Arthur W. Currie

(5.12.1875 - 5.11.1933)

[Arthur W. Currie]

Tabellarischer Lebenslauf
zusammengestellt von
Nikolas Dikigoros

1875
05. Dezember: Arthur William Curry wird als drittes von 8 Kindern (7 überlebenden) des Farmers William Curry und seiner Ehefrau Jane, geb. Patterson, in Napperton (Ontario) geboren.
(Kanada - im 18. Jahrhundert erobert - ist seit 1867 ein "Dominium" der britischen Krone, d.h. eine überwiegend von Weißen besiedelte Kolonie, der ein gewisses Maß an Selbstverwaltung eingeräumt worden ist.)

1894
Mai: Curry verläßt die Schule ohne Abschluß und geht nach British Columbia, um dort sein Glück zu machen.

1897
Mai: Curry läßt seinen Nachnamen in "Currie" ändern und tritt als Halbtags-Kanonier in das 5. Feldartillerie-Regiment in Victoria ein.
(In Großbritannien und seinen Kolonien gibt es in Friedenszeiten keine Wehrpflicht; es handelt sich also de facto um eine Freiwilligen-Miliz.)
Vormittags arbeitet er als Lehrer.
(Dafür bedarf es damals - und noch lange danach, nicht nur in Kanada - keiner besonderen Qualifikation, außer lesen, schreiben und rechnen zu können. Lehrer sind schlecht bezahlte Kurzzeit-Angestellte - in der Regel für maximal ein Schuljahr, ohne Sommerferien -, um deren Job sich niemand reißt.)

1900
Januar: Currie wird zum Corporal befördert und Rechnungsführer des Regiments.
(Dikigoros hat sich während seiner eigenen Militärzeit immer gewundert, daß so eine - doch nicht ganz unwichtige und jedenfalls verantwortungsvolle - Stelle mit Unteroffiziersrängen besetzt war. Erst viel später erfuhr er, daß die Bundeswehr diese Geringschätzung - "nur eine Art Kassierer" - von den Alliierten übernommen hatte. In der Wehrmacht war dies eine Planstelle für Offiziere mit eigener Laufbahn. Der Stabszahlmeister entsprach dem Stabsarzt bei den Sanitätern, hatte also Hauptmannsrang. Aber das war natürlich ganz fascistoïd und konnte in der gut-demokratischen Bw nicht beibehalten werden :-)
Februar: Currie gibt seinen Lehrer-Job auf und wird Versicherungsvertreter bei Matson & Co. Nebenbei spekuliert er in Immobilien und verliert dabei viel Geld - das er nicht hat.
Juni: Currie greift tief in die Regimentskasse und entnimmt ihr 10.000 $ (nach heutiger Kaufschwäche Kaufkraft ca. eine halbe Million Teuros Euros). Er macht das so geschickt, daß man ihm nichts nachweisen kann.
Von dem Geld (wer fragt, woher es plötzlich kommt, erhält zur Antwort: von seiner erfolgreichen Nebentätigkeit im Zivilberuf :-) bezahlt er zunächst seine Schulden, dann kauft er sich ein Offizierspatent als Lieutenant [Oberleutnant].
Auch das war in den britischen Streitkräften ganz normal. Offiziersplanstellen wurden nicht nach militärischen Meriten, sondern nach Geldbeutel vergeben. Es ging auch gar nicht anders, denn Offiziere erhielten nur einen nominellen Sold, den sie überdies der Offiziersmesse "spenden" mußten, um gemeinsame Saufgelage zu finanzieren. (Das war übrigens in "besseren" deutschen Regimentern - Garde, Kavallerie - der Kaiserzeit nicht viel anders :-) Britische Offiziere kämpften noch im Ersten Weltkrieg nicht mit, sondern standen nur daneben und schauten zu, wie ihre Soldaten den Heldentod starben; ihre einzige Bewaffnung bestand aus einem Stock, mit dem sie unbotmäßige Untergebene züchtigten.

1901
August: Currie heiratet Lillian Warner, geb. Lucy Sophia Chaworth-Musters, eine Offizierstochter, die angeblich bei seiner Tante aufgewachsen ist.


November: Currie kauft sich ein Patent als Captain [Hauptmann]. (Es ist offenbar immer noch Geld übrig :-).

1904
April: Currie übernimmt das Versicherungsbüro in Victoria von Matson, der sich anderweitig engagiert.

1906
September: Currie kauft sich ein Patent als Major.

1907
Juli: Currie kauft sich den Titel eines Vize-Großmeisters der Freimaurer-Loge von Victoria. (Auch diese Ehre gibt es nicht umsonst :-)

1908
Mai: Currie gründet zusammen mit R. A. Power eine Immobilienfirma in Victoria. Diesmal haben seine Spekulationen mehr Erfolg - jedenfalls fürs erste.

1909
September: Currie kauft sich ein Patent als Lieutenant Colonel [Oberstleutnant] und das Kommando über jenes Regiment, in das er 12 Jahre zuvor als Schütze Kanonier Arsch eingetreten war.

1913
Nachdem der überhitzte Immobilienmarkt in British Columbia eingebrochen ist, macht die Firma Currie & Power Pleite.
August: Currie muß mangels Masse Knete finanzieller Mittel auch sein Kommando über das 5. Artillerie-Regiment niederlegen. Seine militärische Karriere scheint unrühmlich beendet.
Wenige Tage später trägt ihm jedoch der neue Verteidigungsminister Sam Hughes (mit dessen Sohn Garnet er befreundet ist) das Kommando über das in Aufstellung begriffene 50. Kanadische Hochland-Regiment an. Da ein Mäzen - Oberst h.c. Willam Coy - die Finanzierung zusagt, greift Currie zu - und erneut in die Regimentskasse, die er wiederum um gut 10.000 $ erleichtert.

[Currie als Kommandeur des 50. Hochland-Regiments]

(Versteht Dikigoros bitte nicht falsch, liebe Leser. Wer eine Kiste Whisky klaut oder ein paar Scheine aus der Getränkekasse nimmt, handelt zwar auch nicht nach der feinen englischen kanadischen Art - Kameradendiebstahl ist immer mies -, aber man muß ihn dafür nicht gleich standrechtlich erschießen. Was Currie veruntreut hat, waren indes nicht ein paar Trinkgelder, sondern die Mittel für die Ausrüstung eines ganzen Regiments. Das konnte seine Soldaten, wenn sie ohne ordentliche Bekleidung, Waffen und Munition da standen, das Leben kosten - was er wissen mußte und offenbar billigend in Kauf nahm. Das ist nicht nur schändlich, das ist todeswürdig!)

1914
August: Bevor Curries kriminelle Machenschaften entdeckt werden, weitet sich ein Konflikt zwischen Österreich-Ungarn und Serbien zum Weltkrieg aus, nachdem Großbritannien dem Deutschen Reich den Krieg erklärt hat.
Als Vorwand Rechtfertigung dient das edle Bestreben, die armen Belgier vor dem bösen Kaiser Schlächter Wilhelm und seinen Hunnen zu schützen, die belgische Babys am Spieß braten.
(Bis kurz vor Kriegsausbruch hatte Großbritannien noch mit dem Deutschen Reich Geheimverhandlungen über die Aufteilung Belgiens und seines Kolonialreichs geführt. Als "Rechtfertigung" sollte das edle Bestreben gelten, die armen Kongoneger vor dem bösen König Schlächter Leopold und seinen Barbaren zu schützen, die kongolesische Babies am Spieß brieten kongolesischen Frauen und Kindern Hände und Füße abhackten. Böse Zungen behaupten freilich, daß eventuell auch noch andere, weniger edle Motive im Spiel waren.)

[Kaiser Wilhelm, der Schlächter] [belgische Babys am Spieß der kaiserlichen Hunnen] [Kongolesische Opfer des belgischen Königs] [Raubstaat England - der Griff nach der Weltmacht]
Die ersten beiden Bilder braucht Dikigoros nicht zu kommentieren. Aber die Fotos auf dem 3. Bild zeigen offenbar keine Kongolesen, sondern Buschmänner aus British South Africa;
er hegt den finsteren Verdacht, daß sie von den Briten eigens verstümmelt wurden (Photoshopping gab es ja noch nicht), um solche miesen, verlogenen Propagandakarten anzufertigen.

September: Currie erhält das Kommando über die 2. Kanadische Brigade und wird zum Brigadier General befördert.
Oktober: Als Curries Veruntreuung der Regimentskasse endlich auffliegt, befindet er sich bereits mit seiner Brigade auf hoher See Richtung England.

1915
Februar: Currie und seine Brigade werden nach Frankreich verschifft.
April: In der (2.) Schlacht von Ypern verliert Currie binnen zwei Tagen fast die Hälfte seiner Männer.
Es gelingt ihm jedoch, die Schuld daran auf die dummen Neger vom Nachbarabschnitt zu schieben und sich selber als heldenhaften Fels in der Brandung darzustellen, der die Front letztlich gehalten habe.
Als Belohnung wird er zum Major General befördert und zum Kommendeur der 1. Kanadischen Division gemacht. Außerdem wird er zum Ritter von Bath und zum Kommandeur der französischen Ehrenlegion ernannt.


1916
Currie und seinen Kanadiern bleiben die verlustreichen Schlachten vor Verdun und an der Somme erspart.

1917
April: Curries 1. Division nimmt an der 2. Flandernschlacht (nach alliiertem Sprachgebrauch: "2. Schlacht von Passchendaele") teil, die unentschieden endet.
Juni: Currie wird zum Lieutenant General befördert und zum Oberberfehlshaber des Kanadischen Expeditionskorps ernannt.
Juli: Currie wird von King George V anläßlich eines Frontbesuchs zum Ritter vom Orden des Heiligen Michael und des Heiligen George geschlagen.


1918
März: Die letzte deutsche Großoffensive an der Westfront ("Schlacht in Frankreich") beginnt. Nach Anfangserfolgen fährt sie sich unter schweren Verlusten fest.
ab August: Curries Truppen nehmen an der alliierten Gegenoffensive ("100-Tage-Schlacht") teil. Die deutschen Streitkräfte sind am Ende und müssen um Waffenstillstand bitten.
11. November: Der Waffenstillstand tritt um 11:00 Uhr in Kraft. Als Currie das um 08:00 Uhr morgens erfährt, verheizt er schnell noch ein paar tausend seiner Männer, um das belgische Städtchen Mons (Bergen) im Hennegau zu erobern - das dabei weitgehend zerstört wird - und so einen letzten Strauß Lorbeer an seine Fahnen zu heften.
(Das Verheizen von Soldaten in großem Maßstab an sich war nichts Besonderes. Andere Befehlshaber des Ersten Weltkriegs - Brusílow, Falkenhayn, Foch, Haig, Nivelle und Pershing, um nur die wichtigsten zu nennen - praktizierten das genauso. Aber zu einer solchen Infamie in letzter Minute wäre keiner von ihnen im Stande gewesen. A propos: Auf Betreiben Curries wurden kanadische Soldaten, die unter Granatenkoller - "shell shock" - litten, als "Simulanten" und "Wehrkraftzersetzer" mit Elektroschocks zu Tode gefoltert; man nannte das "medizinische Behandlung"; sie erfolgte bis zur Heilung oder bis zum Exitus, also in der Praxis immer bis zum letzteren. Offenbar regte sich darob niemand auf. Zum Vergleich: Als im Zweiten Weltkrieg bekannt wurde, daß US-General Patton solche Fälle mit der u.a. von Sigmund Freud empfohlenen Methode kurierte - d.h. mit ein paar Ohrfeigen -, machten die US-Medien daraus einen Mordsskandal und verlangten seine Abberufung.)
Dezember: Currie wird Vorsitzender der Kanadischen Kriegs-Narrativ-Sektion (welch ein Name :-), die das Ziel verfolgt, den Untertanen den Krieg schön zu reden schreiben. Er macht ausgiebig von der Möglichkeit Gebrauch, sich und seine Heldentaten ins hellstmögliche Licht zu rücken.
(Kanadische Historiker sind sich einig, daß die von Currie vorgelegte "Dokumentation" ein Märchenbuch ["work of fiction"] ist; dennoch belegt er anno 2004 bei einer vom Fernsehsender CBC durchgeführten Umfrage nach dem größten Kanadier aller Zeiten immerhin Platz 24 - 3 Plätze hinter dem unbekannten Soldaten und 3 Plätze vor der Sängerin Céline Dion -; und auf der Verblödungsplattform "Du Tube" gibt es noch immer eine "Dokumentation", laut der er "der größte alliierte General" war, der den Ersten Weltkrieg beinahe im Alleingang gewann.)



1919
August: Currie kehrt nach Kanada zurück, wird zum General befördert und zum Generalinspekteur des Heeres ernannt.

1920
Mai: Nachdem seine Veruntreuungen wieder aufs Tapet gebracht worden sind, nimmt Currie "freiwillig" seinen Abschied und wird Frühstücksdirektor Vizekanzler der McGill-Universität in Montreal. (Ein weniger unangemessener Druckposten für einen Schulabbrecher war wohl nicht zu finden :-)


1925
Currie wird zum Vorsitzenden der Nationkonferenz kanadischer Universitäten gewählt.


1927
Juni: Der Stadtrat von Mons entblödet sich nicht beehrt sich, eine Gedenktafel für die "Befreiung" am 10./11. November 1918 aufzustellen - schließlich ist man so um den geringen Preis einiger tausend Menschenleben und Häuser satte drei Stunden eher "befreit" worden.


Nein, das hat sich Dikigoros nicht einfach so ausgedacht: Der Bronze-Affe - der wohl
den Stadtrat verkörpern soll - steht hockt wirklich in Mons unweit der Gedenktafel!

Eine kanadische Zeitung berichtet darüber unter Darlegung der näheren Umstände. Currie verklagt die Zeitung auf Schmerzensgeld in Höhe von 50.000 $ wegen Verleumdung - obwohl der Tatbestand völlig unstreitig ist. Er beruft sich jedoch darauf, lediglich "Befehle von oben" ausgeführt, also völlig korrekt gehandelt zu haben.

1928
April: Das angerufene Geschworenengericht wagt zwar nicht, die Klage ganz abzuweisen, verurteilt die Zeitung aber nur zur Zahlung von 500 $ - also 1% der Klageforderung.
Normalerweise kommen solche Lappalien nicht vor ein Geschworenengericht; aber in Kanada - und den USA - hat (oder hatte jedenfalls damals noch) jeder Angeklagte und jeder Beklagte das Recht, Verhandlung vor einem solchen zu verlangen. Die Zeitung entfachte landesweit einen Riesenwirbel, der Curries Ruf beim Volk nachhaltig ruinierte.

1933
05. November: Sir Arthur Currie stirbt in Montreal. Die Todesursache ist unklar (Herzinfarkt? Säuferleber? Bronchitis? Lungenentzündung? Corona?)
Er erhält ein Staatsbegräbnis, und die Regierung ernennt ihn posthum zum Nationalhelden ("Person of National Historic Significance").

[Der Rest ist Schweigen (W. Shakespeare, Hamlet)]
Welch eine Nation, die solche "Helden" hat!*


*Dikigoros kann sich nicht verkneifen, an dieser Stelle den US-Politiker Mike Huckabee zu zitieren mit dem Satz: "Congratulations, Canada, on preserving your national iglu."


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