HAMANI  DIORI

(6.6.1916 - 23.4.1989)

[Hamani Diori 1960]

Tabellarischer Lebenslauf
zusammengestellt von
Nikolas Dikigoros

17. Jahrhundert
Franzosen beginnen, sich - neben und gegen Portugiesen, Niederländer und Briten - an der Westküste Afrikas festzusetzen.

ab 1840
Die Franzosen erobern zunehmend auch das Landesinnere.

1857
Die Franzosen gründen an der äußersten Westspitze Afrikas (von ihren portugiesischen Entdeckern "Cabo Verde [Grünes Kap]" genannt) ein Fort, das sie "Dakar" nennen, und das als Handelshafen, Marinestützpunkt und Ausgangspunkt einer Eisenbahnlinie nach Nordosten rasch an Bedeutung gewinnt.

1887
Die Bewohner von Dakar - einschließlich der schwarzen Eingeborenen - erhalten das französische Bürgerrecht.

1895
Die Franzosen erheben die von ihnen besetzten afrikanischen Gebiete offiziell in den Rang einer Kolonie; Dakar wird die Hauptstadt von "Französisch Westafrika".


1916
06. Juni: Hamani Diori wird in Soudouré - einem Vorort von Niamey - als Sohn eines Negerhäuptlings vom Stamme der Zarma, der in Diensten der Kolonialverwaltung steht, geboren.
(Die Zarma hatten im 19. Jahrhundert kurzzeitig eine Art eigenes Staatswesen zwischen dem heutigen Niger und dem heutigen Nigeria.)

1922-26
Diori besucht die Grundschule, wo er Lesen, Schreiben und Rechnen lernt.

1926
Niamey wird zum Hauptverwaltungssitz des Niger-Territoriums gemacht.
Diori geht jedoch nach Dakar, wo er die höhere Schule und anschließend ein Seminar für angehende Volksschullehrer besucht.

1936-38
Diori arbeitet als Volksschullehrer in Wagadugu ("Ouagadougou").

1938
Diori geht nach Paris, wo er Lehrer für die Zarma-Sprache am Institut für Übersee-Studien wird.

1939
September: Großbritannien und Frankreich erklären dem Deutschen Reich den Krieg. Diori wird eingezogen und ungeachtet seiner französischen Staatsbürgerschaft - wie jeder andere Neger Afrikaner auch - als Schütze Arsch Infanterist 2. Klasse in ein Kolonial-Regiment gesteckt.


1940
Juni: Diori gerät in deutsche Kriegsgefangenschaft, aus der er zwei Jahre später entlassen wird.

1945
Mai: Nach Kriegsende heiratet Diori Aïssa Amadou ("Aïchatou"). Aus der Ehe gehen sechs Kinder hervor.

1946
Die Eingeborenen* von Französisch-Westafrika - das von "Französische Union" in "Französische Gemeinschaft" umbenannt wird (man beachte die umgekehrte Namensentwicklung der - damals noch nicht gegründeten - EWG eine Generation später :-) - erhalten das Wahlrecht.
Diori beschließt, Politiker zu werden und gründet die "Progressive Partei Nigers [PPN]", als deren Abgeordneter er im
November in die französische National-Versammlung [Assemblée Nationale] einzieht.

1957
Bei ersten Scheinwahlen Wahlen zu einer Schein-Regierung Nigers obsiegt ein gewisser Djibo Bakary, der die Verbindungen zu Frankreich sofort kappen will. Das paßt den Franzosen verständlicher Weise gar nicht; sie zwingen ihren unliebsamen Feind zum Rücktritt und ins Exil.

1958
Beim Referendum über eine neue Verfassung für eine neue (5.) französische Republik stimmt Diori für den Entwurf von General a.D. Charles de Gaulle, der diesen zum beinahe allmächtigen Präsidenten macht.
Die Stellung des neuen "Président de la République" ist noch stärker als die des US-Präsidenten, während die seines Vorgängers in der "4. Republik" in etwa der des deutschen Bundespräsidenten entsprach, also hauptsächlich repräsentativer Natur war mit einem mehr oder weniger wertlosen Einspruchsrecht gegen gewisse Gesetze.)


Dezember: Zur Belohnung wird er zum Regierungschef der halb-autonomen "Republik Niger" - unter französische Tutelage - ernannt gewählt; er macht keinen Anspruch auf sofortige Unabhängigkeit geltend.

1959
Januar: Aus den französischen Kolonien Senegal, Sudan (heute "Mali"), Togo-Dahomey (heute "Benin") und Obervolta (heute "Burkina Faso") wird die halb-autonome "Konföderation von Mali" gebildet. Niger bleibt diesem Gebilde - das bald wieder auseinanderbricht - fern.

1960
Juni: Frankreich entläßt seine westafrikanischen Kolonien nun doch in die "vollständige" Unabhängigkeit.
Es will sich der lästigen Pflicht, für den Unterhalt der rapide anwachsenden Bevölkerung jener Gebiete und der dafür notwendigen Infrastruktur aufzukommen, entledigen. Es hofft, gleichwohl weiter dessen Bodenschätze ausbeuten zu können. Solange jene Länder von zuverlässigen Freunden Frankreichs wie Diori oder dessen Freund Félix Houp-Houphouët-Boigny - der zeitgleich Präsident der benachbarten Elfenbeinküste wird - regiert werden, ist das gewiß keine schlechte Idee; im übrigen gilt, wie in allen parlamentarischen Demokratien, der Satz: "Nach uns der nächsten Wahl die Sintflut."
Sie bleiben gleichwohl der EWG assoziiert und genießen durch sie sämtliche Vorteile - vor allem umfassende Subventionierung ihrer landwirtschaftlichen Produkte durch deutsche Steuergelder - ohne wechselseitige Verpflichtungen.


03. August: Auch Niger wird unabhängig; Diori wird sein erster Präsident.
Er errichtet eine "Parteiendemokratie" mit der PPN als einziger zugelassener Partei und ist somit unumstrittener Herrscher auf der Spitze unter dem Schutz französischer Bajonette.
(Die französischen Truppen bleiben selbstverständlich im Lande - wenngleich "Niamey" unter Veteranen nicht ganz die gleichen Assoziationen wecken mag wie etwa "Bamako" oder "Conakry" :-)


1963
Diori schlägt einen Putschversuch mit Hilfe französischer Truppen nieder.

1965
September: Diori wird - ohne Gegenkandidaten - erneut zum Präsidenten gewählt, mit 100% der abgegebenen Stimmen.
Wenn Dikigoros mal den Advocatus Diorili Diaboli geben darf: In vielen Ländern - besonders den afrikanischen, wo die Staatsgrenzen oft nur mit dem Lineal auf den Landkarten der ehemaligen Kolonialmächte gezogen wurden - ist eine Mehrparteien-Demokratie völlig unsinnig, weil sich dort niemand um ideologische Ismen schert. Politische Gegensätze beruhen vielmehr auf völkischenethnischen und Stammes-Unterschieden. In Niger sind dies die muslimischen Haussa, Tuareg und Fulbe im Norden und die seit den 1930er Jahren verstärkt christianisierten Djerma und Songhai im Süden; die einen wollen mit den anderen nichts zu tun haben; und es wächst auch nie zusammen, was nicht zusammen gehört. Diori, der sich auf die letzteren stützt, kann, wenn er an der Macht bleiben will, keine Parteien und/oder Gegenkandidaten der ersteren zulassen, da sie mehr als zwei Drittel der Wahlberechtigten stellen. Auch der Vorwurf der "Sklaverei" geht ins Leere. Als sie anno 2003 mit großem Tamtam abgeschafft wurde, stellte sich heraus, daß es kaum mehr als 100 "Sklaven" gab - zumeist ältere Haushaltshilfen, die nun frei gesetzt "befreit", d.h. auf die Straße geworfen wurden und dort elendlich verhungerten. (In den Haushalten der meist gut betuchten "Sklavenhalter" hätten sie bis an ihr seliges Ende mit durchfüttert werden müssen :-)

1969
Bundespräsident Heinrich Lübke kommt auf Staatsbesuch nach Niger und bringt reichlich Entwicklungshilfe aus deutschen Steuergeldern mit.
(Böse Zungen behaupten später, Diori habe diese zum größten Teil in die eigenen Taschen gesteckt :-)


1970
September: Diori wird erneut mit 100% der abgegebenen Stimmen zum Präsidenten gewählt.


In der Sahelzone beginnt eine Hungersnot, die bald auch Niger erfaßt.


Diese einer "plötzlich ausgebrochenen Dürrekatastrofe" zuzuschreiben, geht an den - hausgemachten - Ursachen vorbei: Inkompetente Kameltreiber und Negerhäuptlinge haben seit Jahren bedenkenlos Raubbau an der Natur betrieben, so daß die Böden nicht mehr genügend Wasser speichern konnten - das es durchaus gab; Niger bestand ja ursprünglich nicht aus Wüste, sondern aus Regenwald. Es wäre auch genügend Geld vorhanden, um Lebensmittel zu importieren, denn

1971
wird im Niger mit dem Abbau von Pechblende begonnen, aus der Uran gewonnen wird, das Frankreich für seine Atomstreitkräfte (die "force de frappe") verwendet. Die Vorkommen sind zwar - vorerst** - klein, aber fein und jedenfalls lukrativ zu vermarkten.
(Wieder behaupten böse Zungen, daß der Anteil des nigerischen Staates an den Gewinnen - Steuern und Exportzölle - überwiegend in Dioris privaten Taschen verschwinde.)

1972/73
Die muslimischen Stämme des Nordens - traditionell Viehzüchter, die jedoch während der Dürrezeit den größten Teil ihrer Herden und damit ihre Existenzgrundlage verloren haben - strömen zu Millionen in den Süden und destabilisieren das Land.
Die vor allem von den Tuareg angezettelten bürgerkriegsähnlichen "Unruhen" dauern, wiewohl ab und zu von groß heraus gestellten "Friedensabkommen" unterbrochen, bis heute an.

1974
April: Diori wird durch einen - wahrscheinlich von den USA (Präsident Nixon, Außenminister Kissinger***) unterstützten - Militärputsch gestürzt und zu lebenslanger Haft verurteilt.
(Für schwarzafrikanische Verhältnisse eine überraschend milde Strafe. In der Regel wurden und werden gestürzte Präsidenten dort ohne viel Federlesens umgebracht oder nach einem Schauprozeß hingerichtet :-)

1980
Diori wird zu Hausarrest begnadigt.

1987
Diori wird zur Verbannung begnadigt, d.h. er darf Niger als freier Mann verlassen.
Er geht nach Marokko, dessen König ihm großzügig politisches Asyl gewährt.

1989
20. April: Diori stirbt in Rabat.
(Da dies der 100. Geburtstag eines bekannten deutschen Politikers ist, hält man seinen Tod zunächst geheim und erklärt ihn erst 3 Tage später offiziell für verstorben :-)


* * * * *

2023
Das ehemalige Französisch-Westafrika gerät noch einmal in die Schlagzeilen der Qualitätsmedien: Nachdem sich Frankreich als Vasall getreuer Verbündeter der USA dem Wirtschaftsboykott gegen Rußland angeschlossen hat und somit auf das - aus kasachstanischer Pechblende**** gewonnene - russische Uran verzichten muß, ist es vollständig von dessen Import aus Niger abhängig. Rußlands Präsident Wladimir Putin, nicht faul, schickt Legionäre der "Gruppe Wagner" nach Westafrika, die nach und nach die französischen Besatzungstruppen Schutztruppen einschließlich ihrer Helfershelfend*innen (u.a. der Bundesgurkentruppe Bundeswehr) aus dessen Staaten vertreiben.


Juli: Zuletzt "erwischt" es auch Niger. Frankreich verabschiedet sich aus dem Konzert der ernst zu nehmenden Atommächte; der "Wertewesten" schäumt vor Wut, ist jedoch machtlos.*****


*Nein, liebe Sprachpolizei, nicht Eingeborend*innen, nur männliche Eingeborene. (Die weiblichen erhalten es erst 11 Jahre später :-)

**Der Abbau wird in den nächsten Jahrzehnten noch erheblich ausgeweitet; am Ende bezieht Frankreich rund ein Drittel seines Urans aus Niger.

***Die beiden Strohköpfe hatten gerade ihre vermeintlich geniale "Pingpong"-Politik angeleiert, indem sie Taiwan zugunsten der Volksrepublik China fallen ließen und Südvietnam aufgaben. Der Treppenwitz ist, daß in Nigers Wirtschaft langfristig nicht die USA, sondern die VRC an Frankreichs Stelle trat - wie anderswo in Afrika auch -, und daß die "PPP" nicht den erhofften Frieden in Ostasien brachte, sondern erst zu millionenfachen Massenmorden in Indochina führte und ein halbes Jahrhundert später in einen selbstmörderischen Wirtschaftskrieg der "woken" USA gegen die VRC mündete.


****Kasachstan hat die weltweit größten Pechblende-Vorkommen. Rußland ist das gelungen, was Frankreich u.a. Kolonialmächte in Afrika vergeblich versucht haben: Es hat die ehemaligen Turk-Republiken der Sowjet-Union in die politische Unabhängigkeit entlassen und sich trotzdem den Zugriff auf ihre Bodenschätze erhalten.

*****Das hat weniger juristische als militärische Gründe: Der Westen hat fast alle seine militärischen Mittel in den Krieg bis zum letzten Ukraïner um die Ukraïne "investiert" (während Rußland dort nach wie vor nur "mit angezogener Handbremse" operiert und dabei nicht mal 20% seiner verfügbaren Truppen eingesetzt hat).
Nur der guten Ordnung halber erwähnt Dikigoros, daß sich die neue Regierung Nigers nach dem, was früher mal "Internationales Recht" genannt wurde - bevor es im 21. Jahrhundert immer mehr zur Farce verkam - völlig korrekt verhält: Während im "Werte-Westen" Vermögenswerte von Staaten, die ihm politisch nicht genehm sind, widerrechtlich - und selbstverständlich entschädigungslos - enteignet werden, läßt die neue Regierung Nigers die französischen Anteile an den Pechblende-Bergwerken unangetastet. Sie verbietet lediglich - wie es sich gehört - die Ausfuhr nach Frankreich, da sich das Regime des Usurpators Diktators Psychopathen Immanuel Nußbaum ["Emmanuel Macron"] im Krieg befindet. (Es liefert Waffen, Munition und Söldner an das Regime des Usurpators Diktator Hampelmanns Wladimir Grün ["Wolodymyr Zelenskyi"] in Kijiw.)


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