Archäologen und Überrestesucher des 19. und 20. Jahrhunderts

Archäologen und Überrestesucher
des 19. und 20. Jahrhunderts

[Machu Picchu]

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Tabellarische Lebensläufe und Kurzbiografien
zusammengestellt von Nikolas Dikigoros

In diesem Kapitel seiner Sammlung "Von der Wiege bis zur Bahre" hat Dikigoros erstmals auf das Wörtchen "... und andere..." im Titel verzichtet, denn Archäologen suchen ihre Reste ja nicht über, sondern vielmehr unter der Erde; und das trifft auf einige der hier Vorgestellten nicht zu - einer hat sie sogar in ziemlich luftiger Höhe weit über der Erde gesucht - und gefunden. Er hat auch erstmals seine Regel durchbrochen, nur Personen des 20. Jahrhunderts vorzustellen (aber er selber bzw. seine Mitbearbeiter haben alle Orte, deren Wiederentdeckung man ihnen verdankt, im 20. Jahrhundert besucht :-), weil das in diesem Fall keinen Sinn machen würde: Viele der betroffenen Stätten wären im 20. Jahrhundert wahrscheinlich zerstört worden, wenn sie nicht durch diese Wiederentdeckung einen Nimbus erhalten hätten, der sie für die Machthaber vor Ort zu einer wichtigen Einnahmequelle (aus dem Tourismus) gemacht hätte. Insbesondere die muslimischen Regimes wären z.B. mit den archäologischen Schätzen Ägyptens, Kleinasiens und Javas, nicht anders umgesprungen als mit denen Persiens, Afģānistānas und Indiens. Aber Dikigoros will das nicht allein auf den Islam beziehen (er hat "insbesondere" geschrieben - das ist eine Einschränkung!), denn was die Kultur-"Revolutionäre" u.a. Barbaren z.B. in China und Kambodya angerichtet haben, ist um keinen Deut besser - immerhin hat der Bekanntheitsgrad der zerstörten Überreste und ihr damit verbundener Wert als Devisenbringer dazu geführt, daß einiges nachträglich rekonstruiert wurde. (Daraus folgt im Umkehrschluß, daß dort, wo potentielle Einnahmen aus dem Tourismus-Geschäft nicht so hoch sind wie der Profit, den z.B. ein [Ab-]Bau-Vorhaben verspricht, kaum eine Rettung zu erwarten ist - da bedarf es keiner ideologischer oder religiöser Motive, wenn man nicht den weltweiten Glauben an Gott Mammon zu letzteren zählen will.)

Man hat einige der hier Vorgestellten - übrigens schon zu Lebzeiten, aber noch mehr danach - angegriffen, sie als "Charlatane", "Grabräuber", "Verderber alter Kulturen" oder sonstwas beschimpft, besonders wenn sie auf eigene Faust, als Privatleute, unterwegs waren und ihre Funde nicht dem Staat ablieferten (sondern womöglich einem Privat-Museum vermachten - pfui!) Das wird ihnen nicht gerecht. Sie waren durch die Bank Idealisten, "Amateure [Liebhaber]" im besten Sinne des Wortes, die viel Zeit und Geld für ihre Suche geopfert haben. (Und selbst wenn sie mal den einen oder anderen wertvollen Fund für sich behielten, so konnte dieser "Gewinn" nicht annähernd die Unkosten aufwiegen, die ihnen dabei entstanden waren.) Manche opferten nicht nur ihr Vermögen, sondern auch Gesundheit und Leben. Von den Strapazen ihrer Forschungsreisen können sich heutige Archäologen gar keine Vorstellung machen, die nicht nur kaum Probleme mit Transport und Unterkunft, Verpflegung und medizinischer Betreuung haben, sonder zudem mit den modernsten technischen Hilfsmitteln und mehr oder weniger unbegrenzten Geldmitteln der Allgemeinheit ausgestattet sind, sei es von Universitäten, sei es von Ministerien o.ä. Dennoch machen auch sie Fehler, sei es bei den Ausgrabungen, die zu Zerstörungen führen (meist durch Unvorsicht ihrer einheimischen Mitarbeiter), sei es in der Auswertung (wie ganz aktuell "der neue Kampf um Troia", nämlich um seine historische Bedeutung, zeigt). Aber der schlimmste Fehler ist vielleicht, daß die Funde, die jetzt noch gemacht werden, in der Regel vor Ort gelassen werden - auch an solchen "Orten", wo sie durchaus nicht sicher sind. Es gibt nun mal Regimes, die partout nicht begreifen wollen, daß archäologische Überreste der frühen menschlichen Kulturen der gesamten Menschheit gehören und als solche bewahrenswert sind. Deshalb sollte man dort, wo sie herrschen, einstweilen gar keine Ausgrabungen mehr vornehmen, sondern etwaige Überreste gut geschützt im Schoß von Mutter Erde ruhen lassen, bis jene Regimes eines schönen Tages beseitigt sind. Und erst recht sollte man dem Begehren solcher Regimes nach "Rückgabe" bereits früher vor ihnen geretteten Gegenstände entschiedenen Widerstand leisten; die meisten Fundstücke sind dort am besten aufgehoben, wo ihre Entdecker sie ursprünglich hin brachten - aber dazu schreibt Dikigoros jeweils in den einzelnen Kapiteln mehr.

Warum hat Dikigoros hier einige Archäologen und Überrestesucher weg gelassen, die nach Auffassung anderer mindestens ebenso bedeutend, wenn nicht sogar bedeutender waren als die hier Vorgestellten? Ein Grund folgt aus dem eben Geschriebenen: Wer auf Einladung einer Regierung mit einem großen Team herum reist und buddelt, verdient es nicht, als einzelner heraus gehoben zu werden. Wohlgemerkt: Nicht jeder, der im Öffentlichen Dienst tätig war, fällt unter diese Streichliste; wenn jemand neben diesem seinem Hauptberuf - womöglich gar gegen den ausdrücklichen Wunsch seines Dienstherrn - Forschungen unternimmt, ohne dafür einen Penny vom Staat zu sehen, dann ist das sogar eine besonders hoch anzurechnende Leistung. Und selbst wenn er, nachdem er zunächst auf eigene Faust bedeutende Entdeckungen gemacht hat, später auch mehr oder weniger gut dotierte Staatsaufträge erhält, schadet das nicht. Deshalb hat Dikigoros z.B. Layard mit aufgenommen; und als Ausnahme auch Marshall - weil der bei seinen Forschungsarbeiten völlig von dem abwich, was bis dahin von Staats wegen üblich gewesen war.)

Dagegen hat Dikigoros auch auf Personen verzichtet, die Stätten "entdeckt" haben, die zumindest den Einheimischen vor Ort durchgehend bekannt waren, also eigentlich nie in Vergessenheit geraten waren. Aber auch da differenziert er: Wenn die Eingeborenen zwar noch ein paar Überreste kannten - vielleicht sogar irgendwie nutzten -, wie bei Angkor, aber keinerlei Erinnerung mehr an die Gesamtanlage hatten, dann stellt es eine bedeutende Leistung dar, letztere wieder zu entdecken. Denn mit den Entdeckern ist es wie mit den Erfindern: Wer etwas im stillen Kämmerlein "entdeckt", aber sein Wissen für sich behält und entweder mit ins Grab nimmt oder wartet, bis ein anderer seine Idee unter die Leute bringt (und vermarktet :-), entspricht dem Reisenden, der an einem interessanten Ort vorbei kommt, das aber nur seinem privaten Tagebuch anvertraut und allenfalls noch ein paar Skizzen (oder Fotos) anfertigt, aber auch diese seiner privaten Sammlung vorbehält. (Nein, liebe Ethno-Linke, das ist nicht gut, etwa weil es gewisse Stätten davor schützt, vom Tourismus "überlaufen" zu werden - umgekehrt wird ein Schuh draus: wie bereits angedeutet, schützt gerade dieser Tourismus viele Stätten davor, zerstört zu werden!) Das gleiche gilt, wenn ägyptische Kameltreiber seit Jahrtausenden an den Pyramiden - die ja kaum zu übersehen sind - vorbei trotte[l]ten, sich aber nie hinein getraut haben, weil sie Angst vor dem Klabautermann oder dem "Fluch des Farao" hatten, schon gar nicht aus Wissensdurst. (Ein paar einheimische Grabräuber mögen es schon mal versucht haben, aber meist stümperhaft, sonst wäre vieles ja nicht mehr zu entdecken gewesen :-)

Ebenfalls verzichtet hat Dikigoros auf die Entdecker von Stätten, die nur von Machthabern vor Ort aus ideologischen Gründen hoch gejubelt werden, weil sie nun mal keine anderen haben, obwohl sie, objektiv betrachtet, eigentlich ziemlich unbedeutend sind, wie z.B. die Ruinen von Simbabwe oder das sagenhafte Timbuktu, das sich als ziemlich traurige Ansammlung alter Stein- und Lehmmauern entpuppte; deshalb fehlen hier z.B. René Caillié und Heinrich Barth.

Dikigoros hätte die Reihenfolge gerne chronologisch gestaltet - nicht unbedingt nach der Lebenszeit der Vorgestellten, sondern nach dem Datum ihrer wichtigsten Entdeckungen. Aber darüber kann man trefflich streiten; denn das, was sie selber dafür hielten, deckt sich nicht immer mit dem, was die Nachwelt dafür hält, die sich da überdies nicht immer einig ist. (Und sei es nur, daß Dikigoros das anders sieht als die herrschende Meinung :-) Was ist z.B. wichtiger: die Hauptstätten der - in Indien so gut wie ausgestorbenen - buddhistischen Kultur wieder zu entdecken oder ein paar alte Ziegelsteine am Indus auszubuddeln? Ihr meint, je älter desto wichtiger? Na kaum... vor allem dann nicht, wenn sich später heraus stellt, daß die Interpretation völlig daneben lag - und diese Gefahr besteht ja immer, wenn man nur ein paar mehr oder weniger unzusammenhängende Überreste hat, wie bei Häräppā und Mohänjodaro, die wohl nur eher unbedeutende Ausläufer einer viel größeren und älteren Kultur weiter flußabwärts waren, über die Dikigoros an anderer Stelle schreibt. [Hier nur soviel: Bitte schreibt und sprecht das doch nicht immerzu falsch aus, liebe Landsleute! Wenn Ihr "Haráppa" und "Mohénjodáro" sagt, wird Euch kein Inder - und kein Pakistani - verstehen. Richtig wird es genau umgekehrt betont, nämlich "Häräppá" und "Móhänjódaró"; und wenn Ihr letzteres schon in zwei Wörtern schreiben wollt, dann doch bitte nicht "Mohenjo Daro", sondern "Mohän Jodaro" oder "Mohã Jodaro". (Das ist so ähnlich wie mit dem Kilimanjaro, der sich richtig "Kilima Njaro" schreibt :-)] Alexander Cunningham - der eigentliche Entdecker jener beiden Stätten (und übrigens auch von Sānchī) - hatte das schon 70 Jahre vor John Marshall richtig erkannt. Doch letzterer war anderer - falscher - Ansicht. Und deshalb ging Marshall als großer Archäologe in die Geschichte ein, während Cunningham heute so gut wie vergessen ist...

Wie dem auch sei, Dikigoros hat sich der Einfachheit halber für eine Auflistung in alfabetische Reihenfolge enschieden.

Eine andere Frage, in der Dikigoros lange geschwankt hat, war, ob er die nachfolgenden Portraits im Fließtext schreiben sollte, wie bei den Historikern und Reisenden, oder in Form von tabellarischen Lebensläufen, wie bei den Soldaten und Staatsmännern, denn die meisten der hier Vorgestellten hätten in mehrere dieser Kategorien gepaßt, einige sogar in alle. Am Ende hat er sich für letzteres entschieden, und zwar aus Gründen der Selbstdisziplin, sonst wäre er bei einigen vielleicht allzu sehr ins langläufige Schwärmen geraten, denn fast jeder von ihnen war in seinen Augen ein "toller Hecht" (nicht nur im übertragenen Sinne - die meisten konnten auch sehr gut schwimmen, und das in einer Zeit, als das durchaus noch nicht selbstverständlich war, in gewissen höheren Kreisen, zu denen sie ja durchweg gehörten, sogar verpönt :-) Gewiß, sie haben nicht nur ihren Kopf, sondern auch ihre Ellbogen eingesetzt - aber wie sagt ein deutsches Sprichwort: "Wo gehobelt wird, fallen Späne!" Noch viel besser drückt es sein französisches Pendant aus: "Um ein Omlett zu machen, muß man Eier zerbrechen!", das einen Franzosen angesichts der heutigen politischen Zustände einmal zu der cynischen Frage veranlaßte: "Die zerbrochenen Eier sehe ich - aber wo ist das Omlett?" Die hier vorgestellten haben zwar ein paar Eier zerbrochen, aber dafür auch Omletts geliefert, und zwar in vorzüglicher Qualität; und wenn Europa noch einmal Männer wie sie hervor bringen würde, bräuchte uns um seine Zukunft nicht bange zu sein - das Thema "Untergang des Abendlandes" wäre ganz schnell vom Tisch. Und alle, denen jetzt die Antwort auf der Zunge liegt, daß dies in der heutigen Zeit nicht mehr möglich sei, sollten bedenken, daß die Männer nicht von den Zeiten gemacht werden, sondern umgekehrt die Zeiten von den Männern (und natürlich auch von den Frauen - aber das ist eine andere Geschichte :-)

Leopoldo Batres (1852-1926)

Hiram Bingham (1875-1956)

Johann Ludwig Burckhardt (1784-1817)

Alexander Burnes (1805-1841)

Howard Carter (1874-1939)

Arthur Evans (1851-1941)

Isidoro Falchi (1838-1914)

Austen Henry Layard (1817-1894)

John Marshall (1876-1958)

Henri Mouhot (1826-1861)

Thomas Stamford Raffles (1781-1826)

Henry Rawlinson (1810-1895)

Heinrich Schliemann (1822-1890)

Henry Yule (1820-1889)


Und diese Seiten empfiehlt Dikigoros zur Vertiefung:

Die neuen Gerechten. Zur Rückgabe kolonialer Raubkunst (von Thomas Rietzschel)

Wem gehört der Pergamon-Altar? (von P. Werner Lange)

Göttinnen-Dämmerung (von Christian Bauer)

Wie Homer zu Ömer wird (von Frank Kolb)


PS auf Lesermail: Dikigoros hat fast alle Stätten, deren Entdecker/Erforscher er hier vorstellt, selber besucht - auch solche, die heute für Normalsterbliche nicht mehr frei zugänglich sind -, mit Ausnahme der afģānischen (er war zwar in jungen Jahren immer unternehmungslustig und wagemutig, manchmal sogar ein wenig leichtsinnig, aber nie lebensmüde!), der ägyptischen - die jedoch seine Frau besucht hat, noch bevor er sie kennen lernte, mit ihren Eltern (und Neckermann :-) - und der kambodiyanischen - die jedoch sein seliger Reisefreund Melone besucht hat (unter Einsatz seines Lebens, mitten im Krieg). Von einigen war er beeindruckt, von den meisten eher enttäuscht, was auch daran gelegen haben mag, daß er andere gesehen hat, die er viel interessanter fand - die bloß mangels entsprechenden Medienrummels keinen so großen Bekanntheitsgrad erlangt haben. Aber auf seinen persönlichen Geschmack kommt es hier nicht an. Und mit ihren "Entdeckern" ist es wie bei allen seinen biografischen Seiten über [vermeintlich] große Persönlichkeiten der Geschichte: Die hier vorgestellten sind nun mal berühmt geworden, ob zu Recht oder zu Unrecht, darüber kann man trefflich streiten. Sie mögen ihre Fehler gehabt und gemacht haben - aber nur wer nichts tut macht auch nichts verkehrt, und sie waren allesamt "Macher". Dikigoros meint jedenfalls, daß sie mehr geleistet haben als die meisten "Celebrities" auf anderen Gebieten (und erst recht als ihre Epigonen, die heute bequem am Schreibtisch sitzen und ohne Zeitdruck und Geldnot - da vom Steuerzahler finanziert - Jahre lang herum forschen und sie neunmalklug bekritteln können). [Ja ja, Dikigoros weiß schon, daß wir entgegen anderslautenden Behauptungen nicht in einer Leistungs-, sondern in einer Erfolgs-Gesellschaft leben. Aber er glaubt an den Satz: "Erfolg hat auf die Dauer nur der Tüchtige." Und ein wenig (oder manchmal auch viel :-) Glück gehört halt dazu - eben das "Glück des Tüchtigen".]

2. PS auf Lesermail: Jemand hat Dikigoros gefragt, warum er denn nur Leute aufgenommen hat, die im Ausland geforscht haben - ob er damit etwa zum Ausdruck bringen wollte, daß "Eingeborene" dazu unfähig seien? Nun ja, er glaubt schon ein wenig an den Spruch vom "Profeten im eigenen Land"; aber damit die liebe Seele Ruh' hat, hat er noch Isidoro Falchi nachnominiert, den Entdecker der letzten Etruskerstadt - obwohl er nicht glaubt, daß der den übrigen hier Vorgestellten das Wasser reichen konnte. (Und erwartet bitte nicht, daß die Seite über ihn ein besonderes Glanzstück wird - auch Dikigoros ist nicht immer perfekt :-)


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