AGOSTINHO NETO
(17.09.1922 - 19.09.1979)
Tabellarischer Lebenslauf
zusammengestellt von
Nikolas Dikigoros
- 1922
- 17. September: António Agosto ("Agostinho") Neto wird als Sohn eines Methodisten-Pfarrers und einer Lehrerin in Kaxicane (Provinz Bengo, Angola) geboren.
- Angola ist seit dem 16. Jahrhundert eine portugiesische Kolonie, die reich an Bodenschätzen (vor allem Erdöl - auch vor der Küste -, Diamanten und Uran), aber arm an brauchbaren Menschen ist, die etwas daraus machen könnten.
- Neben einem Sammelsurium* verfeindeter Bantu-Völker leben ein paar Hottentotten- und Buschmänner-["Khoisan"-]Stämme und eine kleine Minderheit von Weißen im Lande.
- 1925/26
- Im fernen Alemanha erscheint ein Buch mit dem Titel "Mein Kampf". Darin schreibt ein gewisser
Adolf Hitler,
daß es ein schwerer Fehler sei, wenn Kolonialmächte den Eingeborenen Zugang zu westlicher Bildung ermöglichen; damit schaufelten sie sich ihr eigenes Grab und brächten auch über die Eingeborenen nur Unglück.
- (Das Buch wird indes von kaum jemandem gelesen - nicht mal in Alemanha, geschweige denn sonstwo -, und von den wenigen, die es doch lesen, nicht ernst genommen. Die erste Übersetzung ins Portugiesische erscheint erst viele Jahre später - in Brasilien.)
- 1928-1940
- Neto besucht Schulen in Caxito und Luanda.
- 1940-47
- Neto arbeitet im angolanischen Gesundheitswesen.
- 1947-55
- Neto studiert mit Hilfe eines Stipendiums der US-amerikanischen Methodisten-Kirche in Portugal (Universitäten Coimbra und Lissabon) Medizin. Nebenbei betätigt er sich politisch in Organisationen, die sich die "Befreiung" der portugiesischen Kolonien vom Mutterland zum Ziel gesetzt haben.
- 1955
- Februar: Neto wird wegen Anstiftung zum Landfriedensbruch zu drei Jahren Haft verurteilt.
- Im Gefängnis beginnt er Gedichte zu schreiben.**
- 1956
- Dezember: Durch Zusammenschluß der "Kommunistischen Partei Angolas (PCA)" und der "Partei des vereinigten Kampfes für Afrikaner (PLUA)" entsteht die marxistisch ausgerichtete "Völkische Bewegung für die Befreiung Angolas (MPLA)".
- 1957
- Juni: Neto wird vorzeitig entlassen und darf weiter studieren.
- 1958
- Neto wird zum Dr. med. promoviert. Er heiratet Maria Eugénia. Er gründet die Untergrundbewegung "MAC [Anti-Koloniale Bewegung]".
- 1959
- Dezember: Neto kehrt nach Angola zurück und eröffnet eine Arztpraxis in Luanda. Tatsächlich widmet er sich jedoch hauptsächlich
der politischen Wühlarbeitdem politischen Befreiungskampf; er übernimmt de facto die Führung der MPLA, deren Gründer und Vorsitzender Ilídio Machado seit Juli 1959 (nach einem gescheiterten Aufstand) im Gefängnis sitzt.
- 1960er Jahre
- Die USA - die beschlossen haben, die europäischen Länder von ihren Kolonien zu befreien und diese statt dessen in ihre eigene wirtschaftliche Abhängigkeit zu bringen ("Dollar-Imperialismus") - nötigen die Kolonialmächte, ihre Schutzgebiete in die "Unabhängigkeit" zu entlassen und unterstützen so genannte "Befreiungs-Bewegungen" gegen Länder, die sich nicht erpressen lassen wollen.
- Zu diesen Ländern zählt auch Portugal, dessen Ministerpräsident
Salazar
an der Idee festhält, den Bevölkerungsüberschuß, den das Mutterland nicht ernähren kann, in Übersee anzusiedeln, vor allem in Afrika.
- [Die USA, genauer gesagt die "Seven Sisters" genannten Öl-Konzerne unter der Federführung von Gulf Oil, haben es besonders auf die Erdöl-Vorkommen vor der Küste von Portugiesisch-Kongo ("Cabinda") abgesehen, das seit 1956 verwaltungsmäßig zu Angola gehört. 1968 beginnt dort die Erdölförderung.]
- 1960
- Juni: Neto wird erneut verhaftet und zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, von der er jedoch nur einen Teil absitzen muß (in Lissabon); danach wird er auf die Kapverdischen Inseln verbannt, wo er unter Polizeiaufsicht wieder seinem Beruf als Arzt nachgehen darf.
- 1961
- Februar: Mit einem Sturm auf die Gefängnisse in Angola zur Befreiung einsitzender
Terroristen politischer Gefangener läutet die MPLA einen Bürgerkrieg ein, der mit kurzen Unterbrechungen über 40 Jahre dauern soll. (Die ersten Angriffe werden von Regierungstruppen abgeschlagen, was zu weltweiten Protesten gegen die "brutalen Kolonialherren" führt.)
- Oktober: Neto wird erneut nach Lissabon verlegt und in Haft genommen. Der britische Jude Jacob Salomon (der fünf Monate zuvor unter dem Falschnamen "Peter Benenson" die zwielichtige*** Gesellschaft "Amnesty International" gegründet hat, die sich vorzugsweise für besonders üble Politverbrecher aus dem linken Lager einsetzt) ernennt Neto zum "Gefangenen des Jahres" und beginnt, die Werbetrommel für seine Freilassung zu rühren.
- 1962
- Juli: Auf internationalen Druck (u.a. der UNO) wird Neto auf freien Fuß gesetzt unter der Auflage, Portugal nicht zu verlassen. Noch im selben Monat gelingt ihm die Flucht nach
LéopoldvilleKinshasa (Kongo)****, wo die MPLA ihren Exil-Sitz aufgeschlagen hat.
- Dezember: Neto wird offiziell zum Führer der MPLA gewählt. Seine erste Dienstreise in dieser Eigenschaft führt ihn nach Washington D.C., wo er versucht, US-Präsident
Kennedy
für sich zu gewinnen; der setzt jedoch lieber auf Netos Konkurrenten Holden Roberto, den Vorsitzenden der "Nationalen Front für die Befreiung Angolas (FNLA)".
- 1964
- Nach mehreren militärischen Niederlagen der MPLA gegen die Regierungstruppen scheint der Bürgerkrieg vorerst beendet. Neto gibt jedoch nicht auf.
- 1965
- Neto reist nach Kuba und gewinnt die Unterstützung von
Fidel Castro.
Er führt einen Kleinkrieg ("Guerilla") mittels Terroranschlägen auf militärische und zivile Einrichtungen, ohne eine offene Schlacht zu wagen.
- 1970
- Neto wird vom "Verband der Afro-Asiatischen Schriftsteller" für seine Gedichte
die Goldene Ananasder Goldene Lotus verliehen.
- 1972
- Neto nimmt erneut den offenen Kampf gegen die Regierung auf.
- 1973
- Nach wiederholten militärischen Niederlagen der MPLA gegen die Regierungstruppen scheint der Bürgerkrieg erneut beendet.
- 1974
- April: In Portugal putschen sich kommunistische Subaltern-Offiziere an die Macht. Sie entlassen die Überseegebiete - auch Angola - in die staatliche Unabhängigkeit, die manche bekanntlich mit persönlicher Freiheit verwechseln.
- 1975
- November: In Luanda formiert sich eine Koalition der "Befreiungs"-Bewegungen MPLA, UNITA und FNLA; Neto wird Regierungschef.
- Noch im selben Monat beansprucht er die Macht für sich und die MPLA alleine, was erneut zum Bürgerkrieg führt.
- Dezember: In der Schlacht von Kifangondo wird die FNLA durch kubanische Interventions-Truppen weitgehend aufgerieben - die USA haben aufs falsche Pferd gesetzt. Der Bürgerkrieg geht künftig allein zwischen der - von der Sowjet-Union und Kuba unterstützten - MPLA und der - von Südafrika unterstützten - UNITA weiter.
- Durch die Ermordung oder Vertreibung der meisten portugiesischen Siedler - aber auch vieler regierungstreuer Afrikaner - sowie die Umstellung der Wirtschaft von einem "kapitalistischen" auf ein "sozialistisches" Modell nach Vorbild der Sowjet-Union macht Neto Angola von einem der reichsten zu einem
der ärmsten Länder Afrikas - die Eingeborenen müssen wieder wie Sklaven auf den Feldern schuften.
- 1976
- Neto erhält von der Sowjet-Union den "Lenin-Friedens-Preis" - das Gegenstück zum Friedens-Nobel-Preis und wie dieser zumeist an Kriegsverbrecher verliehen.
- 1977-78
- Neto unterstützt das kommunistische Terror-Netzwerk SWAPO, das sich anschickt, mittels Anschlägen auf zivile Einrichtungen und Ermordung von Angehörigen der weißen Minderheit die Macht im benachbarten Südwest-Afrika zu ergreifen.
- 1979
- September: Neto, der an Krebs erkrankt ist, fliegt in die Sowjet-Union, um sich dort operieren zu lassen - ohne Erfolg.
- 10. September: Agostinho Neto stirbt in Moskau.
- In Luanda wird ihm - aus Geldern der BRD-Enwicklungshilfe - ein
großkotziges imposantes Mausoleum errichtet.
- Dagegen bekommt er in Südwestafrika (später, als es schon in "Namibia" umbenannt ist [nach einer trostlosen Wüste - der Name ist Programm]) nur ein einfaches Denkmal - ebenfalls mit Geldern der BRD-Entwicklungshilfe bezahlt.
- (Mit angolanischen Geldern können Denkmäler u.ä. nicht mehr bezahlt werden, obwohl inzwischen - Dank der genialen Wirtschaftspolitik Netos - fast alle Angolaner Millionäre sind.*****)
- 2002
- An Netos 80. Geburtstag trauert ihm außer den Kubanern - die dabei sind, ihren teuer erkauften Einfluß in Angola an die Rot-Chinesen zu verlieren - niemand mehr nach.
*Im Nachhinein kommen Dikigoros ob dieser Vokabel Bedenken, denn sie beinhaltet ja ein Durcheinanderleben (auf gutmenschlich: "Zusammenleben") mehrerer Völker bzw. Stämme, das erfahrungsgemäß nie funktioniert. Tatsächlich lebten jene Völker und Stämme ursprünglich fein säuberlich getrennt von einander - wie fast überall in Afrika; erst die Kolonialmächte zwangen sie in künstliche Grenzen, die sie bisweilen einfach mit dem Lineal auf dem Papier zogen. Vielleicht hat sich Dikigoros nur den Blick auf die tatsächlichen Gegebenheiten verstellen lassen von IdiotenPolitikern - nicht nur in Washington, Moskau und Pretoria -, die in den fälschlich als "Bürgerkriegen" bezeichneten Auseinandersetzungen partout kein völkisches Ringen, pardon, da ist ihm eine politisch unkorrekte Formulierung aus dem o.g. Buch von 1925 in die Tastatur gerutscht, keine ethnischen Konflikte sehen wollten, sondern ideologische Kämpfe um irgendwelche Ismen. Jemand, der nach vielen Jahren aus Angola in die Heimat zurück gekehrt ist - und entsetzt war, dort ein Sammelsurium im übelsten Sinne des Wortes vorzufinden -, hat Dikigoros kürzlich versichert, daß man "all den Kuddelmuddel" auf einen ganz einfachen Nenner bringen könne: "Die FNLA, das waren die Kongo im Norden [auf der Karte oben - die übrigens vor 1974 entstand - dunkelgrün, Anm. Dikigoros], die UNITA, das waren die Ovimbundu im Süden [auf der Karte hellblau], und die MPLA, das waren die Kimbundu in der Mitte [auf der Karte gelb]; und die haben halt letztlich mit Hilfe der Russen und Kubaner gewonnen. Hätte man 1974/75 eine vernünftige Unabhängigkeitspolitik betrieben, dann wären aus Angola mindestens drei separate Nationalstaaten geworden, die mehr oder weniger friedlich neben einander hätten bestehen können. Bodenschätze wären für alle genug vorhanden gewesen, um gut davon zu leben."
**Netos Anhänger vergleichen ihn daher gerne mit dem dichtenden Ex-Präsidenten des Senegal,
Léopold Senghor.
***Es ist nie heraus gekommen, woher B. das Geld für die Gründung seiner so genannten "Menschenrechts-Organisation" genommen hat. Manche meinen, sein Großvater Grigorij habe 1917, als er vor der bolschewistischen Revolution aus Rußland nach England floh, genügend Gold "mitgehen" lassen, um seiner Tochter und seinem Enkel ein Leben in Reichtum zu ermöglichen. Andere meinen, B. habe Spendengelder aus einem von ihm gegründeten Fonds für notleidende Kinder von Opfern des spanischen Bürgerkriegs "abgezweigt". Heute wird "Amnesty International" durch Mitgliedsbeiträge und Spenden finanziert. Ihr Einsatz für üble Subjekte wie Neto hat 'zig Millionen Menschen nicht nur um ihre Menschenrechte, sondern um ihr Leben gebracht.
****Die u.a. von
Wikipedia
verbreitete Behauptung, Neto sei damals aus der Haft ins Exil nach Marokko geflohen und habe von dort aus den "Widerstand" gegen die Portugiesen geleitet, ist frei erfunden.
*****Bei den abgebildeten Geldscheinen handelt es sich bereits um "reformierte" Kwanzas, d.h. solche nach der späteren Abwertung von 1 : 1000 - solche aus der Originalzeit hätten wegen der vielen Nullen nicht auf den Bildschirm gepaßt hat Dikigoros leider nicht auftreiben können. 1999 wird die Währung erneut abgewertet, diesmal im Verhältnis 1 : 1.000.000.
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