*Schliemanns autobiografische Ausführungen in "Ilios" übergehen diese Eheschließung mit eisigem Schweigen. Breiten Raum nimmt dagegen seine erste Verlobte ein - eine Jugendfreundin, die seine Begeisterung für Troia teilte, aber weder eine alte Jungfer noch die Frau eines armen Commis werden wollte und daher anderweitig heiratete, kurz bevor ihm der Durchbruch als Kaufmann gelang.
**Man hat Schliemann darob als "Kriegsgewinnler" beschimpft. Seine Gewinne waren aber vor allem deshalb so hoch, weil sonst kaum jemand das Risiko eingehen wollte, mit dem Tsarenreich Geschäfte zu machen - was man ihm als russischem Staatsbürger wohl kaum verargen kann -, aus Angst vor seinen Kriegsgegnern England und Frankreich, die eine See-Blockade verhängt hatten. Schliemann operierte mit Hilfe jüdischer Geschäftsfreunde vom neutralen Preußen aus. Dabei hatte er auch Glück. So überstanden seine Waren wie durch ein Wunder den - wahrscheinlich von britischen Agenten gelegten - Brand der Grenzstadt Memel im Oktober 1854, während die Waren seiner ohnehin nicht sehr zahlreichen Konkurrenten vernichtet wurden, was bedeutete, daß letztere entweder faillierten oder zumindest für die Kriegsdauer vom russischen Markt verschwanden.
***Schliemann berichtet in "Ilios" ausführlich über seine Erfahrungen beim Erlernen von Fremdsprachen: Er nahm zunächst einige Privatstunden bei Muttersprachlern, um die richtige Aussprache zu hören, dann besorgte er sich ein Wörterbuch und ein paar Bücher, die er auswendig lernte und ständig laut rezitierte. (Für Englisch waren das "The Vicar of Wakefield" von Goldsmith und "Ivanhoe" von Scott, für Französisch "Les aventures de Télémaque" von Fénelon und "Paul et Virginie" von Saint-Pierre. Übersetzungen der letzteren verwendete er auch für alle anderen lebenden Sprachen, die er erlernte.) Von dem an Schulen und Universitäten üblichen Sprachunterricht mit Grammatik-Pauken und stummem Vor-sich-hin-lesen hielt er gar nichts. Er spottete über die Akademiker, die Jahre lang Lateinisch und Alt-Griechisch gelernt hatten und es dann immer noch nicht richtig beherrschten, während er selber binnen weniger Monate Italienisch und Neu-Griechisch erlernt hatte und sich danach auch deren "klassische" Stufen mühelos aneignete. Das ist glaubhaft und deckt sich weitgehend mit Dikigoros' eigenen Erfahrungen: Er stand mit dem Lateinischen von Sexta bis Untersecunda auf Kriegsfuß - und ständig "auf der Kippe". In Obersecunda belegte er in einer "zusätzlichen Unterrichtsveranstaltung" Italienisch. Am Ende des Schuljahres hatte er nicht nur Italienisch gelernt, sondern ganz nebenbei seine Note in Lateinisch von "schwach ausreichend" auf "sehr gut" verbessert. Neu-Griechisch lernte er erst viel später, und Alt-Griechisch nie - dennoch kann er seitdem die Bibel problemlos auf "Alt"-Griechisch lesen. (Allerdings hatte er es viel leichter als Schliemann, zu dessen Zeit es noch keine Radiosender gab, die ausländische Lieder spielten, die man mitsingen konnte - wodurch das Lernen noch besser vonstatten geht als durch das Aufsagen auswendig gelernter Vers-Romane :-)
****Schliemann profitierte auch vom amerikanischen Sezessionskrieg. Erneut ging er das Risiko ein, eine See-Blockade zu unterlaufen, welche die Nordstaaten gegen die Südstaaten verhängt hatten, und erneut bedeutete das riesige Gewinnspannen, denn er war zeitweise der einzige Anbieter von Baumwolle am Weltmarkt. (Der Baumwollanbau in Ägypten und Usbekistan zu Exportzwecken hatte noch nicht begonnen; und Kunstfasern, die als Ersatz hätten dienen können, waren noch nicht erfunden :-)
*****"Ithaka" ist ein faszinierendes Reisetagebuch, das man ebenso gut als Forschungsbericht wie als Reiseführer lesen kann. Es ist so spannend wie ein Thriller von Frederich Forsyth und so informativ wie ein Reisebuch von Paul Theroux. Aber ebenso wenig, wie Dikigoros der Internet-Gemeinde in seinen Reisen durch die Vergangenheit eine ungekürzte Fassung seiner Reisetagebücher zumutet, so wenig konnte Schliemann das ganze "Ithaka"-Buch einer Universität als "wissenschaftliche Arbeit" vorlegen. Er kürzte es also um die Passagen, die heute im Rückblick seinen größten Reiz ausmachen, nämlich die minutiöse Schilderung von Begegnungen mit Einheimischen, Boden- und Wasser-Beschaffenheit, Klima, Flora und Fauna (unter besonderer Berücksichtigung des Ungeziefers :-), Verkehrswegen und -mitteln, Unterkunft und Verpflegung (einschließlich der Kosten an Zeit und Geld, die dafür aufzuwenden waren, auf die Stunde und auf den Cent genau) und ließ allein die archäologischen Ergebnisse stehen - auch diese auf den Zentimeter genau festgehalten. Die Übersetzung nahm Schliemann wohl vor, um seinen berufs-akadamischen Kritikastern das Maul zu stopfen. Damals war es an deutschen Universitäten grundsätzlich zulässig, eine Doktorarbeit auf Griechisch einzureichen - wovon aber mangels ausreichender Sprachkenntnisse kaum jemand Gebrauch machte. (Zu Dikigoros' Studienzeiten war es an einigen deutschen Universitäten - auch an seiner alma mater - immerhin noch erlaubt, die Dissertation auf Lateinisch einzureichen; aber auch das tat kaum jemand - auch er selber hat der Versuchung tunlichst widerstanden :-)
******Auf diese originelle Idee muß man[n] erst einmal kommen! Biografen haben herum gerätselt, woran die Ehe scheiterte und keine Gründe gefunden. Dabei liegen diese auf der Hand: Schliemann, der ständig geschäftlich unterwegs war - ohne seine Frau -, ließ in "Ithaka" - geschrieben ein Jahr vor der Scheidung - deutlich durchblicken, daß seine Ideal-Frau die Penelope des Odysseus war, die Jahre lang treu auf ihren abwesenden Mann wartete, unter Abweisung aller anderen Freier; und er äußerte sich mit unverhohlener Sympathie über das alte Gewohnheitsrecht der "Ithakesier", den Ehebruch - der "ein ebenso abscheuliches Verbrechen wie Vater- und Muttermord" sei - mit dem Tode zu bestrafen. Die Kinder aus dieser Ehe scheint er jedoch nicht für "Kuckuckseier" gehalten zu haben, denn er enterbte die beiden, die ihn überlebten - eine Tochter starb bereits 1869 und wird deshalb von einigen Biografen übersehen - nicht.
*******Ein schöner Erzbischof! Schliemann hatte seine erste Frau nach [russisch-]orthodoxem Ritus geheiratet; für die orthodoxe Kirche (auch die griechische) ist die Ehe bei Lebzeiten ebenso unauflöslich wie für die katholische, d.h. sie erkennt die Scheidung nicht an. Dennoch durfte Schliemann nach nur drei Monaten wieder nach [griechisch-]orthodoxem Ritus heiraten. (Das wäre in Deutschland nicht mal nach weltlichem Recht zulässig gewesen!) Dikigoros hegt - aufgrund der Namensgleichheit - den Verdacht, daß es sich um Schliemanns Griechisch-Lehrer in Sankt Peterburg handelte, einen einfachen Popen, dem er den Erzbischofsposten schlicht und einfach kaufte, um eine Ausnahme-Genehmigung zu erhalten. Unter Biografen kursieren diverse Theorien, die sich nicht verifizieren lassen - von "Schliemann ließ sich die Ehefrau nach dem Bild seiner eigenen Schwester aussuchen" bis "Schliemann ließ sich vom Erzbischof dessen eigene Ex-Verlobte andrehen". Wie dem auch sei, jedenfalls wiederholte Schliemann die Fehler aus seiner ersten Ehe nicht, sondern nahm seine zweite Frau auf allen Forschungsreisen mit, ließ sich bei seiner Arbeit zunächst von ihr assistieren und übertrug ihr später sogar die selbständige Leitung von Ausgrabungen.
********Es hat nicht an Versuchen gefehlt - besonders seitens britischer und deutscher "Wissenschaftler" -, die Maske als "Fälschung" zu diskreditieren. Dahinter steht wohl der Gedanke, daß derartige Entdeckungen nur von studierten Archäologen gemacht werden können, aber keineswegs von Amateuren. Dikigoros sieht das genau umgekehrt: Anders als gewisse Universitäts-Professoren, die ihre "wissenschaftliche" Reputation mit allen Mitteln "aufpolieren" (die Zahl solcher Fälschungen ist Legion :-) hatte Schliemann als Privatmann es nicht nötig, sich derartiger Methoden zu bedienen. Zudem widersprechen die Argumente der akademischen Kritikaster einander diametral: Die einen behaupten, die Maske stamme aus dem 16. Jahrhundert v.C., sei also viel zu alt für den historischen Agamemnon, der um 1.200 v.C. gelebt haben soll; die anderen behaupten, erst Schliemann habe sie anfertigen lassen, sie stamme also aus dem 19. Jahrhundert n.C. - eine Differenz von schlappen 3.500 Jahren. (Eine - ebenfalls professorale - Mindermeinung datiert sie dazwischen, in die "byzantinische" Zeit :-) Dabei berufen sich beide Seiten auf unumstößliche "wissenschaftliche Beweise". Dikigoros - der seine eigene Meinung über "Wissenschaft" und "Beweise" hat - fragt sich lediglich, wieso Schliemann ausgerechnet diese Maske - er hatte in den Gräbern von Mykenä mehrere gefunden - für die des Agamemnon hielt. (Vielleicht wählte er einfach nur die zufällig am besten erhaltene und daher repräsentativste aus :-)
*********Eine bemerkenswerte - allerdings kaum beachtete - Ausnahme ist Tiryns. Die HundeWissenschaftler vom Deutschen Archäologischen
Institut sind jedoch mit weiteren BuddeleienAusgrabungen beschäftigt und tun ihr bestes, irgendetwas zu finden, um Schliemann auch da
noch irgendwie ans Bein zu pinkeln zu widerlegen.
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