TOMAS  MASARYK

ab 1878: Tomáš Garrigue Masaryk

(07.03.1850 - 14.09.1937)

[Tomas Masaryk]

Tabellarischer Lebenslauf
zusammengestellt von
Nikolas Dikigoros

1850
7. März: Tomas Masaryk wird in Göding [heute "Hodonín"] (Mähren) geboren. Sein slowakischer Vater und seine deutsche Mutter arbeiten als Chauffeur (Kutscher) bzw. Köchin auf einem kaiserlichen Gut.

1861-63
Masaryk besucht die deutsche Realschule in Brünn.
Danach beginnt er Lehren als Schlosser und Schmied, die er jeweils nach kurzer Zeit abbricht.

1864-1865
Masaryk arbeitet als Lehrerpraktikant.

1865-69
Masaryk besucht das deutsche Gymnaisum in Brünn.

1869-72
Masaryk besucht das Akademische Gymnasium in Wien, wo er die Matura (Reifeprüfung) ablegt.

1872-76
Masaryk studiert Klassische Philologie und Philosophie und Wien. Er promoviert mit einer Arbeit über Platon.

1877
Masaryk geht nach Leipzig, wo er die US-Französin Charlotte ("Charlie") Garrigue kennen lernt, die einen unheilvollen Einfluß auf ihn ausübt. (Sie fühlt sich aus unerfindlichen Gründen als "Tschechin", geht nach Prag, lernt Tschechisch und bringt auch Masaryk dazu, allmählich zum "Tschechen" zu mutieren. Sie endet in der Irrenanstalt.)

1878
Masaryk heiratet "Charlie" und nimmt ihren Namen an. (Aus der Ehe gehen vier Kinder hervor.)

1879
Masaryk habilitiert sich an der Universität Wien mit einer Arbeit über den Selbstmord als "Massenerscheinung" und wird Privatdocent.

1880
Masaryk konvertiert vom katholischen zum evangelischen (reformierten) Glauben.

1882
Masaryk wird a.o. Professor für Philosohie an der neu eingerichteten Tschechischen Universität Prag.
Er gründet mit Kollegen die Monatszeitschrift Athenaeum.

1886
Im Athenaeum erscheint ein Masaryk zugeschriebener Artikel, der zwei "mittelalterliche" tschechische Gedichte als Fälschungen des frühen 19. Jahrhunderts entlarvt.* Er gilt darob tschechischen Patrioten - denen am Nachweis eines möglichst hohen Alters ihrer Sprache gelegen ist - jahrelang als Nestbeschmutzer.

1887/88
Auf Reisen nach Rußland gewinnt Masaryk eine skeptische Einstellung zu den "Russophilen" und dem "Panslawismus".

1889
Masaryk gründet den politischen Verein der "Realisten". Dieser tritt nicht für die Unabhängigkeit der Tschechen ein, aber für deren Gleichstellung mit den Deutschen und Ungarn im Rahmen der Habsburger Monarchie, d.h. de facto für deren Umwandlung in Österreich-Ungarn-Böhmen.

1891
Masryk wird als Abgeordneter der "Jungtschechischen Partei" - die mit den "Realisten" kooperiert - in den Reichsrat gewählt.
(Er legt das Mandat 1893 wegen Differenzen mit den "Jungtschechen" nieder.)

1895
Masaryk veröffentlicht "Die tschechische Frage".

1896
Masaryk veröffentlicht "Jan Hus".

1897
Masary wird zum ordentlichen Professor befördert.

1898
Masaryk veröffentlicht "Die philosophischen und soziologischen Grundlagen des Marxismus".

1899
Masaryk engagiert sich - ähnlich wie der Franzose Zola in der "Dreyfus-Affäre" - im Mordfall Hilsner zugunsten des Angeklagten und macht sich damit bei den tschechischen Anti-Semiten unbeliebt.**

1900
Masaryk gründet mit anderen "Realisten" die "Volkspartei" (im Volksmund allerdings nur "Judenpartei" genannt und daher später in "Fortschrittspartei" umbenannt).

1902
Masaryk absolviert eine Vortragsreise durch die USA und macht sich damit bei tschechischen Emigranten einen Namen.

1907
Bei den Reichstagswahlen erringt Masaryks "Volkspartei" nur zwei Sitze. Er wird erneut Abgeordneter.
Als solcher reist er wieder in die USA, wo ihm vor allen von der jüdischen Gemeinde in New York ein begeisterter Empfang bereitet wird.

1910
Masaryk reist nach Rußland, wo er sich mit Tolstoj anfreundet. An seiner kritischen Haltung ändert sich nichts.

1911
Die "Fortschrittspartei" erringt nur noch einen Sitz; Masaryk ist ihr einziger Abgeordneter.

1913
Masaryk veröffentlicht "Rußland und Europa". Er drückt darin seine Ablehnung des "rückständigen" Tsarenreichs aus.

1914
Dezember: Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs emigriert Masaryk zusammen mit seiner Tochter Olga in die Schweiz.

1915
Juli: Anläßlich der Feiern zum 500. Todestag des tschechischen Reformators Jan Hus in Zürich und Genf - wo der Hus-Bewunderer Calvin einst ein blutiges Terror-Regime errichtet hatte - fordert Masaryk erstmals öffentlich die Errichtung eines unabhängigen tschechischen Staates. Die Schweiz weist ihn daraufhin aus.
September: Masaryk geht nach London.
Oktober: Masaryk erhält eine Professur für "Slawische Studien" an der Universität London, um Propaganda für die Zerschlagung Österreich-Ungarns zu machen.
November: In Paris wird ein "Aktions-Komitee" für einen tschecho-slowakischen Staat gegründet.

1916
Februar: Masaryk geht nach Paris und übernimmt den Vorsitz des "Aktions-Komitees", das sich in "Tschecho-Slowakischer Nationalrat" umbenennt.

1917
Mai: Masaryk geht nach Rußland, um die aus der k.u.k. Armee desertierten Tschechen und Slowaken - rund 100.000 Mann - zu einer "Befreiungs-Armee" zusammen zu fassen. Daraus entsteht die berüchtigte "Tschechische Legion", die maßgeblich - mehr als "Weiße" und "Rote Armee" zusammen - zu den Greueln der russische Revolution und des anschließenden Bürgerkriegs beiträgt. (Ermordung aller kriegsgefangenen deutschen, deutsch-österreichischen und ungarischen Offiziere in Rußland, derer sie habhaft werden können, Plünderung und Zerstörung weiter Landstriche und Aushungerung der Zivilbevölkerung. Ausschlaggebend ist, daß die Tschechen die Kontrolle über den Eisenbahnverkehr erlangen, von dem der Nachschub an Waffen, Munition, Verpflegung und Medikamenten abhängt, insbesondere über die "Transsib".)


1918
März-Mai: Masaryk reist von Wladiwostok über Korea, Japan und Kanada in die USA. In Pittsburgh entwirft er mit anderen Emigranten die neue Verfassung eines Doppelstaates "Tschecho-Slowakei", in dem beiden Völkern getrennte Parlamente, Verwaltungen und Gerichte zugesichert werden. (Als einem halben Landsmann nehmen ihm die Slowaken das ab; aber kein Tscheche denkt ernsthaft daran, diese Vereinbarung einzuhalten.)
Juni-November: Masaryk vereinbart in mehreren Treffen mit US-Präsident Wilson die Gründung eines "tschecho-slowakischen" Staates aus Gebieten Böhmens, Mährens, Schlesiens, Ungarns und der Ukraïne.
[Noch in Wilsons verlogenem "14-Punkte-Programm" - einem Propaganda-Pamflet von Januar 1918 - war davon nicht die Rede gewesen.*** Darin enthalten war vielmehr ein "Selbstbestimmungsrecht der Völker", das den Völkern Mitteleuropas freilich nie gewährt werden sollte - geschweige denn den Minderheitsvölkern der Siegermächte Großbritannien und Frankreich oder denen Spaniens.****]
14. November: In Prag nennt sich ein "National-Ausschuß" in "National-Versammlung" um und ernenntwählt Masaryk zum "Präsidenten" der "Tschecho-Slowakei".
Dezember: Masaryk kehrt nach Prag zurück.


1919
September: Im DiktatVertrag von St. Germain wird Österreich-Ungarn zerschlagen. Von einer "Selbstbestimmung" der Betroffenen ist nicht mehr die Rede: Während die Deutsch-Österreicher und Ungarn auf kleine, kaum überlebensfähige Rumpfstaaten zurück geworfen werden, werden die kleineren Völker der brutalen Unterdrückung durch Tschechen, Polen, Walachen ["Rumänen"] und Serben ausgeliefert. Von den 13,5 Mio Einwohnern der "Tschecho-Slowakei" sind nicht einmal die Hälfte Tschechen.


1920
Februar: Nach Verabschiedung einer neuen, zentralstaatlichen Verfassung wird Masaryk - diesmal in Anwesenheit - erneut zum Präsidenten gewählt. Er enteignet den deutschen Grundbesitz, um das Unrecht der (300 Jahre zurück liegenden) Gegenreformation unter Wallenstein rückgängig zu machen.*****

1925
Masaryk veröffentlicht "Die Weltrevolution".

1927
Masaryk läßt sich erneut zum Präsidenten wählen.


1934
Masaryk läßt sich erneut zum Präsidenten wählen.

1935
Dezember: Masaryk tritt aus Altersgründen zurück. Zum neuen Präsidenten läßt er das Parlament seinen alten Spezi Edvard Beneš wählen, einen den übelsten Politverbrecher des 20. Jahrhunderts.

1937
14. September: Tomas Garrigue Masaryk stirbt in Lány. Nur Tschechen trauern um ihn; für die Landsleute seiner Eltern - und die anderen Minderheiten - verkörpert er all die schlechten Eigenschaften des Unrechtsstaates "Tschecho-Slowakei".


* * * * *

1992
Zum Jahresende wird die "Tschecho-Slowakei" einvernehmlich in zwei neue Republiken geteilt - eine tschechische und eine slowakische.

2005
Das tschechische Fernsehen veranstaltet eine Umfrage nach dem "größten Tschechen". Masaryk landet auf Platz 2 (hinter Kaiser Karl IV und vor Václav Havel).
Anders als in anderen Ländern, wo den Untertanen eine Liste politisch-korrekter Kandidaten vorgegeben wurde, war man in der Tschechei zunächst so unvorsichtig, die Zuschauer frei wählen zu lassen, die sich daraufhin mit großer Mehrheit für Kandidaten entschieden, die entweder gar keine Tschechen waren oder aber gar nicht wirklich existierten, wie die 1966 von einem Komödianten erfundene Kunstfigur "Jára Cimrman".******


*Derartige Fälschungen waren im Zeitalter des erwachenden Nationalismus beliebt, da sich der Anspruch auf eine eigene Nation hauptsächlich auf eine eigene Kultur stützte und diese wiederum in erster Linie auf eine eigene (Schrift-)Sprache. Weitere bekannte Beispiele sind die schottischen "Ossian-Gedichte" und das finnische "Kalevala".

**Leopold Hilsner war wohl tatsächlich der Mörder eines kleinen Mädchens und wurde in allen Instanzen als solcher verurteilt. Der - auch in den Massenmedien erbittert geführte - Streit entzündete sich vor allem an der Frage, ob er als Jude einen "Ritualmord" begangen habe. Dies wurde in letzter Instanz verneint. Masaryk wollte aber über den Einzelfall hinaus "beweisen", daß es gar keine "jüdischen Ritualmorde" gebe, sondern daß dies lediglich ein "christlicher Aberglaube" sei.

***Die ursprünglichen Kriegspläne der Entente sahen zwar eine Zerschlagung des Deutschen, des Habsburger und des Osmanischen Reichs vor, wobei die Grenze des Tsarenreichs bis zur Oder-Neiße-Linie vorgeschoben werden sollte; es sollte jedoch ein Restdeutschland ("Ultimania") erhalten bleiben, bestehend aus der Gebieten der späteren "DDR", Bayerns, der Ostmark (heute "Österreich"), der Mark Krain (heute "Slowenien"), Böhmens und Mährens. (Ungarn sollte vollständig - also einschließlich der Slowakei und Siebenbürgens - an Rußland fallen.)

[die ursprünglichen territorialen Kriegsziele der Entente-Mächte im Ersten Weltkrieg]

****Das "Selbstbestimmungsrecht der Völker" wurde denn auch nie in der Satzung der Verbrecher-Organisationfriedliebenden Gemeinschaft "Völkerbund" verankert; darin wurde vielmehr die Unverletzlichkeit der Grenzen aller "souveränen" Völkerkerker Staaten festgeschrieben, was unendliches Leid über die Betroffenen brachte. Allein den Iren gelang es unter Eamón de Valera, wenigstens einen Teil ihrer Insel von England zu lösen; der Versuch der Basken und Katalanen, sich von Kastilien zu trennen, scheiterte im Spanischen Bürgerkrieg an Franco. Als sich die Slowaken 1939 und 1993 von den Tschechen lösten, wurde zuvor keine Volksabstimmung durchgeführt. Allerdings hatten die Slowaken 1992 mit überwältigender Mehrheit die Partei von Vladimir Mečiar gewählt, der die Unabhängigkeit auf seine Fahnen geschrieben hatte. Die Sklavenvölker Serbiens mußten sich ihre Unabhängigkeit mit Waffengewalt - z.T. gegen den Widerstand des Völkerbund-Nachfolgers UNO - erkämpfen. Die Verwirklichung des Selbstbestimmungsrechts der Völker in "Belgien" steht noch aus. Obwohl Flamen und Wallonen inzwischen mehrheitlich Parteien wählen, die für eine Trennung nach dem Vorbild der Tschechen und Slowaken eintreten, werden doch aus der Minderheit der Volksverrätertreter beider Seiten immer wieder Koalitions-Kabinette gebildet, die diese verhindern.

*****Diese offizielle (!) Begründung mag der Grund sein, weshalb die Tschechen noch immer fürchten, die Sudeten-Deutschen könnten eines Tages verlangen, das nicht annähernd so lange zurück liegende Unrecht der Tschechisierung unter Masaryk und seinen Nachfolgern rückgängig zu machen.

******Dieser Vorgang schlug hohe Wellen und führte zu einem Absinken der "Wahl"-Beteiligung unter 50%. In großen Teilen der Bevölkerung entstand der Eindruck, daß es um die Meinungsfreiheit in der so genannten "Demokratie" noch schlechter bestellt sei als im Kommunismus, wo "Jára Cimrman" - trotz unverhohlen systemkritischer Untertöne - immerhin noch im Staatsfernsehen geduldet war. So verwundert es nicht, daß bei der gleichzeitig durchgeführten Wahl zum größten Schurken der tschechischen Geschichte in der Top 10 gleich 9 Politiker des 20. und 21. Jahrhunderts - auch, aber nicht nur Kommunisten - auftauchten. (Die einzige Ausnahme war ein zeitgenössischer Fernseh-Bonze, der Boss von TV Nova :-)


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