LEE  KUAN  YEW*

(1923 - 2015)


Tabellarischer Lebenslauf
zusammengestellt von
Nikolas Dikigoros

1923
16. September: Harry Lee Kuan Yew wird als ältestes Kind einer wohlhabenden chinesischen Kaufmannsfamilie geboren, die seit 60 Jahren in Singapur lebt. Die vor der Südspitze der Halbinsel Malakka gelegene Insel ist seit 1819 britisches Pachtgebiet.**


Da Lees Vater Lee Chin Koon aus einer Hakka-Familie stammt und seine Mutter Chua Jim Neo aus einer Hokkien-Familie, wird in seinem Elternhaus Englisch gesprochen.

1929-36
Lee besucht die Telok-Kurau-Grundschule.

1936-39
Lee besucht das Raffles-Institut, eine Art Realgymnasium.

1940-42
Lee besucht mit einem Stipendium das Raffles College (heute National-Universität von Singapur).

1942
Nach der Besetzung Singapurs durch japanische Truppen gewinnt Lee die Überzeugung, daß es mit der britischen Kolonialherrschaft zuende geht; er beginnt Japanisch und Chinesisch*** zu lernen.

1943-44
Lee arbeitet als Übersetzer und Redakteur für die japanischen Besatzungsbehörden. Nebenbei betreibt er einen schwunghaften Schwarzmarkthandel mit Klebstoffen.

1945
Nach der japanischen Kapitulation kann Lee glaubhaft machen, daß er schon immer insgeheim für die Rückkehr der Briten gearbeitet habe; er erhält erneut ein Stipendium, diesmal zum Studium in England.

1946-49
Lee studiert an der London School of Economics und der Cambridge University Wirtschafts- und Rechtswissenschaften. Dabei infiziert er sich mit dem "Eng-Soz-Bazillus" der Richtung Harold Laski; er wird Sympathisant der Labour-Party.

1947
Lee heiratet seine Kommilitonin Kwa Geok Choo. (Die Hochzeit wird 1950 in Singapur noch einmal gefeiert.) Aus der Ehe gehen zwei Söhne und eine Tochter hervor.

1950
Nachdem Lee sein Jurastudium mit Auszeichnung abgeschlossen hat, legt er das Bar Exam ab und wird zur Anwaltschaft zugelassen. Anschließend kehrt er nach Singapur zurück, wo er in die renommierte Kanzlei Laycock & Ong eintritt, deren Seniorchef John Laycock zugleich Abgeordneter der (konservativen) "Progessiven Partei" ist.

1951
Als Wahlkampf-Manager Laycocks erkennt Lee, daß dessen Partei nach der abzusehenden Einführung des allgemeinen Wahlrechts für alle "Eingeborenen" chancenlos wäre.

1954
November: Lee gründet die PAP ("People's Action Party [Völkische Aktions-Partei]"), die links von der britischen "Labour Party [Arbeiterpartei]" steht, da sie zunächst auch Anhängern der - offiziell verbotenen - MCP [Malaiischen Komministischen Partei] eine politische Heimat bietet. Lee wird ihr General-Sekretär.

[Lee 1955 als Wahlredner]

1955
Lee wird als Abgeordneter für Tanjong Pagar in die Gesetzgebende Versammlung gewählt, wo er die Opposition anführt.

1956
Lee nimmt an der Allparteien-Konferenz in London teil, auf der über die Zukunft der britischen Kolonien in Südostasien entschieden werden soll.

1957
Juli: Lee säubert die PAP von Kommunisten - hält aber engen Kontakt zu den Gewerkschaften (und inoffiziell wohl auch zum illegalen kommunistischen Untergrund).
August: Malaya und die "Straits Settlements" (Penang, Dinding, Malakka und Singapur) werden unter der Bezeichnung "Föderation von Malaya" unabhängig.


1959
Juni: Die PAP gewinnt über 80% der Sitze in der Gesetzgebenden Versammlung; Lee wird Premier-Minister von Singapur, das Autononie-Status genießt.

1963
September: Lee läßt sich von Sultan Tunku Abdul Rahman, dem Premier-Minister von Malaya, überreden, gemeinsam mit Malaya, Sabah und Sarawak den Staat "Malaysia" zu gründen. Zwar sprechen sich bei einem Referendum mehr als zwei Drittel der Wähler für diesen Schritt aus, das böse Erwachen folgt jedoch bald, als sich heraus stellt, daß Malaiien und Chinesen nach Wegfall der britischen Polizeigewalt nicht mit einander "können" (oder wollen :-).

1964
Juli-September: Die Spannungen zwischen den Volks- und Religionsgruppen steigern sich zu bürgerkriegsähnlichen Unruhen.

1965
August/September: Singapur scheidet aus dem Staatsverband mit seinen Nachbarn aus - deren Staat gleichwohl weiterhin "Malaysia" genannt wird. Auf wen diese segensreiche Idee zurück ging, ist bis heute unklar.****

1966-68
Maos "Kultur-Revolution" zerstört die letzten Reste der alten chinesischen Kultur auf dem Festland.

1967
August: Singapur ist Gründungsmitglied der ASEAN.

1969-71
.

1971-72
Die UNO erkennt die "Volksrepublik China" offiziell an und schließt Taiwan aus; auch die USA (unter Präsident Nixon und Außenminister Kissinger) und Japan schwenken auf einen pro-maoïstischen Kurs ein.

1973
Januar: Die USA ziehen ihre Truppen aus Vietnam ab und geben Indochina verloren.

1975
April: Truppen der "Roten Khmer" unter dem Ex-Mönch Pol Pot erobern Phnom Penh. Sie zerstören die alte, buddhistisch geprägte Kultur Kambodiyās ebenso wie dies Maos "Rote Garden" während der "Kultur-Revolution" in China getan haben und ersetzen sie durch eine Art Steinzeit-Kommunismus.

1976
September: Mao Tse-tung stirbt.

1979
.

1983
.

1988
Lee besucht Peking, wo er von den rotchinesischen Machthabern als Vorbild für ihren neuen wirtschaftspolitischen Kurs gefeiert wird.

[Lee 1988 beim Staatsbesuch in Peking]

1990
November: Lee tritt als Ministerpräsident von Singapur zurück. Sein Nachfolger wird Goh Chok Tong - dem er jedoch bis zum Ende seiner Amtszeit (2004) als "Senior Minister" weiterhin auf die Finger schaut.

1998
Lee veröffentlicht seine Memoiren unter dem Titel "Die Singapur-Story".


2004
August: Lees Amt als "elder statesman" wird umbenannt in "Minister Mentor"; als solcher zieht er nach wie vor im Hintergrund die Fäden. Offiziell wird sein Sohn Lee Hsien Loong neuer Premierminister. (Singapur wird jedoch nicht in "Erbmonarchie" umbenannt :-)

2011
Lee legt seine politischen Ämter nieder und zieht sich in den Ruhestand zurück.

2015
23. März: Lee Kuan Yew stirbt in Singapur an Lungenentzündung.


*Eigentlich Harry Li Guāng-yào oder - auf Hokkien - Lí Kong-iāu. Dikigoros respektiert jedoch die von L.K.Y. selber gewählte englische Schreibweise.

**Entgegen sonstiger Gepflogenheit raubten die Briten die Insel nicht, sondern pachteten sie vom Sultan von Dschohor [engl. "Johore"]. An einer strategisch günstigen Stelle - wo bereits seit Jahrhunderten die javanische Hafenstadt Tumasik [engl. "Temasek"] (später "Singapura" [engl. "Singapore"], d.h. "Löwenstadt" genannt) bestand - legte Thomas Stamford Raffles (1781-1826) eine neue, britische Hafenstadt an, die erst nach ihm selber, dann nach der Insel benannt wurde.

***Obwohl Lees Muttersprache Hokkien war - wie die der Mehrheit der Chinesen in Singapur - lernte er Mandarin, das er später - neben Englisch und Bahasa - auch zur Amtssprache machte. Dagegen machte er zur 4. Amtssprache nicht Hindi, sondern Tamil, die Muttersprache der Mehrheit der Inder in Singapur.

****Tunku Abdul Rahman behauptete, die "illoyalen" Singapur-Chinesen "ausgeschlossen" zu haben; Lee habe sich bis zuletzt an die Union geklammert. Lee behauptete, er habe frühzeitig die Gefahren erkannt, die sich aus einem von Muslimen beherrschten Einheitsstaat ergeben würden und daher die Trennung betrieben - was er später jedoch wiederholt dementierte. Offiziell handelte es sich um eine einvernehmliche Trennung.

***** .

****** .


weiter zu Soekarno

zurück zu Politiker des 20. Jahrhunderts

heim zu Von der Wiege bis zur Bahre