PORFIRIO DÍAZ
(1830 - 1915)
Tabellarischer Lebenslauf
zusammengestellt von
Nikolas Dikigoros
- 1830
- 15. September: Porfirio Díaz wird als sechstes von sieben Kindern des Gastwirts* José Faustino Díaz Bohorques und seiner Ehefrau Maria Petrona, geb. Mori Cortés, in Oaxaca geboren. Sein Vater ist Kreole**, seine Mutter Mestizin halb-asturischer, halb-mixtekischer Abstammung.
- México hat sich 1821 nach einem elf Jahre langen Unabhängigkeitskrieg von Spanien gelöst; seitdem geht es kontinuierlich bergab. 1823 sind die südlichen Provinzen (heute Guatemala, Costa Rica, Nicaragua, Honduras, El Salvador) verloren gegangen; auch Yucatán steht vor der Sezession.
- 1835-43
- Díaz besucht die Pfarreischule in Oaxaca.
- 1836
- México verliert Texas (das zunächst "unabhängig", dann ein US-Bundesstaat wird).
- 1843-46
- Díaz besucht das Priesterseminar in Oaxaca.
- 1846
- Díaz meldet sich im
Krieg gegen die USA
zu den Waffen und wird als Kadett ausgebildet. México wird schwer geschlagen; es verliert bis 1853 rund die Hälfte seines ursprünglichen Staatsgebiets an die USA.
- 1850
- Díaz lernt den Advokaten und künftigen Revolutionär Benito Juárez kennen und beschließt, in dessen Fußstapfen zu treten. Er bricht mit seiner Familie, verläßt das Priesterseminar und beginnt ein Studium der Rechtswissenschaften am Institut der Wissenschaften - Schwerpunkt Römisches Recht - in Oaxaca; nebenbei jobbt er bei einem Waffenschmied, bei einem Zimmermann und in der Instituts-Bibliothek.
- 1853
- April: General Santa Anna wird (erneut) Präsident. Juárez geht ins Exil in die USA, mit deren Unterstützung er Revolutionspläne schmiedet.
- 1854
- Januar: Díaz schließt sein Jura-Studium mit Auszeichnung ab; er wird kurzzeitig mit der Lehrstuhlvertretung für Naturrecht betraut.
- März: Die "Revolution von Ayutla" gegen Santa Anna bricht aus; Díaz stellt sich auf die Seite der Aufständischen und wird zum Leutnant der Revolutionstruppen ernannt.
- 1855
- August: Santa Anna gibt auf und geht ins Exil nach Cuba. Neuer Präsident wird Juan Álvarez; Juárez keht nach México zurück und wird Gouverneur des Bundesstaats Oaxaca; Díaz wird Polizeichef von Ixtlán; der Bürgerkrieg geht weiter.
- 1856
- Dezember: Díaz nimmt an der Eroberung der Stadt Oaxaca teil, wird verwundet und zum Hauptmann befördert.
- 1857
- Dezember: Nachdem sich Juárez zum Präsidenten erklärt und eine Gegenregierung errichtet hat, bricht der Bürgerkrieg ("Reform-Krieg") erneut aus.
- 1858
- Díaz wird Militärkommandant von Tehuantepec und zum Major befördert.
- 1859
- Díaz wird zum Oberst befördert.
- 1860
- Díaz wird zum Generalleutnant befördert.
- 1861
- Nach dem Sieg von Juárez im Bürgerkrieg - der die meisten alten Generäle ihre Planstellen kostet - wird Díaz zum General befördert; auf ein ihm angetragenes Kongreß-Mandat verzichtet er in der richtigen Erkenntnis, daß die politische Macht in México auf absehbare Zeit vom Militär ausgehen wird und nicht von Abgeordneten.
- Juárez läßt sich in einer Scheinwahl als Präsident bestätigen und errichtet ein Terror-Regime über Lebende und Tote; die Kirchen - einschließlich der Friedhöfe - werden enteignet, christliche Gottesdienste und Eheschließungen verboten.
- Juli: Juárez streicht die Staatsschulden gegenüber dem In- und Ausland.
- Oktober: In London beschließt eine Koalition europäischer México-Gläubiger unter französischer Führung, dem Juárez-Spuk ein Ende zu bereiten.
- Dezember: Europäische Truppen landen in México.
- 1862
- 5. Mai: In der (ersten) Schlacht von Puebla (seitdem Gedenk- und Feiertag in México***) gelingt es Díaz, die europäischen Truppen zu schlagen.
- Der Oberbefehlshaber, General Zaragoza, verbietet Díaz die Verfolgung des fliehenden Gegners, so daß dessen Vernichtung verhindert und sein Vormarsch nur vorübergehend aufgehalten wird.
- 1863
- Januar:
Napoléon III
von Frankreich schickt frische Truppen nach México.
- April/Mai: In der (zweiten) Schlacht von Puebla siegen die europäischen Truppen; Díaz und drei weitere Generäle geraten in Gefangenschaft; ihm gelingt jedoch die Flucht zu Juárez, der ihn zum neuen Oberbefehlshaber ernennt.
- Juni: Die französischen Truppen ziehen in der Hauptstadt ein.
- Juárez und Díaz fliehen und beginnen einen Guerillakampf in der Provinz Oaxaca.
- 1864
- Juni: Der österreichische Erzherzog Maximilian wird zum Kaiser von México ausgerufen.
- 1865
- Februar-Juni: Die kaiserlichen Truppen erobern Oaxaca; Díaz gerät in Gefangenschaft, wird wegen Hochverrats zum Tode verurteilt, jedoch zu lebenslanger Freiheitsstrafe begnadigt.
- September: Der (französisch-ungarische) Gefängnis-Direktor, der die Österreicher insgeheim haßt, ermöglicht Díaz die erneute Flucht. Im noch nicht besetzten Süden des Landes stellt er ein neues Heer auf.
- 1866
- Oktober: Díaz schlägt die kaiserlichen Truppen bei Miahuatlán und bei la Carbonera.
- Dezember: Díaz erobert Oaxaca zurück.
- 1867
- Februar: Unter dem Druck der USA zieht Frankreich seine Truppen ab; die meisten einheimischen Soldaten der kaiserlichen Armee desertieren; Maximilian bleiben weniger als 1.000 Mann - der Rest des kleinen
österreichischen Freiwilligenkorps -; er zieht sich nach Querétaro zurück, lehnt jedoch - anders als seine belgische Ehefrau - die noch mögliche Flucht nach Europa ab.
- März/April: In der [dritten] Schlacht von Puebla**** obsiegt wieder Díaz; er wird zum Kriegshelden.
- April: Diáz heiratet seine Nichte Delfina Ortega de Díaz. (Aus der Ehe gehen fünf Kinder hervor, die allesamt erbkrank sind; drei sterben noch vor Vollendung des ersten Lebensjahrs.)
- Mai: Maximilian kapituliert.
- Juni: Maximilian wird wegen Hochverrats zum Tode verurteilt und erschossen, ebenso alle höheren Offiziere seiner Truppen, die in Gefangenschaft geraten waren.
- Díaz fällt bei Juárez in Ungnade, als er die
Ermordung"Hinrichtung" einiger gefangener französischer Offiziere und katholischer Priester verhindert; wegen seiner Popularität kann Juárez ihn jedoch nicht ohne weiteres "beseitigen".
- August: Díaz kandidiert bei den Präsidentschaftswahlen gegen Juárez, dem er jedoch deutlich unterliegt.
- Dezember: Díaz lehnt die ihm angebotene
Abschiebung nach Ernennung zum Botschafter von México in Washington ab und zieht sich statt dessen offiziell ins Privatleben zurück auf seine Hacienda "La Noria" in Oaxaca, die er als Dotation für seine Verdienste im Krieg erhalten hat. (Insgeheim beginnt er jedoch Sympathisanten, Waffen und Munition für ein neues Heer zu sammeln.)
- 1871
- August: Díaz tritt bei den Präsidentschaftswahlen erneut gegen Juárez an.
- Oktober: Nach zwei Monaten
Gemauschel"Auszählung" wird Juárez zum Sieger erklärt.
- November: Díaz erkennt das Wahlergebnis nicht an und ruft das Militär zum Sturz von Juárez auf; die "Revolution von La Noria" beginnt.
- 1872
- Juli: Juárez stirbt eines natürlichen Todes (an angina pectoris); die Koalition der Revolutionäre gegen ihn bricht auseinander. Díaz erkennt Lerdo de Tejada als neuen Präsidenten an, der im Gegenzug ihm und seinen Anhängern Straffreiheit gewährt. Allerdings ist Díaz wirtschaftlich ruiniert; er muß seine Hacienda verkaufen und geht als Zuckerrohrpflanzer nach Veracruz.
- 1874
- Oktober: Díaz - der noch immer populär ist - beschließt, nun doch Politiker zu werden und läßt sich zum Kongreß-Abgeordneten wählen. Er gewinnt Sympathien beim Militär, indem er gegen die Kürzung des Soldes der Aktiven und der Pension der Veteranen opponiert.
- 1875
- Dezember: Díaz kündet seine Kandidatur für die nächsten Präsidentschaftswahlen an; Lerdo läßt seine Wahlkampf-Veranstaltungen jedoch gewaltsam auflösen.
- 1876
- Januar: Díaz ruft zur Revolution gegen Präsident Lerdo auf; die "Revolution von Tuxtepec" beginnt. Zu Díaz' unangenehmer Überraschung steht der größte Teil des Heeres zu Lerdo.
- März: Díaz unterliegt den Regierungstruppen in der Schlacht von Icamole und flieht nach Cuba, wo er mit Unterstützung der spanischen Kolonialbehörden (Spanien hat den Verlust Méxicos noch immer nicht verwunden) eine neue Armee, u.a. aus frei gelassenen Sklaven, aufstellt.
- November: Díaz landet in Veracruz und schlägt bei Tecoac die Regierungstruppen mit Hilfe seines alten Kameraden Manuel Gonzáles - der mit ihm zusammen die dritte Schlacht von Puebla gewonnen und dabei einen Arm verloren hatte; er ist der einzige General, der sich auf seine Seite gestellt hat. Lerdo flieht außer Landes; Díaz erklärt sich zum "provisorischen Präsidenten".
- Dezember: José Maria Iglesias, der Präsident des Verfassungsgerichts, läßt sich von seinen Anhängern ("Dezembristen") zum neuen Staatspräsidenten ausrufen.
- Díaz überläßt die "provisorische Präsidentschaft" seinem Freund Juan Méndez und führt den Bürgerkrieg - nun gegen die "Dezembristen" - weiter.
- 1877
- März: Díaz besiegt die "Dezembristen" in Guanajuato. Iglesias tritt daraufhin "freiwillig" vom Amt des Staatspräsidenten zurück und gibt sich mit dem Posten eines Gouverneurs von Michoacán zufrieden. Damit endet eine 67 Jahre lange Periode der mexikanischen Geschichte, in der fast ununterbrochen Krieg und/oder Bürgerkrieg herrschte. Díaz bringt México 34 Jahre Frieden, eine Zeitspanne, wie sie nie zuvor oder danach wieder erreicht wurde - bis heute nicht.***** Rückblickend bezeichnet man diese Ära als "Porfiriato".
- 5. Mai: Díaz läßt sich am 15. Jahrestag der Schlacht von Puebla zum neuen Staatspräsidenten ausrufen.
- 1878
- Díaz nähert sich politisch - und vor allem wirtschaftlich - den USA an. (Dennoch ist von ihm der Satz überliefert: "Armes México - Gott so fern, und den USA so nahe!" :-) Er überzeugt US-Investoren davon, daß ihr Geld in México von nun an sicher angelegt sei - eine Behauptung, die man bis dahin für einen schlechten Scherz gehalten hätte - und ermöglicht so vor allem den Aufbau eines Eisenbahn- und Telegrafennetzes. (Symbolisch wird 1878 auch das erste mexikanische Telefon - das erst 1876 erfunden wurde - in Betrieb genommen; ein richtiges Telefonnetz entsteht aber erst in den 1890er Jahren, ebenso ein Stromnetz.) Noch im selben Jahr söhnt er sich auch mit Spanien aus (das bis dahin an der Fiktion eines "Kaiserreichs México" festgehalten und die "Republik México" nicht anerkannt hatte).
- 1879
- In der Provinz Veracruz wird Erdöl entdeckt; dies ermöglicht - zusammen mit dem forcierten Silberbergbau - den weiteren Ausbau und die Industrialisierung der Wirtschaft. México produziert erstmals in nennenswerter Quantität - und auch für den Export ausreichender Qualität - Textilien, Baustoffe, Chemikalien und Genußmittel (Bier, Wein, Zigarren). Méxicos Außenhandel nimmt sprunghaft zu.
- 1880
- April: Delfina Díaz stirbt bei der Totgeburt ihres sechsten Kindes im Kindbett. Für México wirkt sich dies segensreich aus, da Díaz die traurige Geschichte seiner Ehe als Strafe Gottes für seine Sünden, insbesondere seine Unterstützung des gottlosen Juárez-Regimes, empfindet und sich daraufhin - zunächst privat - mit der Kirche aussöhnt. Er läßt sich am Sterbebett seiner Frau mit dieser von einem katholischen Bischof trauen und schwört der
unchristlichen"liberalen" Juárez-Verfassung von 1857 öffentlich ab.
- Dezember: Nachdem Díaz sich nicht zur Wiederwahl gestellt hat, wird Gonzáles - bisher Kriegsminister - neuer Präsident. Díaz übernimmt das Ministerium für Verkehr, das er für das wichtigste hält. (Es ist u.a. für den Eisenbahnbau, Post und Telegrafie zuständig.)
- 1881
- November: Der 51-jährige Díaz heiratet in zweiter Ehe die 17-jährige Carmen Romero Rubio (1864-1944) - ein Patenkind des von ihm gestürzten Lerdo. Die Ehe bleibt kinderlos.
- Dezember: Díaz läßt sich zum Gouverneur von Oaxaca wählen, legt das Amt jedoch nach wenigen Monaten nieder und wird wieder Verkehrsminister.
- 1884
- Dezember: Nachdem Gonzáles durch mehrere Korruptionsskandale diskreditiert ist, stellt er sich nicht mehr zur Wiederwahl. Díaz wird erneut Präsident. Er begleicht die einst von Juárez gestrichenen Schulden gegenüber Großbritannien; auch dieses erkennt daraufhin die "Republik México" an.
- Innenpolitisch betreibt Díaz - neben einem weiten Ausbau der Wirtschaft - eine Versöhnung der divergierenden politischen Gruppen. In sein Kabinett beruft er - anders als noch 1877 - Minister, die zuvor unter Juárez, Maximilian und Lerdo gedient hatten; im übrigen stützt er sich bevorzugt auf eine Gruppe parteiloser Fachleute ("Científicos [Wissenschaftler]"), wie den französisch-stämmigen Wirtschaftsminister Yves ("José") Limantour. Er lockert auch die von Gonzáles massiv betriebene Knebelung der Presse.
- 1887
- Díaz macht unter dem Einfluß seines persönlichen Freundes Eulogio Gillow - der Erzbischof von Oaxaca wird - die Enteignung der Kirchengüter rückgängig. Die religiösen Orden - einschließlich des Jesuitenordens - werden wieder zugelassen; zu einem formellen Konkordat mit dem Vatikan kann Díaz sich jedoch nicht durchringen.
- 1888
- Mai: Díaz setzt eine Verfassungsänderung durch, nach der sich ein Präsident beliebig oft wiederwählen lassen kann. (Díaz tut dies 1888, 1892, 1896, 1900 und 1904.)
- 1889-91
- Díaz reformiert das Bildungswesen (Einführung der allgemeinen Schulpflicht bei kostenlosem Besuch der Volksschulen, staatliche Lehrerausbildung, Einrichtung der ersten Oberschulen).
- 1890er Jahre
- México erlebt eine Epoche materiellen Wohlstands (seit 1893 ist México schuldenfrei) und kultureller Blüte. Díaz steht auf dem Höhepunkt seiner Popularität.
- 1892
- Díaz läßt Matías Romero seine Memoiren schreiben; sie werden jedoch nur in einer kleine Probeauflage hergestellt und finden daher kaum Beachtung.******
- 1900
- Díaz gründet die erste "nationale" Universität Méxicos. (De facto handelt es sich um eine Verstaatlichung der bisher bestehenden Hochschulen für Medizin, Ingenieurswesen und Staatswissenschaften.)
Die Popularität "des Alten" (Díaz) beginnt zu sinken; bei den Präsidentschaftswahlen wird erstmals Wirtschaftsminister Limantour als Gegenkandidat ins Gespräch gebracht - der jedoch als "Ausländer" nach der Verfassung nicht antreten darf.*******
- 1904
- Bei der
Weltausstellung von St. Louis
steht México wirtschaftlich auf dem Höhepunkt seines internationalen Ansehens.
- 1906
- Ethel Alec-Tweedie veröffentlicht "The Maker of Modern Mexico: Porfirio Díaz". Es bleibt lange Zeit seine einzige Biografie.
- 1907
- Die von den USA ausgehende Weltwirtschaftskrise trifft México hart. Mißernten führen zu Lebensmittelknappheit. Díaz versucht den Kurssturz des Peso und die durch verteuerte Importe bewirkte Inflation durch Einführung der Gold- anstelle der Silber-Währung zu bekämpfen - ohne Erfolg. Wieder beginnen Bauernunruhen; erstmals gibt es auch größere Streiks der Arbeiter. Die Unzufriedenheit in der Bevölkerung wächst.
- 1908
- Díaz verschiebt die anstehenden Präsidentschaftswahlen auf 1910 und kündet an, politische Parteien zuzulassen, was große Teile
des blöden Wahlviehsdes Volkes für ein Allheilmittel zur Lösung der wirtschaftlichen Probleme des Landes halten. Das Millionärssöhnchen Francisco Madero - wie Che Guevara gelernter Mediziner, ohne jegliche politische oder wirtschaftliche Erfahrung - schwingt sich mit dem Buch "Die Präsidentschafts-Nachfolge 1910" zum Führer der Opposition gegen Díaz auf. Er fordert die Wiedereinführung der Juárez-Verfassung von 1857.
- 1909
- April: Díaz empfängt Madero zu einer Aussprache, ohne eine Einigung zu erzielen.
- Díaz verstaatlicht die Eisenbahnen - die bis dahin Privateigentum amerikanischer Unternehmer waren - und verärgert damit die USA.
- 1910
- Madero steckt sein gesamtes Vermögen in einen mehrmonatigen Wahlkampf, in dem er das ganze Land bereist, nach US-amerikanischem Muster, dem ersten dieser Art in México, wie er bis heute für die "Parteien-Demokratie" kennzeichnend ist: Demagogie, schamlose Lügen und Verdummung der Wähler mit falschen Wahlversprechungen.
- Díaz läßt Madero verhaften und verhindert so dessen Kandidatur.
- Juli: Díaz setzt sich bei der Präsidentschaftswahl gegen Maderos Vertreter Vázquez Gómez durch.
- September: Díaz läßt die 100-Jahr-Feier der Unabhängigkeitserklärung Méxicos von Spanien vom 16. auf den 15.9. vorverlegen, um vor 100.000 Menschen in der Hauptstadt seinen 80. Geburtstag öffentlich zu feiern und die - der Berliner "Siegessäule" nachempfundene - "Freiheitsstatue" (die dort schon seit 1902 steht) offiziell "einzuweihen".
- 5. Oktober: Madero gelingt die Flucht in die USA - deren politische Führung wie so oft im 20. Jahrhundert (und danach :-) nicht erkennt, welcher Art und Güte die Individuen sind, die sie in ihrem vorgeblichen Kampf gegen "böse Diktatoren" unterstützt.
- 16. Oktober: Díaz trifft in Ciudad Juárez mit US-Präsident Taft zusammen, der bessere Garantien für amerikanische Investitionen in México verlangt.
- Díaz läßt einen gewaltsamen Streik der Zuckerrohr-Landarbeiter niederschlagen. Ihr Anführer - ein gewisser Emiliano Zapata - entkommt jedoch.
- 20. November: Madero ruft von seinem US-Exil aus zum Sturz Díaz' auf. Die Anführer einiger kleiner Räuberbanden (González, Orozco,
Villa)
wittern Morgenluft und beginnen, Anhänger zu sammeln.
- 1911
- März-April: Dem unter Arbeitern und Bauern gleichermaßen populären Zapata gelingt es, mit einer Streitmacht gut ausgebildeter desertierter Soldaten
die Regierungstruppen zu schlagen; daraufhin schließen sich weite Teile des Landes der Revolution an.
- 25. Mai: Nachdem alle seine Minister - außer Limantour - zurück getreten sind, erklärt auch Díaz seinen Rücktritt und geht mit seiner Frau ins Exil nach Frankreich.
- 6. November: Madero wird neuer Präsident von México.
- 25. November: Zapata ruft zum Sturz Maderos auf; der Bürgerkrieg beginnt nun erst richtig; die Revolution frißt binnen weniger Jahre fast alle ihre
KinderVäter.
- 1915
- 2. Juli: Porfirio Díaz stirbt in Paris und wird zunächst in der Kirche Saint Honoré l'Eylau beigesetzt.
- 1921
- Díaz Leiche wird auf den Friedhof von Montparnasse überführt.
- 1931
- Díaz' Witwe Carmen kehrt nach México zurück, hält es aber für sicherer, die Leiche ihres Mannes in Frankreich zu belassen.
- Während México all seinen mehr oder weniger erfolgreichen Revolutionären, Möchtegern-Revolutionären und Räuberhäuptlingen seit 1810 (Hidalgo, Morelos, Juárez, Madero, Carranza, Zapata, Pancho Villa pp.) ein ehrendes Andenken bewahrt (die meisten sind bis heute auf Münzen und Geldscheinen präsent; von Madero - der seit seiner Ermordung 1913 als "Martyrer der Republik" gilt - stehen im ganzen Lande Denkmäler) wird Díaz mit einer Mauer eisigen Schweigens umgeben; selbst im Zusammenhang mit der Schlacht von Puebla darf sein Name nicht mehr erwähnt werden.********
* * * * *
- 2010
- 200 Jahre nach Beginn des Unabhängigkeitskrieges gegen Spanien erlebt Díaz angesichts der katastrofalen Lage Méxicos ein überraschendes literarisches Comeback. Die Biografie von Alec-Tweedie wird neu aufgelegt, sogar in Indien (unter dem Titel "Porfirio Díaz: Seven Times President of Mexico") und in Deutschland (unter dem Titel "Porfirio Díaz. Der Schöpfer des heutigen Mexiko" - den sich Díaz bestimmt verbeten hätte; mit den Zuständen des heutigen México hätte er bald aufgeräumt, mit "diktatorischen" Mitteln :-). Im In- und Ausland erscheint eine Flut neuer Bücher, die ihn in positivem, zumindest aber neutralem Licht sehen, u.a. "Porfirio Díaz - President of Mexico - the Master Builder of a Great Commonwealth" von José F. Godoy, "Porfirio Díaz" von Rafael Zayas Enríquez und "Moral en acción: Porfirio Díaz y su obra" (anonym, von einem "alten Gardesoldaten")
*José Díaz war ursprünglich Minenarbeiter; im Unabhängigkeitskrieg stieg er vom Pferdepfleger zum Veterinär im Range eines Hauptmanns auf; die Tätigkeit als selbständiger Gastwirt galt gegenüber beidem als Verbesserung.
**Lateinamerikaner rein spanischer Abstammung. Bereits Díaz kannte den ursprünglichen Sinn dieses Wortes nicht mehr; er gebrauchte ihn in seinen Memoiren im heutigen Sinne von "Mestize".
***Seit 2014 ist der 5. Mai auch im US-Bundesstaat California offizieller Feiertag. An diesem Tag ist es seitdem bei Strafe verboten, "The Star Spangled Banner" [Name sowohl der US-Flagge als auch der Nationalhymne der USA] öffentlich zu zeigen bzw. zu singen - dies gilt als "rassistische Provokation" der mexikanisch-stämmigen Bevölkerungsmehrheit. (Bereits 2007 hatte die UNO Diaz' Geburtstag - den 15. September - zum "Internationalen Tag der Demokratie" proklamiert :-)
****Die offizielle Geschichtsschreibung reduziert dieses Ereignis zumeist auf den 2. April, den Tag der Eroberung Pueblas; tatsächlich gingen dieser mehrwöchige Belagerungskämpfe voraus.
*****Díaz' Kritiker bestehen darauf, daß seine Regierungszeit nicht ganz so friedlich gewesen sei wie es schien: Im Juni 1879 war eine Gruppe von 500 bewaffneten Anhängern Lerdos im Hafen von Veracruz gelandet; ihr stümperhafter Versuch, die Stadt zu erobern, scheiterte binnen 24 Stunden. Auf die Frage des Stadtkommandanten, was mit ihnen geschehen sollte, telegrafierte Díaz nur drei Wörter: "Mátalos en caliente [Schlagt sie tot]." Im Oktober 1886 kam es in Chihuahua und Sinaloa zu Bauernunruhen, deren Anstifter Díaz erschießen ließ. Im November 1891 ließ Díaz einen Streik der Minenarbeiter in Chihuahua gewaltsam beenden. Die anti-porfirianische Propaganda konstruierte aus alledem später "Aufstände" gegen und "schreckliche Kriegsverbrechen" seitens Díaz. 1896 ließ Díaz den an der Nordwestgrenze lebenden Indianerstamm der Yaquis nach Yucatán deportieren, wo er Zwangsarbeit auf den Urwaldplantagen verrichten mußte und zugrunde ging. In einer zweijährigen Polizeiaktion - später zum "Kastenkrieg" aufgebauscht - ließ Díaz 1902-1904 die letzten Anhänger der Unabhängkeit Yucatáns aufspüren und erschießen. Nüchtern betrachtet läßt sich jedoch keine dieser Aktionen im Ernst als "Krieg" bezeichnen - ganz im Gegensatz zu dem Zustand, der seit den 1990er Jahren bis heute herrscht: Truppen von mafia-ähnlichen Drogen-Kartellen liefern einander Kämpfe, denen zunehmend auch (vermeintlich) unbeteiligte Zivilisten zum Opfer fallen, ebenso den bewaffneten Organen des Staates, die teilweise bereits von ihnen unterwandert sind.
******Die erste größere Auflage erschien 1980 in Spanien, in México 1982; seit 2006 gibt es eine Internet-Ausgabe in der
Virtuellen Bibliothek Antorcha.
*******Die Situation erinnert frappierend an die Geschichte der BRD in den 1960er Jahren, als Kanzler
Adenauer und Wirtschaftsminister
Erhard
ihren innerparteilichen Streit austrugen.
********Seit den 1980er Jahren bemühen sich konservative Regierungen gelegentlich um eine Rehabilitierung Díaz' und um eine "Auslieferung" seiner Leiche von Frankreich; diese wurde jedoch unter Hinweis auf den letzten Willen sowohl des Verstorbenen als auch seiner Witwe stets verweigert.
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