AMÍLCAR  CABRAL

(12.09.1924 - 20.01.1973)

[Amílcar Cabral]

Tabellarischer Lebenslauf
zusammengestellt von
Nikolas Dikigoros

15. Jahrhundert
Portugiesische Seefahrer entdecken vor der Westspitze Afrikas - dem so genannten "Grünen Kap [Cabo verde]" - einige unbewohnte* Inseln, die ihnen für den lange gesuchten Seeweg nach Indien als Zwischenstation nützlich erscheinen. Die portugiesische Krone besiedelt sie - ähnlich wie später die Briten das noch unwirtlichere Australien - mit entlassenen Strafgefangenen u.a. unerwünschten Personen, vor allem nicht-konvertierungswilligen Juden. Letztere entdecken bald ein lukratives Betätigungsfeld: Den Handel mit Negersklaven vom Festland ("Guinea"), die sie an Ex-Knackis verschachern, die keine Lust haben, sich mit Feld- und Plantagenarbeit selber die Hände schmutzig zu machen.


um 1500
Pedro Alvares Cabral - der vielleicht bedeutendste Seefahrer der portugiesischen Geschichte - erkennt, daß Kolumbus keineswegs den westlichen Seeweg nach Indien entdeckt hat, sondern nur ein paar von Menschenfressern ("Kariben") bewohnte Inseln im Atlantik. Er unternimmt einen neuen Versuch und macht es besser: Über die Kapverdischen Inseln gelangt er an die Ostküste Südamerikas - die später nach ihrem wertvollsten Baum "Brasil[ien]" genannt wird -, nimmt sie für Portugal in Besitz und entdeckt nach Umsegelung von dessen Südspitze - die später "Kap Horn"** genannt wird - tatsächlich als erster Europäer den westlichen Seeweg nach Indien.
(Kurz zuvor hatte sein Landsmann Vasco da Gama bereits den östlichen Seeweg nach Indien entdeckt - nach Umsegelung der Südspitze Afrikas, die heute "Kap der Guten Hoffnung" genannt wird -; aber der war länger, gefährlicher und kostspieliger.)


Bald entsteht in Brasilien - und später auch in anderen Teilen Amerikas - ein großer Bedarf an Arbeitskräften; die portugiesische Krone erteilt jüdischen Händlern auf den Kapverdischen Inseln das Monopol auf den Export von Negersklaven nach Übersee und legt so den Grundstein für das vielleicht größte Verbrechen der Menschheitsgeschichte: die Verdrängung von Alteingesessenen in weiten Teilen der Erde durch die massenhafte Ansiedelung von Schwarzafrikanern, die dort nicht hin gehören (gestrichen, da die historische Wahrheit nicht den Geboten der politischen Korrektheit entspricht***) aus eigener Kraft wohl nie dorthin gelangt wären.

* * * * *

1924
12. September: Amílcar Cabral wird als Sohn des Lehrers Juvenal Lopes Cabral und seiner Ehefrau Iva, geb. Pinhel Évora, in Bafatá (Guinea-Bissau) geboren.

1925/26
Im fernen Alemanha erscheint ein Buch mit dem Titel "Mein Kampf". Darin schreibt ein gewisser Adolf Hitler, daß es ein schwerer Fehler sei, wenn Kolonialmächte den Eingeborenen Zugang zu westlicher Bildung ermöglichen; damit schaufelten sie sich ihr eigenes Grab und brächten auch über die Eingeborenen nur Unglück.

[Mein Kampf] [Minha luta]

Das Buch wird indes von kaum jemandem gelesen - nicht mal in Alemanha, geschweige denn sonstwo -, und von den wenigen, die es doch lesen, nicht ernst genommen (die erste Übersetzung ins Portugiesische erscheint erst viele Jahre später - in Brasilien), so daß sich die düstere Profezeiung bewahrheiten sollte.

1932
Familie Cabral übersiedelt nach Mindelo (Kapverdische Inseln), woher die Eltern stammen, die ihre Kinder zu anti-weißen Rassisten erziehen.

1943
Amílcar Cabral legt das Abitur ab und zieht mit seinen Eltern nach Praia, der Hauptstadt der Kapverden, wo er in einer Druckerei arbeitet.

1945-50
Cabral studiert mit einem Stipendium der portugiesischen Regierung Landwirtschaft in Lissabon.
Nebenbei betätigt er sich politisch in Organisationen, die sich die "Befreiung" der portugiesischen Kolonien vom Mutterland zum Ziel gesetzt haben.

1950-52
Cabral arbeitet als Landwirtschaftsingenieur in Santarém.

1952
Cabral kehrt nach Guinea-Bissau zurück.
[...]

1955
Februar: Neto wird wegen Anstiftung zum Landfriedensbruch zu drei Jahren Haft verurteilt.


Im Gefängnis beginnt er Gedichte zu schreiben.**

1956
Dezember: Durch Zusammenschluß der "Kommunistischen Partei Angolas (PCA)" und der "Partei des vereinigten Kampfes für Afrikaner (PLUA)" entsteht die marxistisch ausgerichtete "Völkische Bewegung für die Befreiung Angolas (MPLA)".

1957
Juni: Neto wird vorzeitig entlassen und darf weiter studieren.

1958
Neto wird zum Dr. med. promoviert. Er heiratet Maria Eugénia. Er gründet die Untergrundbewegung "MAC [Anti-Koloniale Bewegung]".

1959
Dezember: Neto kehrt nach Angola zurück und eröffnet eine Arztpraxis in Luanda. Tatsächlich widmet er sich jedoch hauptsächlich der politischen Wühlarbeitdem politischen Befreiungskampf; er übernimmt de facto die Führung der MPLA, deren Gründer und Vorsitzender Ilídio Machado seit Juli 1959 (nach einem gescheiterten Aufstand) im Gefängnis sitzt.

1960er Jahre
Die USA - die beschlossen haben, die europäischen Länder von ihren Kolonien zu befreien und diese statt dessen in ihre eigene wirtschaftliche Abhängigkeit zu bringen ("Dollar-Imperialismus") - nötigen die Kolonialmächte, ihre Schutzgebiete in die "Unabhängigkeit" zu entlassen und unterstützen so genannte "Befreiungs-Bewegungen" gegen Länder, die sich nicht erpressen lassen wollen.
Zu diesen Ländern zählt auch Portugal, dessen Ministerpräsident Salazar an der Idee festhält, den Bevölkerungsüberschuß, den das Mutterland nicht ernähren kann, in Übersee anzusiedeln, vor allem in Afrika.


1960
Juni: Neto wird erneut verhaftet und zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, von der er jedoch nur einen Teil absitzen muß (in Lissabon); danach wird er auf die Kapverdischen Inseln verbannt, wo er unter Polizeiaufsicht wieder seinem Beruf als Arzt nachgehen darf.

1961
Februar: Mit einem Sturm auf die Gefängnisse in Angola zur Befreiung einsitzender Terroristen politischer Gefangener läutet die MPLA einen Bürgerkrieg ein, der mit kurzen Unterbrechungen über 40 Jahre dauern soll. (Die ersten Angriffe werden von Regierungstruppen abgeschlagen, was zu weltweiten Protesten gegen die "brutalen Kolonialherren" führt.)
Oktober: Neto wird erneut nach Lissabon verlegt und in Haft genommen. Der britische Jude Jacob Salomon (der fünf Monate zuvor unter dem Falschnamen "Peter Benenson" die zwielichtige*** Gesellschaft "Amnesty International" gegründet hat, die sich vorzugsweise für besonders üble Politverbrecher aus dem linken Lager einsetzt) ernennt Neto zum "Gefangenen des Jahres" und beginnt, die Werbetrommel für seine Freilassung zu rühren.

1962
Juli: Auf internationalen Druck (u.a. der UNO) wird Neto auf freien Fuß gesetzt unter der Auflage, Portugal nicht zu verlassen. Noch im selben Monat gelingt ihm die Flucht nach LéopoldvilleKinshasa (Kongo)****, wo die MPLA ihren Exil-Sitz aufgeschlagen hat.
Dezember: Neto wird offiziell zum Führer der MPLA gewählt. Seine erste Dienstreise in dieser Eigenschaft führt ihn nach Washington D.C., wo er versucht, US-Präsident Kennedy für sich zu gewinnen; der setzt jedoch lieber auf Netos Konkurrenten Holden Roberto, den Vorsitzenden der "Nationalen Front für die Befreiung Angolas (FNLA)".

1964
Nach mehreren militärischen Niederlagen der MPLA gegen die Regierungstruppen scheint der Bürgerkrieg vorerst beendet. Neto gibt jedoch nicht auf.

1965
Neto reist nach Kuba und gewinnt die Unterstützung von Fidel Castro.


Er führt einen Kleinkrieg ("Guerilla") mittels Terroranschlägen auf militärische und zivile Einrichtungen, ohne eine offene Schlacht zu wagen.

1970
Neto wird vom "Verband der Afro-Asiatischen Schriftsteller" für seine Gedichte die Goldene Ananasder Goldene Lotus verliehen.

1972
Neto nimmt erneut den offenen Kampf gegen die Regierung auf.

1973
20. Januar:

1974
April: In Portugal putschen sich kommunistische Subaltern-Offiziere an die Macht. Sie entlassen die Überseegebiete über-stürzt in die Unabhängigkeit und stürzen sie damit in z.T. Jahrzehnte lange Bürgerkriege.

1975
November: In Luanda formiert sich eine Koalition der "Befreiungs"-Bewegungen MPLA, UNITA und FNLA; Neto wird Regierungschef.


Noch im selben Monat beansprucht er die Macht für sich und die MPLA alleine, was erneut zum Bürgerkrieg führt.
Dezember: In der Schlacht von Kifangondo wird die FNLA durch kubanische Interventions-Truppen weitgehend aufgerieben - die USA haben aufs falsche Pferd gesetzt. Der Bürgerkrieg geht künftig allein zwischen der - von der Sowjet-Union und Kuba unterstützten - MPLA und der - von Südafrika unterstützten - UNITA weiter.


Durch die Ermordung oder Vertreibung der meisten portugiesischen Siedler - aber auch vieler regierungstreuer Afrikaner - sowie die Umstellung der Wirtschaft von einem "kapitalistischen" auf ein "sozialistisches" Modell nach Vorbild der Sowjet-Union macht Neto Angola von einem der reichsten zu einem der ärmsten Länder Afrikas - die Eingeborenen müssen wieder wie Sklaven auf den Feldern schuften.


1976
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1978
Die "DDR" widmet Cabral eine Briefmarke zu 0,20 Alu-Chips.

[Briefmarke]

2024
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*von Menschen unbewohnt. Es gibt freilich blutsaugende Vampire Riesenfledermäuse, Riesengeckos, Riesentaranteln und Dutzende Arten von Giftspinnen - darunter die berüchtigte "Braune Witwe" -; im Meer ringsumher ziehen Killer-Rochen und Haie ihre Bahnen. (Dikigoros erwähnt das nur der guten Ordnung halber, weil man davon in den Prospekten des Tourismus-Ministeriums und der Reiseveranstalter nichts liest :-)

**Ihr gestattet doch, daß Dikigoros das so - mit nur einem "o" - schreibt?!? Der Holländer, der Jahre später kackfrech behauptete, es "entdeckt" zu haben, nannte es zwar nach seinem Heimatort "Hoorn"; aber die Chilenen - zu deren Staatsgebiet es gehört, schreiben es "Cabo de hornos". (Zugegeben, der Name wirkt etwas unpassend, denn die dortigen Temperaturen erinnern an alles andere als an "heiße Öfen" :-)

***Aber Dikigoros kann ja wenigstens in einer Fußnote mal kurz umreißen, warum er das so sieht: Der Mensch gedeiht nur dort, wo er sich klimatisch wohl fühlt. Die Natur hat es nicht umsonst so eingerichtet, daß Menschen in Gegenden, wo viel Sonne scheint, eine dunklere (vor Sonnenbrand schützende) Hautfarbe haben als in Gegenden, wo sie so selten scheint, daß der Körper auch den kleinsten Strahl Vitamin D mitnehmen muß. Was passiert aber, wenn sich ein Mensch nicht wohl fühlt? Ist doch klar: Wenn man einen Weißen in die Tropen verpflanzt, dann wird er faul und lethargisch; wenn man einen Schwarzen in den kühlen Norden verfrachtet, dann wird er aggressiv und bösartig. Das sind keine Vorurteile, sondern auf Erfahrung beruhende Tatsachen - auch wenn es ein paar Ausnahmen geben mag, welche indes nur die Regel bestätigen.

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