schreibt darüber
an anderer Stelle
mehr), aber dafür kämpfen - und ggf. sterben - wollen sie nicht. Was wäre wohl aus der "Wieder"-Vereinigung von BRD und DDR geworden, wenn 1989/90 die Sowjets mit dem Säbel gerasselt und die Rote Armee in der SBZ hätten stehen lassen? Und was, wenn die USA nicht mit dem Säbel gerasselt und verhindert hätten, daß Großbritannien und Frankreich - wie 1939 zur Verhinderung der Wiedervereinigung Danzigs mit dem Reich - einen neuerlichen Weltkrieg gegen Deutschland vom Zaun gebrochen hätten, wie es die Deutschenhasser
Margaret Thatcher und
François Mitterrand
bereits vereinbart hatten? (Dikigoros meint nicht, wie ein solcher Krieg ausgegangen wäre; er ist sicher, daß es der damals noch intakten NVA im Alleingang gelungen wäre, die britischen und französischen Gurkentruppen platt zu machen; und einen Einsatz von Atomwaffen hätten letztere nicht riskieren können, da die weit überlegenen, auf deutschem Boden stationierten Atomwaffen zwar in der Theorie der U.S. Army unterstehen, in der Praxis aber ohne weiteres von der Bw eingesetzt werden könnten.) Welche Truppen hätten wohl eher gemeutert? Die westlichen Schlipssoldaten oder die "Ossis", die nach Bananen und West-Autos gierten, also wußten, wofür sie kämpfen sollten?
- Der Regierung fällt nichts
Dümmeres Besseres ein, als Karamanlís aus seinem Pariser Exil zurück zu rufen und ihn erneut zum Ministerpräsidenten zu machen.
- August: Karamanlís entzieht - nach französischem Vorbild - die griechischen Truppen dem Oberbefehl der NATO mit der Begründung, diese habe die türkische Invasion Cyperns nicht verhindert.****
- Oktober: Karamanlís gründet die neue Partei "Néa Dimokratía [Neue Demokratie]".
- November: Die ND gewinnt die Parlamentswahlen; Karamanlís bleibt Premierminister.
- Papandreou jun. ist zwar aus dem Exil zurück gekehrt; aber seine Panhellenische Sozialistische Koalitionsbewegung erhält kaum mehr als 10% der Stimmen.
- Dezember: Karamanlís läßt erneut eine Volksabstimmung über die Abschaffung der Monarchie durchführen, deren Ergebnis diesmal noch deutlicher ausfällt.*****
- 1975
- Karamanlís macht den Ex-Obristen den Schauprozeß (der im Staatsfernsehen übertragen wird) und läßt sie zum Tode verurteilen. Anschließend begnadigt er sie großzügig zu lebenslängiglichem Zuchthaus (das keiner von ihnen mehr lebend verläßt.)
- 1976
- April: Karamanlís entscheidet den seit Jahrhunderten schwelenden Sprachenstreit zwischen der "reinen Sprache [Katharévousa]" und der "Volkssprache [Dimotikí]" zugunsten der letzteren.******
- 1977
- Nach neuerlichem Wahlsieg der ND bleibt Karamanlís Premierminister. Er wandelt sich mehr und mehr zum Sozialisten, führt Zwangsverstaatlichungen in großem Maßstab durch und wirtschaftet Griechenland langsam aber sicher an den Rand des Abgrunds. Gegen den Absturz scheint es bald nur noch ein Mittel zu geben:
- 1978
- Mai: Karamanlís wird der Karlspreis der Stadt Aachen verliehen,
im Vorgriff "in Würdigung seines beharrlichen Mühens um Eingliederung seines Landes in die Europäische Gemeinschaft."
- 1979
- Mai: Karamanlís handelt - mit Hilfe Giscards, der inzwischen zum Präsidenten Frankreichs avanciert ist - einen EG-Beitritt Griechenlands zum 01.01.1981 aus, trotz erheblicher, vor allem wirtschaftlicher Bedenken in allen anderen Mitgliedsstaaten.
- 1980
- Mai: Karamanlís tritt vom Posten des Premierministers zurück und läßt sich statt dessen zum Präsidenten wählen.
- Oktober: Unter seinem farblosen Nachfolger Rallis verliert die ND prompt die Parlamentswahlen gegen die PaSoK. Papandreou jun. wird Premierminister und fährt die griechische Wirtschaft vollends gegen die Wand.
- 1981
- Januar: Der EG-Beitritt Griechenlands wird wirksam. Seitdem fließen jährlich Milliardenspritzen von Brüssel nach Athen, das damit seine marode Wirtschaft zwar nicht nachhaltig sanieren, sich aber einstweilen mühsam "über Wasser halten" kann.
- 1985
- März: Karamanlís' Amtszeit als Staatspräsident endet. Jeder hofft, daß seine Politikerkarriere damit beendet ist.
- 1989
- Juni: Papandreou wird nach zahlreichen Skandalen - über die Dikigoros
an anderer Stelle
schreibt (in der Fußnote) - , als Ministerpräsident abgewählt; die ND ist wieder im Aufwind.
- 1990
- Mai: Karamanlís wird noch einmal zum Präsidenten gewählt (bis 1995).
- 1998
- 23. April: Konstantínos Karamanlís stirbt in Athen.
- Griechenland befindet sich in einem katastrophalen wirtschaftlichen Zustand, der lediglich durch
großzügige Geschenke auf Kosten der deutschen Steuerzahler "Transferleistungen" aus Brüssel notdürftig bemäntelt wird. Es gilt als der Saustall unter den "Schweinestaaten" (englisch "PIGS" - Abkürzung für "Portugal, Italien, Griechenland, Spanien" :-) und bleibt auf absehbare Zeit ein Faß eine Amphore ohne Boden.
*Daß Karamanlís 1929-1932 Militärdienst leistete, wie auf
einer halb-amtlichen deutschen Webseite behauptet wird, ist ein Märchen. Er legte sein Jura-Examen im Dezember 1929 ab und ging anschließend sofort zurück nach Sérres, wo er sich von einem befreundeten Arzt "untauglich" schreiben ließ.
**Der Vorgang - der als "Affäre Merten" in die Geschichte eingegangen ist - bleibt rätselhaft, wohl nicht nur für Dikigoros: Griechische Gerichte hatten einen gewissen Max Merten - höherer Wehrmachtsbeamter in Saloníki - 1959 zu Unrecht als "Kriegsverbrecher" verurteilt. Da er offensichtlich unschuldig war, ließ ihn Karamanlís begnadigen und nach Deutschland abschieben. Zum Dank ließ sich Merten vom MfS bzw. vom Spiegel anwerben und versuchte zunächst, Karamanlís zu erpressen; als ihm dies mißlang, ging er an die Öffentlichkeit. Offiziell kommt nie heraus, ob das Material echt oder gefälscht ist. (Und selbst wenn es heraus käme, würde Dikigoros keiner offiziellen Verlautbarung blinden Glauben schenken :-) In seinem immerhin 6-(sechs-)zeiligen Nachruf - auf Karamanlís, nicht auf Merten - 38 Jahre später erwähnt der Spiegel (18/1998) die Affäre mit keinem Wort.
***Konstantínos, als 23-jähriger auf den Thron gelangt, war ein dummer netter Junge, der sich zuvor vornehmlich dem Segelsport gewidmet hatte. (Er gewann 1960 in Rom bei den Olympischen Spielen Gold in der Drachenklasse und nannte seine nächstgeborene Tochter "Olympia" :-) Von militärischen Dingen verstand er nichts.
****Man fragt sich, was Karamanlís im Ernst erwartet hatte. Die Türkei, die im selben Jahr wie Griechenland - 1952 - der NATO beigetreten war, war während des "Kalten Krieges" der wichtigere Bündnispartner, den man wegen eines Inselchens, das kaum noch strategischen oder sonstigen Wert besaß, zunächst nicht vergrätzen wollte. Als die USA 1975 doch noch ein Waffen-Embargo gegen die Türkei verhängten, entzog diese im Gegenzug der NATO einen NADGE-Stützpunkt in Samsun am Schwarzen Meer. Erst 1980 kam es unter dem Eindruck der sowjetischen Invasion in Afģānistān zu einem halbherzigen Schulterschluß: Griechenland unterstellte seine Truppen wieder der NATO, und die Türkei überließ ihr wieder einen Stützpunkt in Samsun (von dem aus funkelektronische SpionageAufklärung gegen die UdSSR betrieben wurde).
*****Heute stellen es die meisten Geschichtsklitterer so dar, als sei die 1. Volksabstimmung von 1973 durch die böse "Militärjunta" manipuliert worden; dabei hatten sich damals nur 55% der Griechen für eine Abschaffung der Monarchie ausgesprochen. [Ihre Rechtmäßigkeit wurde im Ausland kaum in Zweifel gezogen. Als Konstantínos dennoch nicht abdanken wollte und sich weiterhin "König der Hellenen" nannte, wurde ihm das politische Asyl in Italien entzogen; er begab sich daraufhin ins Exil nach Großbritannien, wo er auf verwandtschaftliche Hilfe durch Prinzgemahl Philipp bauen konnte.] Bei der 2. Volksabstimmung von 1974, unter den braven Demokraten, wurde dagegen eine Mehrheit von 70% vermeldet, die niemand mehr in Zweifel ziehen darf will. Dabei war das Referendum offenkundig irregulär: Während seine Gegner Monate lang gegen die Monarchie und ihre vermeintlich so hohen Kosten hetzen durften, wurde Konstantínos die Einreise nach Griechenland verwehrt; er konnte also keine Propaganda in eigener Sache machen - Internet gab es noch nicht - und war somit praktisch chancenlos. Im übrigen betrieb Karamanlís die Abschaffung der Monarchie lediglich aus persönlichem Haß auf das Königshaus, nicht etwa weil er prinzipiell etwas gegen Erbmonarchien gehabt hätte. Ganz im Gegenteil: Die griechische "Demokratie" zeichnet sich - wie schon die hellenische und die römische in der Antike - dadurch aus, daß statt einer Königsfamilie mehrere Familien-Dynastien im Wechsel die Regierungsgewalt ausüben. Deren wichtigsten sind die Clans der
Venizélos,
der Papandreou und der Karamanlís. Obwohl K. keine Nachkommen hatte, erreichte er, daß sein Neffe Kóstas ihn als Parteiführer beerbte; auch zum Ministerpräsidenten sollte er es später (2004-2009) bringen. Unter dem Strich kommt das den Steuerzahler (auch und vor allem den deutschen!) viel teurer als eine Monarchie.
******Eine vernünftige Erklärung für diese Fehlentscheidung gibt es nicht. Die Militär-Regierung hatte 1967 einen geradezu salomonischen Kompromiß gefunden: An den Grundschulen sollte in "Dimotikí" unterrichtet werden, an den weiter führenden Schulen in "Katharévousa". Karamanlís' Motiv war möglicher Weise, daß alles, was die Militär-Regierung getan hatte, schlecht gewesen sein und daher abgeschafft werden mußte (ähnlich wie in der BRD alles, was im "Dritten Reich" getan wurde, schlecht gewesen sein und abgeschafft werden mußte). Dikigoros kann hier nicht näher auf den griechischen Sprachenstreit eingehen; vielleicht tut er das mal an anderer Stelle.
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