Von Bildern und Geschmäckern
Offener Brief an eine fleißige www-Biografin
von Niko D. (15. Juni 2024, 1. "Veteranentag")
Hallo S.,
Sie haben mir auf meine konkrete und substantiierte, aber zugegebener Maßen nicht sehr konstruktive Kritik an zwei von Ihnen verwendeten Bildern sinngemäß geantwortet:
- Ob ein Bild schön oder häßlich ist, das ist Geschmackssache.
- In Anbetracht der problematischen Rechtslage in Sachen Urheberschutz muß man halt nehmen, was man so bekommt.
Da ich zu beiden Themen schon lange mal etwas schreiben wollte, möchte ich darauf ein wenig ausführlicher - und konstruktiver - eingehen und stelle meine Antwort, da sie auch für andere Leser Ihrer (und meiner :-) Webseite von Interesse sein dürfte, ins www.
- ad I°
Da haben Sie im Prinzip Recht - aber was besagt das schon? Auf wessen Geschmack soll es denn ankommen? Auf Ihren? Auf meinen? Oder vielleicht doch eher auf den der Personen, über die wir schreiben?
Wenn jemand eine Pfeife, eine Zigarre oder eine Zigarette zu seinem/ihrem "Markenzeichen" macht und das z.B. auf - womöglich sogar handsignierten - Autogrammkarten unter die Leute bringt, dann ist es selbstverständlich in Ordnung, ihn/sie so abzubilden. Gleiches gilt, wenn jemand Werbung für Alkoholika macht - dann soll meinetwegen auch die Schnapsflasche oder das Weinglas mit aufs Bild.
Bleibt allerdings die Frage, ob es gleich das erste, gewissermaßen das Titelbild, sein muß. Auch ich habe ein paar bebilderte Biografien ins www gestellt - wenngleich nicht ganz so viele wie Sie. (Nein, ich habe sie nicht gezählt, aber Sie haben sie ja im Quellcode freundlicherweise numeriert, von 1 bis 431.) Wissen Sie, wie oft ich dabei solche Titelbilder verwendet habe? Genau sechsmal - und kein einziges Mal bei Schauspielern und/oder Musikern. (Nicht mal bei einem notorischen Kettenraucher wie Jacques Brel - die "einschlägigen" Bilder habe ich weiter nach unten verschoben -, und ich würde es auch bei Joe Dassin nicht tun; beide haben ihren Nikotinismus ja teuer bezahlt, da muß man nicht auch noch optisch "nachtreten"!)
PS: Warum werden eigentlich bei früheren "Celebrities" so oft Bilder an den Anfang gestellt, die sie als alte Männer bzw. Frauen zeigen? Auch das finde ich geschmacklos - die gehören doch ans Ende! Deshalb bemühe ich mich immer um Titelbilder aus der Zeit, als sie berühmt waren.
Nun, das mag daran liegen, daß ich insgesamt nur ein Dutzend Biografien von Schauspielern (und anderthalb Dutzend von Musikern - nach einer Erweiterung um 50% vor ein paar Jahren) verfaßt habe, darunter übrigens nur von einem einzigen Deutschen (und von zwei deutschsprachigen Musikern). Warum? Weil es deutschsprachige Biografien von deutschen Berühmtheiten schon genug gibt im www (u.a. die Ihrigen) - wozu sollte ich denen noch weitere hinzufügen? Da will ich meinen Lesern doch lieber ein paar ausländische "Celebrities" näher bringen, von denen sie vielleicht noch nichts (oder nur sehr wenig) gehört oder gelesen haben. Letzteres betrifft auch Sie - Sie haben z.B. auf Ihrer Seite über Marlon Brando zwar den Film "Das kleine Teehaus" behandelt, aber die weibliche Hauptdarstellerin - nicht nur nach meiner Einschätzung die bedeutendste ostasiatische Schauspielerin des 20. Jahrhunderts - mit keinem Wort erwähnt. Zum Trost: Auch ich hatte von einigen Schaupieler[innen] noch nie gehört, bis ich beim Suchen nach brauchbaren Links für meine auf Ihre Webseiten gestoßen bin - das war vor ca. 20 Jahren. (Glauben Sie nicht? Doch doch, und ich kann es sogar belegen, denn ich hebe solche alten Downloads bisweilen auf, und sei es nur zur Abschreckung - erinnern Sie sich noch an die Urfassungen Ihrer Biografien von Rosita "Serano" und "Anni" Ondra? Aber ich lasse mich ja nicht so leicht abschrecken und registriere es sehr genau, wenn Webseiten im Laufe der Jahre verbessert werden - wenngleich in diesen beiden Fällen nicht allzu viel. Aber da kann/will/darf ich nicht meckern, denn ich selber habe über die beiden ja gar nichts geschrieben.)
Ganz anders ist es mit Bildern, die ohne Wissen und Wollen der Betroffenen entstanden sind, z.B. Schnap[p/s]schüsse, wie sie, sichtlich angetrunken, in einer Kneipe, Zigarette in der einen, Bierglas in der anderen Hand, dümmlich grinsend, von den Paparazzi "erwischt" worden sind. Auch wenn die das Veröffentlichen solcher Bilder als "Personen des öffentlichen Interesses" dulden müssen, muß man ja nicht alles tun, was erlaubt ist. Das ist ebenfalls eine Frage des Geschmacks - ich schreibe ja auch nicht alles, was ich über die Kindheit und Jugend eines Udo Jürgens weiß - aus zwar nicht veröffentlichter, aber recht zuverlässiger Quelle -; lieber lasse ich bewußt eine zehnjährige Lücke. Dto über seine sexuelle Orientierung. (Da habe ich lediglich der guten Ordnung halber jemanden erwähnt, der darüber geschrieben hat, aber bloß in einer Fußnote und ohne Link.)
À propos: Es gibt Fälle, in denen man ausnahmsweise doch darüber schreiben sollte, z.B. bei Horst Tappert. Sie schreiben auf Ihrer Webseite lang und breit, daß er nach seinem "Hauptschulabschluß" (so etwas gab es damals gar nicht - es gab nur einen Volksschulabschluß) Soldat (nicht "Mitglied", wie Sie weiter unten unkritisch [ab]schreiben - das war man nur in der allgemeinen SS!) der Waffen-SS war, aber schleichen wie die Katze um den heißen Brei herum (z.B. indem Sie P.R. als seinen "Freund und Mentor" bezeichnen), will sagen um den Grund: Weil er ein besonders böser Nazi war? Nein, weil er als Schwuler für die "reguläre" Wehrmacht "wehrunwürdig" war. (Das war übrigens noch zu meiner Bw-Zeit genauso: Statt den Wehrdienst zu verweigern, wie es damals Mode war, hätte man auf die - bei der Musterung obligatorisch gestellte - Frage, ob man schwul sei, nur mit "ja" zu antworten brauchen und wäre dann auch ohne Prüfung von "Gewissensgründen" ausgemustert wurden; aber selbst die meisten Schwulen sagten damals aus Scham "nein". Deshalb waren auch viele Schwule demonstrativ verheiratet - einige sogar mehrmals, denn auf die Dauer kamen sie ja mit keiner Frau richtig klar :-) Da konnte er sich aussuchen, ob er ins KL gehen wollte oder zur Waffen-SS - wofür hätten Sie sich an seiner Stelle entschieden? Und dafür - nicht etwa dafür, daß er ein schlechter Schauspieler war - wurde er noch posthum "gecancelt", und nicht nur er, sondern sogar die Filme, in denen er mitgespielt hat, darunter die Fernsehkrimiserie, die bis heute Exportweltmeister in dieser Kategorie ist. (Es gab schon früher Vollidioten, die den Wirtschaftsstandort D. aus Gründen der "politischen Korrektheit" vor die Wand fahren wollten - sie waren nur noch nicht so erfolgreich wie heute!) Dabei war er bloß Schütze Ar...
Noch ein à propos zum à propos: Auch Hardy Krüger war bloß das, was bei seiner Waffengattung die Entsprechung zum Schützen Ar... war. (Er war übrigens "Überzeugungstäter" - dennoch wurden er und/oder seine Filmfiguren nie "gecancelt" - merkwürdige Ungleichbehandlung, finden Sie nicht?) Über Geschmäcker läßt sich streiten, nicht aber über Fakten. Oberleutnant mit Oberstleutnant zu verwechseln ist verzeihlich, zumal bei einer Frau (noch :-), das habe ich auch schon bei ungedienten Männern erlebt, außerdem könnte es ja ein Tippfehler sein. Aber wo haben Sie bloß den Satz her, daß er "Gruppenführer bzw. Panzergrenadier" war? Panzergrenadier der Waffen-SS = Schütze Ar... - s.o.; Gruppenführer der Waffen-SS = Generalleutnant. (Heute ist "Gruppenführer" kein Dienstgrad mehr, sondern eine Dienststellung - Führer der kleinsten Teileinheit unterhalb des Zuges, meist im Rang eines Unteroffiziers - aber selbst dafür war H.K. wohl nicht lange genug dabei :-) Wenn man sich mit solchen Dingen nicht auskennt, dann sollte man sie tunlichst weg lassen - und damit meine ich nicht nur die Dienstgrade. Man breche nicht den Stab über Menschen, die als halbe Kinder in einen Krieg geschickt wurden, für den sie nichts konnten. Für mich gibt es nichts Mieseres als nachgeborene "Gutmenschen", die die Gnade ihrer späten Geburt ausnutzen, um jene Opfer - nicht Täter! - ein Leben lang, ja sogar über den Tod hinaus zu verfolgen, zu verleumden und zu verteufeln. Das ist nicht nur geschmacklos, sondern schäbig, vor allem von Leuten, die gerade dabei sind, aus niederen Beweggründen - nicht nur nach deutschem StGB ein "qualifizierendes Tatbestandsmerkmal" für Mord - einen neuen Krieg vom Zaun zu brechen. (Heute ist übrigens der 1. "Veteranentag", vom Regime vor zwei Monaten neu eingeführt, 1. um den 17. Juni vergessen zu machen, an dem früher des Aufstands gegen ein anderes Regime gedacht wurde, und 2. zur psychologischen Kriegsvorbereitung. Was sagte mein Vater - wie Tappert mit knapp 18 Jahren als RAD-Jungmann "zum Straßenbau" in die Ukraïne abkommandiert, eine Woche vor dem Endsieg zum Leutnant d.R. der Wehrmacht befördert, bei der Bw zuletzt Oberst d.R. - vor 60 Jahren: "Eines Tages werden wir alle 'Nazi-Offiziere' gewesen sein." Damals schien der Gedanke absurd - doch er sollte Recht behalten. Und so wird es eines Tages auch den Veteranen des neuen Ukraïnekriegs ergehen - und dem "Veteranentag" wie dem einstigen "Heldengedenktag".)
Aber ich will nicht abschweifen, sondern noch einmal auf U.J. zurück kommen. Die beste Webseite ist nur so gut wie die Quellen, aus denen sie schöpft. Sie haben sich da viel Mühe gemacht - wenngleich nicht immer gar so viel Arbeit, denn Sie übernehmen ja viele Passagen wortwörtlich; aber das ist erlaubt, so denn ordentlich zitiert wird, und das tun Sie ja; ich persönlich schätze das sogar besonders an Ihren Biografien, denn Ihre Auswahl erspart mir die ermüdende Lektüre von Wikipedia u.a., bei denen man inzwischen oft den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht. Dennoch sollte man nicht jeder Quelle blind vertrauen. Man muß ja nicht jede einzelne Aussage genau nachprüfen. (Obwohl ich das oft tue oder zumindest versuche - und wo dieser Versuch fehl schlägt, im Zweifel erstmal eine Lücke lasse; deshalb sind einige meiner Biografien noch immer "Baustellen".) Aber offensichtliche Fehler muß man doch bei halbwegs kritischer Lektüre auch so erkennen und sie nicht einfach blind übernehmen, z.B. die Behauptung, daß jemand mit 14 Jahren Abitur gemacht und danach am Konservatorium Musik studiert habe. "Ab-itur" heißt zwar wörtlich "Ab-gang"; aber jemanden, der mit 14 von der Schule abgeht, nennt man nicht "Abiturient", sondern "Schulabbrecher"! Und ein "Landeskonservatorium" muß ebensowenig eine "Hochschule" sein wie bei uns eine "Volkshochschule", sondern kann auch das sein, was bei uns "Musikschule" heißt - also ein Pendant zur VHS. Es ist ja nicht ehrenrührig, dort die Grundlagen der Musik zu erlernen - aber es ist halt auch nicht ehrenrührig, Notenlesen und Mundharmonikaspielen beim "Jungvolk" der HJ erlernt zu haben. Ehrenrührig und verlogen ist es dagegen, wenn U.J. das bestreitet und behauptet, man habe ihm dort "das Trommelfell zerschlagen", und er habe einen "bleibenden Gehörschaden" davon getragen. (Ein Adoptivsohn meiner Großtante - meine Mutter war Ostmärkerin - war vom selben Jahrgang wie U.J.; deutlicher will ich nicht werden, sondern wie gesagt lieber eine Lücke lassen...)
PS: Bestreiten ist etwas Anderes als Verschweigen. Zu lezterem haben/hatten die Angehörigen jener Generation ein moralisches [Notwehr-]Recht gegenüber den o.g. "Gutmenschen". Aber wenn man sich schon als Memoirenschreiber zum Zeugen in eigener Sache aufschwingt, dann gilt, wie vor Gericht: Man darf die Aussage verweigern; aber wenn man aussagt, dann muß man die Wahrheit sagen (oder: "Ich erinnere mich nicht mehr" :-), sonst macht man sich der Falschaussage schuldig - auch moralisch. Und das ist keine bloße Frage des "Geschmacks".
- ad II°
Pardon, aber dieses Problem haben Sie sich selber geschaffen. Sie wollen besonders exclusive Bilder ins www stellen, die nicht jeder hat bzw. verwenden darf. Das ist zwar löblich; aber diesen Ehrgeiz sollte man sich nur leisten, wenn man [zu]viel Geld übrig hat. Das meine ich durchaus nicht flapsig oder scherzhaft. Maler, Zeichner und Fotografen wollen auch leben, und sie leben davon - nicht immer üppig! -, daß sie für ihre Bilder Honorare oder Lizenzgebühren bekommen. Da hätte ich Skrupel, sie um eine unentgeltliche Nutzungsgestattung anzugehen. (Ausgenommen, ich kenne sie persönlich, weiß, daß es ihnen finanziell gut geht und daß sie sich freuen, wenn ich ihre Bilder im www verbreite. Aber so viele sind das nicht.)
Doch nicht nur deshalb verwende ich fast ausschließlich Bilder, die "gemeinfrei" sind. Der zweite Grund ist, daß Urheberrechte übertragbar sind. Wenn der Urheber sie veräußert, dann kann der Erwerber die Gestattung ohne weiteres widerrufen, so sie kostenlos erfolgt war - und dann können Sie mit der Bebilderung von vorne anfangen. Da ist es schon besser, einen entgeltlichen Nutzungsvertrag abzuschließen, mit angemessener Laufzeit und einer Vertragsstrafe für den Fall einer Kündigung zur Unzeit. (Aber einen solchen Vertrag vom RA aufsetzen zu lassen kostet ja auch wieder Geld.)
Der dritte - und wichtigste - Grund ist: Wer eine kostenlose Verwendung gestattet erwartet im Gegenzug meist 1. eine Nichtveränderung seines Werks und 2. eine Nennung seiner Urheberschaft plus Link zu seiner Webseite. Beides verständlich, aber ersteres würde mir verbieten, Bilder zu verkleinern und/oder zu entpixeln - meine Leser sollen ja nicht ewig warten, bis die Seite vollständig lädt -, und mit letzterem gerät man leicht in Teufels Küche. Pidax z.B. ist ein Unternehmen, und seine Webseite, die Sie so oft verlinken, ist gewerblicher Natur. Was Sie da tun nennt man Werbung, und dadurch verliert Ihre Webseite den Status einer "privaten, nichtkommerziellen Homepage", mit allen Konsequenzen, wie Impressumspflicht, Auskunftspflicht usw. Das gilt auch dann, wenn Sie daran nicht direkt "verdienen", denn Sie erhalten ja als "geldwertige" oder "werthaltige" Gegenleistung die Gestattung. Wenn ich dagegen eine Ihrer Biografien - oder mehrere - verlinke, dann bekomme ich dafür keinen Cent und auch keine Gegenleistung; meine Webseite bleibt also nichtkommerziell. (Wenn ich eine fremde Webseite "übernehme" - wohlgemerkt immer im Rahmen des "Zitat"-Paragrafen des UrhG -, dann achte ich darauf, daß ich jeglichen Hinweis auf Bilder, Bücher, Lieder o.ä. des Urhebers, den man als "Werbung" auslegen könnte, restlos entferne.)
So kann ich mich, wenn ich ausnahmsweise mal ein Bild verwenden will, das nicht sicher gemeinfrei ist und dessen Urheber nicht ohne weiteres zu ermitteln ist (so daß ich nicht weiß, ob er oder sie schon 70 Jahre tot ist) problemlos auf die heute in fast allen Rechtsordnungen der Welt verankerte "fair use doctrine" berufen: Das "objective" meine Webseite ist "education, history, information" - auch wenn ich es nicht überall in den Kopf des Quellcodes schreibe; das ist nicht erforderlich, und es wird niemand im Ernst anzweifeln wollen. Nehmen Sie mal meine Biografie der o.g. Filmpartnerin von M.B. im kleinen Teehaus; wenn Sie die sorgfältig lesen bzw. durcharbeiten, mit allen Links, dann lernen Sie wahrscheinlich mehr als in 1-2 Semestern Japanologie-Studium. Übrigens suche ich für letztere zum Verlinken noch gute deutschsprachige www-Biografien von Chuck Connors und William Hurt - wollen Sie sich daran nicht mal versuchen?
Soviel für heute. Wenn Sie mir antworten wollen, können Sie das gerne auf Ihrer eigenen Homepage tun - ich bin ein regelmäßiger Leser.
Beste Grüße,
Niko