JUÁN  VICENTE  GÓMEZ

(24.07.1857 - 17.12.1935)

[Juán Vicente Gómez]
[Unterschrift]

Tabellarischer Lebenslauf
zusammengestellt von
Nikolas Dikigoros

1857
24. Juli: Juán Vicente Gómez Chacón wird als eines von 13 Kindern des Farmers (später auch Politikers) Pedro Cornelio Gómez und seiner Ehefrau Hermenegilda, geb. Chacón, auf der Hacienda "La Mulera" (bei San António de Táchira/Venezuela) geboren. Entgegen späteren Behauptungen, wonach er "fast reinblütiger Indio" gewesen sei* ist er tatsächlich reinblütiger Weißer.**

1859-1863
In Venezuela tobt - z.T. parallel zum US-amerikanischen Bürgerkrieg - der "Föderale Krieg [guerra federal]" zwischen "Liberalen" und "Konservativen", der große Teile des Landes ruiniert und ca. 10% der Bevölkerung das Leben kostet.


1886
Gómez lernt den künftigen Revolutionär Cipriano Castro kennen und schließt sich ihm an.

1892
Castro sammelt Truppen um sich, ernennt Gómez zum Oberst und probt den Aufstand. Nach dessen Zusammenbruch fliehen beide ins Nachbarland Kolumbien.

1899
Mai: Ausgehend von der Provinz Táchira unternehmen Castro und Gómez - nunmehr zum General und stellvertretenden Oberbefehlshaber befördert - einen erneuten Versuch, die Macht an sich zu reißen - diesmal mit mehr Erfolg.
Oktober: Castro und Gómez ziehen in die Hauptstadt Caracas ein.
Dezember: Gómez wird zum Gouverneur von Caracas ernannt.

1901
Februar: Venezuela erhält eine neue - "liberale" - Verfassung.
Gómez wird stellvertretender Vizepräsident von Venezuela; im ganzen Land brechen Aufstände regionaler Machthaber aus.
Dezember: Gómez wird zum Generaloberst befördert; mit US-amerikanischer Hilfe baut er eine Armee auf, um die Aufstände nieder zu schlagen.

1902-1903
Gómez besiegt in mehreren Feldzügen alle regionalen "Caudillos" und wird als "Pacificador [Peace maker, Friedensstifter]" gefeiert; dies führt zur allmählichen Entfremdung mit Castro, der ihm seinen Ruhm neidet, zumal er selber eine glücklose Außenpolitik betreibt. (Als das hoch verschuldete Venezuela sich weigert, seinen Zahlungsverpflichtungen gegenüber Großbritannien und dem Deutschen Reich nachzukommen, verhängen diese vorübergehend eine Seeblockade.)

1905
Castro wird vom Kongreß als Präsident bestätigt; Gómez wird Vizepräsident. Die beiden belauern einander und warten auf die Gelegenheit, sich des jeweils anderen zu entledigen.

1908
November: Castro erkrankt und begibt sich zur ärztlichen Behandlung nach Europa. Gómez nutzt die Gelegenheit, ihn für abgesetzt zu erklären und ihm die Rückkehr nach Venezuela zu verbieten.
Dezember: Gómez erklärt sich zum provisorischen Präsidenten.

1909
August: Der Kongreß bestätigt Gómez als provisorischen Präsidenten.

1910
April: Der Kongreß ernennt Gómez zum Präsidenten und gleichzeitig zum Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Er nähert sich politisch, militärisch und wirtschaftlich immer stärker den USA an, mit deren Hilfe er u.a. eine Militär-Akademie aufbaut.

1913
Gómez läßt sein Präsidentenamt zugunsten von José Gil Fortoul ruhen; er bleibt jedoch der "starke Mann" im Hintergrund.

1914-1918
Im Ersten Weltkrieg bleibt Venezuela neutral. Im Gegensatz zu anderen südamerikanischen Staaten bricht es auch nach dem Kriegseintritt der USA nicht einmal die diplomatischen Beziehungen zu den Mittelmächten ab.

1918
In Maracaibo wird Erdöl entdeckt - die nach damaligem Kenntnisstand (der sich noch nicht auf den Nahen Osten und Afrika erstreckt) zweitgrößten Vorkommen weltweit (nach denen der USA); dies ermöglicht den Aufbau einer ordentlichen Infrastruktur und die Industrialisierung der venezolanischen Wirtschaft.

1922
Gómez übernimmt erneut das Präsidentenamt.

1929
Dezember: Auch Gómez reist nach Europa. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger trägt er jedoch Sorge, daß er nicht in absentia gestürzt wird und etwa im Deutschen Reich Asyl beantragen muß.

Medaille auf Gómez' Staatsbesuch in Hamburg von Kurt Götz

1930
Gómez gibt den Goldstandard auf; bereits geprägte Goldmünzen werden nicht mehr ausgegeben bzw. wieder eingezogen.


Dennoch bleibt der Bolívar zu seinen Lebzeiten gegenüber dem US-$ stabil bei 1:1, zumal auch US-Präsident Roosevelt kurz nach seiner Machtergreifung den Goldstandard aufgibt.

1931
Gómez übernimmt erneut das Präsidentenamt.

1935
17. Dezember: Juán Vicente Gómez stirbt in Maracay.

1936
Der venezolanische Staat zieht das Vermögen, das Gómez während seiner Regierungszeit angehäuft hat, vollständig ein.****
Unter seinen Nachfolgern wird Gómez zunehmend zum Buhmann und Diktator "aufgebaut". Mehrere Jahrzehnte ist er persona non grata; die Beschäftigung mit seiner Person ist tabu.

* * * * *

1998
Der National-Sozialist"Links-Nationalist" Hugo Chávez wird Präsident von Venezuela. Unter ihm wird eine allmähliche Rehabilitierung von Gómez eingeleitet.
(Verglichen mit ersterem war er ja auch im wahrsten Sinne des Wortes Gold: Bei Gómez' Tod war ein Bolívar einen Washington wert; bei Chávez' Tod war ein Washington 100.000 Bolívares wert :-)


Ein Volk von Ignoranten ist ein blindes Instrument seiner eigenen Zerstörung (Simón Bolívar)


*Dieses Märchen wird vor allem seit der Machtergreifung von Hugo Chávez - der sich selber als reinblütiger Indio fühlt (obwohl er wahrscheinlich ein Zambo ist) - durch massive staatliche Propaganda verbreitet; ausweislich aller Urkunden und zeitgenössischer Bilder (einschließlich Fotografien) gibt es dafür jedoch keinen objektiven Anhaltspunkt.

**Die Parallele zur US-Politikerin Sarah Mann ("Elizabeth Warren", "Pocahontas") ist sicher rein zufällig.

[Sarah Mann, née Herring, div. Warren]

***.

****In der Literatur wird das oft laienhaft als "Enteignung" bezeichnet. Dies ist jedoch juristisch gesehen nicht zutreffend: Gómez war nicht verheiratet, und uneheliche Kinder - die er von seinen Maitressen zu Dutzenden gehabt haben soll, die Schätzungen schwanken von 64 bis 84 - waren damals noch nicht erbberechtigt. Andere Pflichterben gab es nicht, ebenso wenig ein Testament; es war also niemand da, der "enteignet" hätte werden können. Der Nachlaß wäre auch nach jeder anderen Rechtsordnung der Welt an den Fiskus gefallen.

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